Frisierte Mofas und getunte Scooter – eine typische Jugendsünde – und manchmal der Weg in die Schuldenfalle… (ein wirkliches Sommerthema!)

Kauf und Leasing
23.08.201036351 Mal gelesen

 Besonders in Bereichen mit schlecht ausgebautem Nahverkehrsnetz warten Jugendliche sehnsuchtsvoll auf ihren 15. Geburtstag. Denn ab dem 15. Geburtstag darf man ? endlich ? Leichtkrafträder (Mofas) fahren, wenn man den entsprechenden Führerschein hat (FeV §10 (5), FeV §5). Diese dürfen maximal 25km/h schnell fahren, müssen einsitzig sein und einen Verbrennungsmotor von höchstens 50 ccm Hubraum bzw. einen Elektromotor haben. Nun empfindet manch einer 25km/h weder als besonders schnell noch als ausreichen cool. Es macht eben tatsächlich einen Unterschied, ob man mit 25km/h unterwegs ist- oder mit 50 oder gar 80 km/h.

                Auch wenn das frisieren von Mofas eine jahrzehntelange Tradition aufweist und zu den "typischen" Jugendstraftaten gehört, können die Folgen für den Fahrer eines frisierten Mofas sehr unangenehm und weitreichend sein. Dies wird in den jeweiligen Freundeskreisen und manchmal leider auch von den Eltern unterschätzt und soll daher hier im Einzelnen stichpunktartig dargestellt werden:
1.       Wer mit einem Mofa-Führerschein ein frisiertes Mofa fährt ? fährt ohne Führerschein (sozusagen, weil er mit dem falschen Führerschein für das nun schnellere Fahrzeug unterwegs ist). Denn: Das Fahren ohne Fahrerlaubnis ist in Deutschland eine Straftat nach § 21 StVG, bei der es nicht um das Fahren ohne ein gültiges Ausweispapier, sondern um das Führen eines Fahrzeugs ohne die dafür erforderliche Erlaubnis zu besitzen, geht. Grundsätzlich sind für das Fahren ohne Führerschein Geldstrafen und sogar Haftstrafen bis zu einem Jahr vorgesehen. Praktisch werden natürlich bei Verhängung einer Strafe die Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Als "Maßregel der Besserung und Sicherung" kann gemäß §§ 69, 69a StGB, wenn sich der Täter aufgrund der Tat als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat, eine isolierte Sperre für die Fahrerlaubnis verhängt werden. Wenn ein Jugendlicher im Besitz der Klasse M ist, seinen Motorroller aber derart getunt hat, dass er die Klasse A hätte erworben haben müssen, beträgt eine Sperre beträgt nach § 69a StGB mindestens sechs Monate. Das Entsetzen Betroffener über Geldstrafen von z.B. 3000 Euro kann man in verschiedenen Internet-Foren nachvollziehen. Betroffenen hilft es dann auch nicht, dass in anderen Fällen Polizeibeamte ein Auge zugedrückt haben oder Verfahren eingestellt wurden.
2.       Außerdem kann das bei der Tat verwendete Fahrzeug in bestimmten Fällen gem. § 21 Abs. 3 StVG bei einer Verurteilung ersatzlos eingezogen werden. Das Gericht spricht diese Rechtsfolge dann neben der Hauptstrafe gleich mit in dem Urteil aus. Rechtsgrundlage der Einziehung sind die §§ 111b und 111c ff. StPO. Ein solches Urteil ging vor etwa einem Jahr durch die Medien (AG Mainz Aktenzeichen: 1 K 825/07.MZ).( Details: www.handelsblatt.com/technologie/news/polizei-darf-frisierten-motorroller-vernichten;1441455 ; www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,558782,00.html ).
