Kinderwunsch über den Tod hinaus

Kinderwunsch über den Tod hinaus
21.03.2017658 Mal gelesen
Das Oberlandesgericht München verwehrte mit seinem Urteil vom 22.02.2017 einer Witwe die Herausgabe des Spermas ihres toten Mannes zum Zwecke einer künstlichen Befruchtung und begründete dies mit dem Embryonenschutzgesetz.

Richter verweigern künstliche Befruchtung

Die Klägerin hatte gegen eine Klinik am Chiemsee auf Herausgabe des Spermas ihres verstorbenen Mannes geklagt und den Rechtsstreit nun - vorerst - verloren.

Die Witwe, deren Mann 2015 nach einer Herztransplantation verstarb, wollte an dem gemeinsamen Kinderwunsch festhalten und sich mit der Samenspende ihres Manns künstliche befruchten lassen. Allerdings verweigerte die Klinik die Herausgabe des Spermas unter Berufung auf das Embryonenschutzgesetz.

Das Oberlandesgericht bestätigte mit seinem Urteil die Entscheidung des Landgerichts Traunstein und wies die Berufung der Klägerin zurück. Der Klägerin bleibt damit allein der Weg zum Bundesgerichtshof, um im Rahmen einer Revision das Urteil erneut prüfen zu lassen.

Auch die Richter in München beriefen sich auf das Embryonenschutzgesetz, wonach die Verwendung des Samens eines Mannes nach dessen Tod, eine sogenannte post-mortem-Befruchtung, verboten ist. Die Klinik könnte sich der Beihilfe zum Verstoß gegen das Gesetz schuldig machen, wenn sie das Sperma an die Witwe herausgeben würde.

"Nicht alles was technisch machbar ist, muss auch rechtlich zulässig sein"

Die Entscheidung der Richter zeichnete sich schon während der Verhandlung ab, war dennoch nach Aussage des Vorsitzenden Richters keine einfach zu klärenden Frage.
Die besondere moralische Komponente der Entscheidung machte eine lange Urteilsfindung der Münchener Richter erforderlich - nicht untypisch im Familienrecht.

Die Klägerin hatte sich in ihrer Begründung insbesondere auf die Verfassungswidrigkeit des Embryonenschutzgesetzes berufen. Die Richter dagegen unterstellten die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Zwar räumten sie gewissen Zweifel diesbezüglich ein, diese seien aber nicht ausreichend, um eine Vorlage des Gesetzes zum Bundesverfassungsgericht zu begründen.

Witwe beruft sich auf Recht auf Fortpflanzung

Im Besonderen berief sich die Klägerin in ihrer Begründung auf ihr individuelles Interesse an Fortpflanzung. Nach ihrer Ansicht überwiege das Interesse auf Weitergabe ihrer und der Gene ihres Mannes und ihr eigenes Interesse an einem Kind im Vergleich zu dem Aspekt, dass dieses Kind ohne den leiblichen Vater aufwachsen werde und möglichweise auf einer für das Kind problematischen Grundlage gezeugt worden ist.

Deutlich zeigt sich in dieser Begründung der Interessenkonflikt, der sich wie ein roter Faden durch die gesamte Verhandlung und das Urteil zieht. Welches Interesse wiegt mehr?
Das Interesse einer Witwe, an ihrem Kinderwunsch mit ihrem verstorbenen Ehemann festzuhalten, oder die potenziellen Interessen eines Kindes, welches unter diesen besonderen Umständen gezeugt wird. Derartige Konflikte sind häufig Gegenstand familienrechtlicher Auseinandersetzungen.

Die Richter verwiesen unter anderen auf das Persönlichkeitsrecht des verstorbenen Ehemannes. Auch einem verstorbenen Samenspender müssten seine Rechte zugestanden werden.

Richter in Australien entscheidet zugunsten einer Witwe

Dass das deutsche Familienrecht nicht überall das Maß aller Dinge ist, zeigt der Blick ins Ausland. Die Klage einer 40-jährigen Australierin hatte nämlich mehr Erfolg. Ihr wurde gestattet, sich mit dem Sperma ihres verstorbenen Mannes künstlich befruchten zu lassen. Dies entschied ein Richter 2011. Er habe keinerlei Zweifel daran, dass das Kind bei einer liebenden Mutter und in einer großen Familie aufwachsen werde.

Das Urteil fiel demnach zugunsten der Witwe aus, obwohl sich die Umstände der Samenspende im Vergleich zu dem deutschen Fall wesentlich unterschieden.
Das australische Ehepaar hatte bereits fünf Jahre versucht ein Kind zu zeugen bevor sie sich entschlossen hatten, auf die Hilfe einer künstlichen Befruchtung zu setzen. Allerdings verstarb der Ehemann infolge eines Verkehrsunfalles - noch bevor die Samenspende durchgeführt werden konnte.
Anders als bei dem deutschen Ehemann, der sein Sperma bereits vor seinem Tod in einer Klinik einfrieren ließ, fand die  Entnahme der Samenspende in Australien bei dem bereits verstorbenen Mann statt.
Das Gericht hatte dann in der Folge zu entscheiden, wem das Sperma rechtsmäßig zustehen sollte.

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