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Regress

Normen

§ 249 BGB

§ 94 SGB XII

BT-Drs. 19/13399 (zu den am 01.01.2020 in Kraft getretenen Änderungen des § 94 SGB XII)

§ 445c BGB

BT-Drs. 19/27653

Information

1 Allgemein

Als Regress wird der Rückgriff eines zu einer Leistung Verpflichteten auf eine weitere Person bezeichnet, die wiederum ihm gegenüber zur Leistung bzw. zum Schadensersatz verpflichtet ist.

In der Praxis kommt ein Regress u.a. in folgenden Bereichen in Betracht:

2 Regress des Sozialversicherungsträgers gegen den Unterhaltspflichtigen

Hat der Träger der Sozialhilfe Leistungen für eine Person erbracht und hat diese Person einen Unterhaltsanspruch gegen eine dritte Person (z.B. im Rahmen des Elternunterhalts), so geht dieser Unterhaltsanspruch gemäß § 94 SGB XII auf den Träger der Sozialhilfe über.

Seit dem 01.01.2020 ist der Unterhaltsrückgriff beschränkt auf Unterhaltspflichtige, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 SGB IV jeweils mehr als 100.000,00 EUR (Jahreseinkommensgrenze) beträgt.

Unbillige Härte:

Daneben ist der Regress des Sozialhilfeträgers ausgeschlossen, wenn der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde:

"In der Sache folgt der Begriff der "unbilligen Härte" den sich wandelnden Anschauungen in der Gesellschaft (...) und ist zur Regelung atypischer Fälle gedacht, bei denen das Ergebnis nach den Regelvorschriften zu unbefriedigenden Ergebnissen führen würde (...). Dem Begriff unterfallen vor allem soziale, über das Unterhaltsverhältnis hinaus wirkende Umstände, da die familiären Beziehungen und wirtschaftlichen Verhältnisse bereits vorab im Rahmen des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs zu prüfen sind (...). Eine unbillige Härte im Sinne des Sozialrechts ist daher dann anzunehmen, wenn mit der Inanspruchnahme soziale Belange vernachlässigt werden müssten (...). In diesem Sinne ist insbesondere regelmäßig dann von einer unbilligen Härte auszugehen, wenn der Verpflichtete für den Berechtigten in nennenswertem Umfang Pflegeleistungen erbracht hat und/oder diese aktuell auch weiterhin leistet (...). Zusätzliche Bedeutung haben auch die innerfamiliären Beziehungen (...). Dies gilt nicht erst dann, wenn durch die Verfolgung von Ansprüchen seitens der Verwaltungsbehörden der Verbleib des Hilfeempfängers im Familienverband gefährdet wäre. Vielmehr kann es auch genügen, wenn hierdurch entgegen den Intentionen des Gesetzgebers die familiäre Betreuung und Versorgung von Familienangehörigen in unbilliger Weise belastet wird. Gerade in den Fällen, in denen ein Angehöriger in einem weit über das geschuldete Maß hinaus seine Unterhaltspflichten durch Betreuung und Pflege eines Angehörigen erfüllt, muss die Belastung mit zusätzlichen Geldzahlungen als unbillige Härte erscheinen (...) - insbesondere dann, wenn hierdurch den öffentlichen Kassen höhere Ausgaben erspart werden, als sie im Wege des Rückgriffs durchgesetzt werden könnten" (OLG Oldenburg 14.01.2010 - 14 UF 134/09).

Der BGH hat in seiner Entscheidung BGH 23.06.2010 - XII ZR 170/08 übereinstimmend festgestellt: "Das Verständnis der unbilligen Härte i. S. des § 94 Absatz 3 Nr. 2 SGB XII hängt von den sich wandelnden Anschauungen der Gesellschaft ab. Die Härte kann in materieller oder immaterieller Hinsicht bestehen und entweder in der Person des Unterhaltspflichtigen oder des Unterhaltsberechtigten vorliegen."

Beispiel:

Der BGH hat die Heranziehung der Töchter der Hilfeempfängerin auch deshalb als unbillige Härte erklärt, weil diese die Behinderung ihrer von Geburt an gehörlosen Mutter im Familienverband seit frühester Kindheit mitgetragen haben (BGH 12.09.2018 - XII ZB 384/17).

