Verletzung der Unterhaltspflicht - was ist zu tun?

Familie und Ehescheidung
03.12.20081321 Mal gelesen

Wer eine gesetzliche Unterhaltspflicht verletzt, macht sich im Sinne von § 170 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar.

Der folgende Beitrag zeigt auf, was der Unterhaltsberechtigte einerseits tun kann, um eine strafrechtliche Sanktion des säumigen Unterhaltsverpflichteten zu erreichen; andererseits, was der Unterhaltsverpflichtete tun muss, um sich gegen eine strafrechtliche Verfolgung zur Wehr zu setzen.

Zunächst bleibt festzuhalten, dass die meisten Strafanträge wegen der Verletzung einer Unterhaltspflicht im Sande verlaufen. Sie werden entweder mangels hinreichenden Tatverdachts oder wegen geringer Schuld bereits eingestellt.
Diejenige Person, welche sich aber einer Strafverfolgung wegen Verletzung der Unterhaltspflicht ausgesetzt sieht, sollte sich bewusst sein, dass bei einer in Betracht kommenden Verurteilung keine Geldstrafe verhängt, sondern in der Regel Gefängnisstrafen ausgesprochen werden.

Wesentliches Merkmal des § 170 Abs. 1 StGB ist die Forderung, dass der Unterhaltsverpflichtete leistungsfähig ist. Dieses Merkmal findet sich im Gesetzestext nicht, darf aber - weil es sich nicht zu Lasten des Unterhaltsverpflichteten auswirkt - als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal verwendet werden.

Der Strafrichter prüft die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten selbst und ist dabei nicht an Entscheidungen eines Zivilrichters gebunden (OLG Düsseldorf, StV 1991, 68; OLG Hamm, NStZ 2004, 686).
Das Gericht muss im Rahmen seiner strafrechtlichen Bewertung feststellen, dass der Unterhaltsverpflichtete über den gesamten Tatzeitraum leistungsfähig war.

Bereits im Ermittlungsverfahren können Polizei und Staatsanwaltschaft ggf. Durchsuchungsbeschlüsse zum Auffinden etwaiger Unterlagen erwirken oder bestimmte Sozialdaten abfragen. Hierfür ist es aber wichtig, dass die/der Anzeigenerstatter umfassende Nachweise über die tatbestandsrelevanten Hintergründe der Unterhaltspflichtverletzung vortragen.

Für den (ehemaligen) Ehegatten gehören dazu sämtliche Dokumente, aus welchen sich die mit dem Unterhaltspflichtigen eingegangene Ehe, eventuell dann Dokumente aus welchen sich die Trennung bzw. die Ehescheidung ergibt.
Bei Kindern als Pflichtige sollten Unterlagen zur Abstammung / Adoption beigefügt sein. Entsprechendes gilt bei unterhaltsberechtigten Eltern.

Ferner muss die familiäre und finanzielle Situation aller Beteiligten umfassend mitgeteilt werden. Im Rahmen der Anklageschrift muss die Staatsanwaltschaft nach Ansicht verschiedener Gerichte die monatlichen Beträge für das erzielte und erzielbare Einkommen und den gesetzlich geschuldeten Unterhalt mitteilen (so bspw. LG Dresden, StV 1996, 203).

In einer Strafanzeige des Unterhaltsberechtigten sind daher folgende Angaben zu machen:
- Personenangaben zu den Berechtigten
- Personenangaben des Pflichtigen
- Verwandschaftsverhältnis, Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft
- Regelungen zur elterlichen Sorge
- Unterhaltstitel
- erbrachte Unterhaltsleistungen
- aufgelaufene Rückstände
- weitere Unterhaltspflichten beider Elternteile
- Einkommen und Vermögen aller Beteiligten
- Mitteilung eventuelle Verurteilungen / Ermittlungen