3.       Hinzu kommt ein Fahrverbot ? für die Fahrzeuge, für die bereits eine Fahrerlaubnis vorliegt.
4.       Selbst ein Fahrzeug ohne gültige Zulassung zu fahren ? oder das Fahren zuzulassen - kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe sowie mit 6 Punkten in Flensburg geahndet werden. Das AG Blomberg stellte in seinem Urteil vom 8.5.2007 (Az.: 1 Cs 37 Js 86/07) jedoch fest, dass einem Vater, der keinen Grund hatte zu vermuten, dass sein Sohn das von ihm genutzte Mofa frisiert hatte, nicht nach § 21 (2) StvG wegen fahrlässiger Duldung des Fahrens ohne Fahrerlaubnis bestraft werden konnte.
5.       "Ich hab nur das Mofa von meinem Opa aus der Scheune ausprobieren wollen?"  Ist ein Mofa nicht versichert, liegt ein Verstoß gegen §§ 1, 6 PflVG vor. Handelt es sich um ein Kraftfahrzeug, das nicht oder nicht mehr angemeldet ist, wird auch die Kraftfahrzeugsteuer nach §§ 369, 370 AO in Verbindung mit §§ 1, 2 KraftStG hinterzogen.
6.       Bei einem frisierten Mofa erlischt nicht direkt der Versicherungsschutz. Da ein gültiger Versicherungsvertrag besteht, liegt keine Strafbarkeit nach dem Pflichtversicherungsgesetz vor. Jedoch kann im Falle eines Unfalles die Versicherung den Versicherungsnehmer in Regress nehmen. Das heißt, dass zunächst der Schaden von der Versicherung übernommen wird, diese sich dann aber das Geld vom eigenen Versicherungsnehmer zurückholt.
7.       Bei Unfällen ergibt sich bekanntlich oft das Problem, dass man nach eigener Einschätzung "unschuldig" in einen Unfall verwickelt wird und dann im weiteren Verlauf der Unfallregulierung eine Teilschuld zugewiesen bekommt. Der Fahrer bzw.- Halter eines frisierten Mofas muss in einer solchen Konstellation damit rechnen, dass ihm vorgehalten wird, dass der Unfallgegner von einem geringeren Tempo des Mofas ausgehen konnte und musste und daher seine Fahrweise nicht besser abstimmen konnte.
8.       Vorsicht, wenn sich ein Freund das getunte Mofa ausleihen möchte:  Verunfallt ein Fahrer, der weder Fahrerlaubnis noch Fahrpraxis für das getunte Mofa aufweist, ist der Halter des Mofas für Verletzungen schadenersatzpflichtig. (LG Aachen 20. 9. 1990, Az.: 6 S 17/90; OLG Köln 19.12.1991,Az.: - 5 U 128/86). In dem hier zitierten Urteil lag unter anderem ein Hirnschaden bei dem verunfallten Freund des Mofahalters vor. Eine Teilschuld des Fahrers wurde vom Gericht nicht gesehen, obwohl dieser vom Tuning und auch einer Bastelei an der Bremsanlage, die auch suboptimal funktionierte, gewusst hatte.