Geltendmachung für die Vergangenheit:

Die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit erfordert gemäß § 94 Absatz 4 SGB XII die vorherige Erteilung einer Rechtswahrungsanzeige.

Keine Darlehensaufnahme:

Mit dem Urteil BVerfG 07.06.2005 - 1 BvR 1598/96 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ein Sozialhilfeträger nicht berechtigt ist, ein (erwachsenes) Kind zur Aufnahme eines zinslosen Darlehens zur Übernahme der für die Mutter entstandenen Kosten zu verpflichten. Wurde ein unterhaltspflichtiges Kind vor diesem Urteil rechtskräftig dazu verurteilt, ein Darlehensangebot des Sozialhilfeträger anzunehmen, kann dem Anspruch des Sozialhilfeträgers auf Rückzahlung des Darlehens der Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegengesetzt werden (BGH 20.03.2013 - XII ZB 81/11).

Übertragung eines Hausgrundstücks:

Hat der unterhaltsbedürftige Elternteil mit einem Kind ein Hausgrundstück im Gegenzug zu einer Verpflichtung zur Pflegeleistung übertragen, so tritt bei einem Umzug des Pflegebedürftigen in ein Pflegeheim an die Stelle von Pflege- und Dienstleistungen, die nach der Vorstellung der Vertragsparteien von dem Übernehmer oder dessen Familienangehörigen persönlich erbracht werden sollten, keine Zahlungsverpflichtung des Kindes (BGH 29.01.2010 - V ZR 132/09).

3 Ansprüche gegen Schadensersatzpflichtige

Einige Ansprüche des Geschädigten gehen aufgrund eines im Gesetz verankerten Forderungsübergangs (§ 116 SGB X) unmittelbar auf den leistenden Sozialversicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe über.

Gemäß der Entscheidung BVerfG 12.10.2010 - 1 BvL 14/09 ist § 116 Abs. 6 SGB X dahin gehend auszulegen, dass auch derjenige Elternteil die Tatbestandsvoraussetzung eines Lebens in häuslicher Gemeinschaft erfüllt, der zwar getrennt von seinem Kind lebt, jedoch seiner Verantwortung für das Kind in dem ihm rechtlich möglichen Maße nachkommt und regelmäßigen wie längeren Umgang mit dem Kind pflegt, sodass dieses zeitweise auch in seinen Haushalt integriert ist.

4 Rückgriff des Verkäufers gegen den Lieferanten

Gemäß § 445a BGB kann der Verkäufer beim Verkauf einer neu hergestellten Sache von dem Verkäufer, der ihm die Sache verkauft hatte (Lieferant), Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Verhältnis zum Käufer nach § 439 Abs 2, 3 BGB und 6 S. 2 BGB sowie § 475 Abs. 4 BGB zu tragen hatte, wenn der vom Käufer geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Verkäufer vorhanden war oder auf der Verletzung der Aktualisierungspflicht nach § 475b Abs. 4 BGB beruhte.

Verbrauchervertrag über digitale Produkte:

Mit § 445c BGB wird das Verhältnis der zum 01.01.2022 neu eingefügten §§ 327t BGB und 327u BGB über den Unternehmerrückgriff zu den §§ 445a, 445b und 478 BGB über den Rückgriff des Verkäufers geregelt:

Die §§ 327t BGB und 327u BGB gelten für Verträge zwischen Unternehmern, die der Bereitstellung digitaler Produkte gemäß der vom Anwendungsbereich der Vorschriften erfassten Verbraucherverträge dienen (§ 327t BGB).

§ 445c Satz 1 BGB bestimmt daher, dass die §§ 445a, 445b und 478 BGB nicht anzuwenden sind, wenn der letzte Vertrag in der Lieferkette ein Verbrauchervertrag über digitale Produkte ist. An die Stelle der nach § 445c Satz 1 BGB ausgeschlossenen Vorschriften treten nach § 445c Satz 2 BGB die Rückgriffsvorschriften der besondere Bestimmungen für Verträge über digitale Produkte zwischen Unternehmern.

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