Zentrales Problem bei der Verletzung der Unterhaltspflicht ist die Beantwortung der Frage der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten.
Im Strafverfahren wird die Feststellung der Leistungsfähigkeit nur anhand konkreter Angaben zu den tatsächlichen und möglichen Einkünften sowie zum notwendigen Eigenbedarf getroffen. Zwar kann das Einkommen auch grundsätzlich geschätzt werden, es ist dann aber im Zweifel für den Angeklagten (in dubio pro reo) ein Betrag anzunehmen, der im weiteren Verfahren und bei den Feststellungen auf keinen Fall unterschritten werden darf. Dies allein führt in den meisten Verfahren bereits zur Einstellung des Verfahrens mangels hinreichendem Tatverdacht (§ 170 Abs. 2 Strafprozeßordnung (StPO)).

Hier ist aber zu beachten, dass die Ermittlungsbehörden sämtliche Sozialdaten bei den Trägern der Rentenversicherung abfragen können. Über die dadurch bekannt gewordenen sozialversicherungspflichtigen Einnahmen können die Nettoeinkünfte des Unterhaltsverpflichteten dann berechnet werden.
Dieses Vorgehen ist selbst vielen Staatsanwälten nicht bekannt. Es sollte daher bei einer Strafanzeige die Abfrage der Sozialdaten angeregt und sämtliche bekannten Arbeitgeber des Pflichtigen mitgeteilt werden.

Für zurückliegende Tatzeiträume sollte bei der Strafanzeige darauf hingewiesen werden, dass in diesen Tatzeiträumen dem Unterhaltsverpflichteten möglicherweise geringere Selbstbehalte zustanden, zumal die obergerichtlichen Leitlinien entsprechend angepasst werden.

Problematisch ist der immer wieder vorgebrachte Einwand, der Unterhaltsverpflichtete habe seine Leistungsunfähigkeit selbstverschuldet.
Grundsätzlich muss der Unterhaltsverpflichtete sämtliche Maßnahmen ergreifen, um seine Leistungsfähigkeit wiederherzustellen; andererseits er sich ein fiktives Einkommen anrechnen lassen muss (vgl. nur BGH, Urt.v. 26.09.1984, IVb ZR 17/83, FamRZ 1985, 158 = NJW 1985, 732 f.). Für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und das Strafverfahren selbst bedeutet das, dass ermittelt werden muss, ob ein pflichtgemäßes Verhalten wenigstens zur teilweisen Leistungsfähigkeit geführt hätte (OLG Düsseldorf, Urt.v. 07.04.1993, 2 Ss 93/93-39/93 II).
Hier muss die Staatsanwaltschaft den konkreten Nachweis führen, welche Beschäftigungsmöglichkeiten hätten aufgenommen und welche Einkünfte hätten erzielt werden können (OLG Düsseldorf, StV 1996, 45).

Vorstehende Entscheidung des OLG Düsseldorf bietet für den Unterhaltsverpflichteten einen erheblichen Verteidigungsvorsprung!
Für den Anzeigensteller bedeutet dies, dass er/sie mit erstmaliger Verletzung einer Unterhaltspflicht über die Website der Bundesagentur für Arbeit (www.arbeitsagentur.de) sämtliche Stellenausschreibungen bei der Agentur für Arbeit heraussuchen und ausdrucken sollte. Aus diesen Stellenausschreibungen ergibt sich in der Regel auch die zu erwartende Vergütung.

Ferner stellt sich natürlich die Frage, ob der Unterhaltsverpflichtet sich möglicherweise gar nicht arbeitslos gemeldet hat. Allein daraus können negative Schlussfolgerungen gezogen werden.

Es zeigt sich also, dass für die Anzeigenerstatter erhebliches Potential besteht die Erfolgsaussicht einer Strafanzeige durch Eigeninitiative zu erhöhen.
Andererseits sind die Anforderungen der Rechtsprechung zu den Feststellungen an eine Verletzung der Unterhaltspflicht so hoch, dass sich der Unterhaltsverpflichtete in einer Vielzahl von Punkten gegen den konkreten Vorwurf wird erfolgreich zur Wehr setzen können.

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