PIM Gold – Ein Chaos an Informationen und deren mögliche Auswirkungen.

Kapitalanlagerecht
13.09.2019142 Mal gelesen
Anleger sind aufgrund der hohen Anzahl an Medienberichten verunsichert.

Die Medienberichterstattung der letzten Tage überschlägt sich mit Meldungen rund um die in Heusenstamm ansässige PIM Gold- und Scheideanstalt GmbH (PIM Gold). Das Handelsblatt berichtete am 12.09.2019 sogar davon, dass 1.9 Tonnen Gold vermisst würden. Andere Medienvertreter verweisen darauf, dass diese Zahlen wohl nicht von der Staatsanwaltschaft Darmstadt bestätigt worden sei. Aus Sicht der Kunden der PIM Gold zeigen diese Berichte nur eines; nämlich ein chaotisches Wirrwarr an Informationen.

Für Kunden der PIM Gold gilt aus unserer Sicht nun dreierlei: Erstens: Ruhe bewahren und die Entwicklung der Sachlage genau verfolgten. Zweitens: Eigene Rechtspositionen klären und ggf. sichern. Drittens: Vorausschauend agieren auf mögliche Entwicklungen der Sachlage.

Richtig ist, dass die Geschäftsräume der PIM Gold und der PIM Gold Deutschland in Heusenstamm von der Staatsanwaltschaft durchsucht wurden.

Der Geschäftsführer soll in Untersuchungshaft genommen sein. Lt. Angaben der Staatsanwaltschaft sollen sich die Ermittlungen derzeit gegen 5 Personen richten. Medienberichten zufolge sollen die Ermittlungen auch den Vorwurf des gewerblichen Betruges umfassen. Das Handelsblatt schreibt am 12.09.2019 sogar: "Die Staatsanwaltschaft wirft der PIM vor, über Jahre wie ein Schneeballsystem funktioniert zu haben. Neu eingeworbene Kundengelder seien in großem Umfang dazu eingesetzt worden, um Altanleger auszuzahlen und die Provisionen der Vermittler zu bedienen. Das legale Geschäft von PIM soll hingegen klein gewesen sein, wie Fahnder offenbar herausfanden. Lediglich zwanzig Prozent des Umsatzes im Jahr 2016 seien auf den klassischen Verkauf von Gold und Schmuck sowie den Altgoldhandel zurückzuführen."

Sollten sich diese Vorwürfe bewahrheiten, so wären die Folgen für die Anleger verheerend. In Deutschland werden derartige (Schneeball-)Systeme von § 16 Abs. 2 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) erfasst und unter Strafe gestellt. Das Delikt ist als sogenanntes Unternehmensdelikt und als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet. Das heißt, es muss nicht einmal ein Schaden entstehen.

Unterstellt man das Bestehen eines Schneeballsystems als wahr, so wäre die Insolvenz der beteiligten Gesellschaft(en) sehr wahrscheinlich. Eine Insolvenz hätte für die Anleger, vor allem für diejenigen, welche die Goldkäufe dort eingelagert haben, immense rechtliche Folgen. Denn im Rahmen einer Insolvenz taucht auch oft das Damoklesschwert der Insolvenzanfechtung auf.

Die Insolvenzordnung (InsO) enthält in § 129 InsO den Grundsatz: "Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten."

Ein dann bestellter Insolvenzverwalter wird im Fall PIM Gold sicher prüfen, ob die Anleger auch tatsächlich Eigentum am Gold im sachenrechtlichen Sinne erworben haben. Hierbei hat das sogenannte Abstraktionsprinzip eine besondere Bedeutung. Bei dem Abstraktionsprinzip handelt es sich um einen zivilrechtlichen Grundsatz, der stets mit dem Trennungsprinzip einhergeht. Das Trennungsprinzip besagt dabei, dass das Verpflichtungsgeschäft (= schuldrechtlich; z.B. Kaufvertrag) und das Verfügungsgeschäft (= sachenrechtlich; z.B. Übereignung der Kaufsache) in ihrem rechtlichen Bestand voneinander unabhängig sind. Das Abstraktionsprinzip erweitert das Trennungsprinzip und besagt, dass daraus folgend ein Verfügungsgeschäft selbst dann wirksam ist, wenn das Verpflichtungsgeschäft unwirksam wäre - und andersherum.

