BGH: Grundsatzurteil zu günstigen Plagiaten bei eBay

Internet, IT und Telekommunikation
30.03.2012384 Mal gelesen
Inwieweit darf ein eBay-Kunde Schadensersatz für Fälschungen verlangen, die dort zu einem günstigen Startpreis angeboten werden? Hierzu hat jetzt der BGH ein interessantes Urteil gesprochen.

orliegend versteigerte ein Händler auf der Internetauktionsplattform eBay ein angebliches Luxus-Handy der Marke Vertu mit der Bezeichnung "Vertu Weiss Gold" zum Startpreis von 1,- €. Er gab an, dass es sich um ein gebrauchtes Handy handelt. Darüber hinaus machte er die folgenden Angaben: "Hallo an alle Liebhaber von Vertu, Ihr bietet auf ein fast neues Handy (wurde nur zum ausprobieren ausgepackt). Weist aber ein paar leichte Gebrauchsspuren auf (erwähne ich ehrlichkeit halber). Hatte 2 ersteigert und mich für das gelb goldene entschieden. Gebrauchsanweisung (englisch) lege ich von dem gelb goldene bei, das andere habe ich auch nicht bekommen. Dazu bekommt ihr ein Etui, Kopfhörer und Ersatzakku. Privatverkauf, daher keine Rücknahme. Viel Spaß beim Bieten." Ein Mindestpreis wurde nicht genannt.

Ein Bieter ersteigerte schließlich das Handy zu einem Preis in Höhe von 782,- €. Im Folgenden weigerte er sich jedoch, dass Handy anzunehmen. Dabei verwies er darauf, dass es sich um ein Plagiat handelt. Aufgrund dessen verlangte er von dem Händler Schadensersatz in Höhe von über 23.000,- €. Dieser Betrag entspreche der Differenz zum Ladenpreis für ein Original Handy, der bei 24.000,- € liege.

Mit diesem Begehren hatte der Bieter zunächst keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht Saarbrücken als Berufungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass der abgeschlossene Kaufvertrag aufgrund der großen Preisdifferenz als wucherähnliches Rechtsgeschäft nichtig sei. Darüber hinaus sei dem Bieter grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Denn es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein derart exklusives Handy im Original zu einem Startpreis von 1,- € bei eBay angeboten würde.

Der von dem Bieter im Wege der Revision angerufene Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung mit Urteil vom 28.03.2012 (Az. VIII ZR 244/10) auf. Die Richter verwiesen darauf, dass ihm er Anspruch auf Schadensersatz nicht mit dieser Begründung verweigert werden darf.

Zunächst einmal ist der Kaufvertrag nicht als sogenanntes wucherähnliches Rechtsgeschäft gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Zwar entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass Rechtsgeschäfte, bei denen ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, dann nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sind, wenn weitere Umstände, wie etwa eine verwerfliche Gesinnung hinzutreten. Auf eine derartige Gesinnung kann beim Verkauf von Grundstücken und anderen hochwertigen Sachen regelmäßig geschlossen werden, wenn der Wert der Leistung annähernd doppelt so hoch ist wie der der Gegenleistung. Von einem solchen Beweisanzeichen kann bei einer Onlineauktion jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Denn die Situation einer Internetversteigerung unterscheidet sich grundlegend von den bisher entschiedenen Fällen, in denen sich in den Vertragsverhandlungen jeweils nur die Vertragsparteien gegenüberstanden.

Darüber hinaus darf dem eBay-Käufer wegen dem niedrigen Startpreis keine grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgeworfen werden. Denn der Startpreis wirkt sich nicht auf den Preis aus, zu welchem das Handy später verkauft wird.

Aus dem Urteil des BGH ergibt sich, dass eBay Kunden bei gefälschter Ware bei eBay mehr Rechte bekommen. Sie ist auch für alle Ed Hardy Fälschungen von großer Bedeutung. Als Online-Händler sollten Sie bei einer Versteigerung über eine Verkaufsplattform wie eBay genau drauf achten, wie Sie Ihr Produkt beschrieben. Sie sollten unbedingten angeben, wenn es sich um ein Plagiat handelt.

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