9.       Tröstlich ist aus Mofa-Fahrersicht, dass die rechtlichen Kommentare bei Anwendung der Rechtsvorschriften dennoch zwischen den Fahrern unterschiedlicher Fahrzeugarten unterscheiden. "Während eine Schwarzfahrt mit einem Pkw oder gar einem Lkw regelmäßig erhebliche Zweifel an der charakterlichen Eignung zum Führen von Kfz rechtfertigt (im Strafverfahren wird häufig eine isolierte Sperre verhängt), ist eine Fahrt mit einem frisierten Mofa oder Kleinkraftrad in der Regel nur im Wiederholungsfall geeignet, Zweifel an der charakterlichen Eignung zu begründen. Hier geht es regelmäßig um jugendtypische Verfehlungen, die im Strafverfahren meist mit Geldstrafen und Arbeitsauflagen abgegolten werden, und denen mit Erreichen der Volljährigkeit die Grundlage für eine Wiederholung fehlt." So zu § 21 StVG. Allerdings werden gerade auch bei Mofa-Fahrern Konstellationen aufgeführt, die ein Gutachten zur Fahreignung erforderlich machen können. Und diese Gutachten bezahlt stets derjenige, bei dem Zweifel an der charakterlichen Eignung bestehen und der fahren möchte. Beispiele: extremes Frisieren eines Mofas auf Geschwindigkeiten an oder gar über 100 km/h oder bei Erstbewerbern um eine Fahrerlaubnis, "wenn mit einer Tat die Delikte Fahren ohne Fahrerlaubnis und Verstoß gegen das PflVG begangen werden (meist ist in derartigen Fällen zusätzlich auch noch die Betriebserlaubnis erloschen)". Dies liege darin begründet, dass von derart frisierten Kleinkrafträdern "eine erhebliche Gefahr nicht nur für den Fahrer" ausgehe, weil die Fahrzeuge von der Bauart her für so extrem hohe Geschwindigkeiten nicht ausgelegt seien. Eine weitere Konstellation stellt die Schwarzfahrt während eines Entzuges der Fahrerlaubnis zusammen mit der dem Entzug vorangegangenen Straftat dar.
10.   Bereits seit mehr als 40 Jahren wird immer wieder festgestellt, dass Mofas bereits im Neuzustand deutlich schneller fahren (können) als die vorgeschriebenen 25 Km/h. Dazu entschied jedoch ebenfalls schon vor 32 Jahren das OLG Hamm, dass es dennoch dann auch eines entsprechenden Führerscheins bedürfe. Über die Frage der Betriebserlaubnis konnte in diesem Zusammenhang nicht entschieden werden (OLG Hamm 19. 8. 1977, Az.:3 Ss 466/77). In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass bereits in einer Statistik aus dem Jahre 1969 festgestellt wurde, dass manche Modelle ? eben oft die "Top-Produkte" deutlich schneller fahren konnten. Von 15 im Jahre 1979 von Stiftung Warentest untersuchten Mofas hielten nur 2 die 25 km/h-Grenze ein, 8 fuhren zwischen 28 und 32 km/h und wiesen dadurch ? auch wenn dies dem höhere Geschwindigkeiten gewohnten PKW-Fahrer lächerlich vorkommen mag ? eine deutlich höhere Verletzungsgefahr auf. Die Rolle der Hersteller in diesem juristischen Spannungsfeld ist nicht klar, die Verantwortung liegt nach der veröffentlichten Rechtssprechung i.d.R. beim Halter.
Was heißt dies für Mofa-Halter und Fahrer?
-          Grundsätzlich gelten dieselben Gesetze wie für andere Verkehrsteilnehmer.
-          Auch wenn häufig "ein Auge zugedrückt wird" ? im Einzelfall können sehr harte Strafen verhängt werden, die sich mit ihren Konsequenzen bis ins Erwachsenenalter hinziehen.
-          Im Falle eines Unfalls wird es teuer!
-          Dem Halter eines frisierten Mofas wird die Verantwortung für sein Fahrzeug voll zugeschrieben.
-          Es gibt viele Grauzonen, in denen sich der Laie kaum zurechtfinden dürfte?
Was ist zu tun?
-          Gerade auch für einen Mofahalter oder Fahrer lohnt sich eine Rechtsschutzversicherung.
-          Im Falle einer Kontrolle und erst Recht bei einem Unfall sollte VOR jeglicher Aussage (auch vor coolen und gut kalkulierten Statements, wie der jugendliche Fahrer sie zahlreich auf der Lippe haben mag) ein Fachanwalt für Verkehrsrecht konsultiert werden! Was erstmal zu Protokoll genommen wurde, ist später nicht so leicht aus der Welt zu schaffen, auch wenn es sich um ein Missverständnis oder eine unbedachte Äußerung handelte.