 

Nach den uns vorliegenden Kundenunterlagen der PIM Gold kann der sachenrechtliche Eigentumserwerb der Anleger nicht in jedem Fall zweifelsfrei bejaht werden. Sollte dieses ein möglicher Insolvenzverwalter auch so sehen, so könnte er versuchen, die von PIM an Anleger gezahlten Gelder (oder an Vermittler gezahlte Provisionen) anzufechten. Eine mögliche Anspruchsgrundlage könnte der § 134 InsO darstellen.

Der anfechtungsberechtigte Zeitraum umfasst die letzten vier Jahre vor einer Insolvenzantragsstellung. Die Rechtslage hierzu ist jedoch sehr umstritten. Eine Rückzahlungspflicht bestünde, wenn es sich um sogenannte "unentgeltliche Leistung" gehandelt hat. Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn der Erwerb des Empfängers und seine Endgültigkeit vereinbarungsgemäß nicht von einer ausgleichenden Zuwendung abhängt. Im Kern dreht es sich um die Frage, ob der Anleger auch (sachenrechtlicher) Eigentümer des Goldes geworden ist. Bestehen die vom Handelsblatt berichteten Fehlbestände, so wäre dieses in mehrfacher Hinsicht fraglich. Zum einen wäre dann nur ein Bruchteil des Goldes vorhanden. Zum anderen ist fraglich, ob es zu einer rechtswirksamen Übereignung überhaupt gekommen ist. Diese Übereignungsfragen umfassen eine Vielzahl von sachenrechtlichen Fragestellungen. So wäre vor allem auch zu klären, ob die Anforderungen an sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz erfüllt sind. Eine Verfügung über Sachen setzt voraus, dass der Gegenstand der Verfügung konkret bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Die einfache Bezeichnung der Gattung des Goldes dürfte hier nach unserer Rechtsauffassung nicht ausreichend sein. Käme man zu dem Ergebnis, dass die Übereignung des Goldes nicht (wirksam) erfolgte, so würde sich die Stellung des Anlegers in einem möglichen Insolvenzverfahren grundlegend ändern. Sehr wahrscheinlich dürfte der Anleger sich im Falle einer fehlenden oder nicht wirksamen Übereignung nur auf einen Schadensersatzanspruch berufen können, welcher zur Insolvenztabelle anzumelden wäre. Eine Geltendmachung von Aus- oder Absonderungsrechten in Bezug auf Gold wäre nicht möglich.

Es wäre sodann zu prüfen, wie die erhaltenen Leistungen in rechtlicher Hinsicht zu qualifizieren sind. Der Bundesgerichtshof hat hierzu entschieden, dass unter bestimmten Voraussetzungen Zahlungen an Anleger aus einem Schneeballsystem der Insolvenzanfechtung unterliegen Die vom BGH zu entscheidenden Fällen der Insolvenzanfechtung bei Schneeballsystemen betrafen vor allem in denen die Zahlungen von (tatsächlich nicht erzielten) Bilanzgewinnen abhängig waren. Dieses wäre im Fall PIM Gold jedoch anders, da es sich um vertraglich vereinbarte Leistungen handelt. Gleichwohl können sich Anleger nicht allein auf diesen Umstand mit hinreichender Erfolgsaussicht berufen, denn die weiteren Voraussetzungen könnten bei entsprechender Argumentation durchaus gegeben sein. Einen solchen Fall hatte der BGH eben bisher nicht zu entscheiden. Im Ergebnis stellt sich die Frage, ob die Übertragung der Schneeballsystem-Rechtsprechung des BGH auf den bisher bekannten Sachverhalt möglich ist?

 

Fazit: Die Sach- und Rechtslage rund um PIM Gold ist verworren und derzeit noch unklar. Gleichwohl bestehen für Anleger jetzt schon Möglichkeiten, um ihre Rechte zu wahren. Anleger sollten sich daher möglichst frühzeitig informieren.