Zum 1. September 2009 treten zahlreiche Änderungen im Familienrecht in Kraft.
Seit 50 Jahren gibt es den Zugewinnausgleich: bei einer Scheidung wird das Vermögen der Ehegatten auseinandergesetzt. Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, den die meisten Ehepaare haben, gibt es hierfür den Zugewinnausgleich. Der Grundgedanke liegt darin, den während der Ehe erzielten Vermögenszuwachs zu gleichen Teilen auf beide Ehegatten zu verteilen. An diesem Grundgedanken ändert sich nichts, aber einige entscheidende Details werden geändert:
Zukünftig werden Schulden, die einer oder beide Ehegatten bei der Eheschließung hatten, bei der Berechnung des Zugewinns berücksichtigt. Bislang war es so, daß es ein sog. "negatives Anfangsvermögen" rechnerisch nicht gab, bzw. das Anfangsvermögen wurde dann mit 0 angesetzt. Der Ehegatten, der während der Ehe seine Schulden getilgt hatte, mußte bislang diesen Vermögenszuwachs nicht ausgleichen. Ungerecht war dies vor allem dann, wenn ein Ehegatte für den anderen dessen anfängliche Schulden getilgt hatte und dies nicht berücksichtigt wurde. Dies wird künftig geändert, indem negatives Anfangsvermögen berücksichtigt und damit der Grundgedanke des Zugewinnausgleichs konsequent durchgeführt wird.
Des weiteren wird es einen stärkeren Schutz vor Vermögensmanipulationen geben. Nicht selten ist es so, daß der Ehegatte, der eigentlich ausgleichspflichtig ist, nach der Scheidungseinreichung sein Vermögen "verprasst" oder verschiebt, um keinen Zugewinnausgleich bezahlen zu müssen. Bislang nämlich ist der Zugewinnausgleich auf die Hälfte des Vermögens begrenzt, welches beim Abschluß des Scheidungsverfahrens tatsächlich noch vorhanden ist.
Dies wird geändert: zukünftig zählt als Stichtag allein der Zeitpunkt, in dem Scheidungsantrag zugestellt wurde, nicht nur für die Berechnung, sondern auch für die Bestimmung der Höhe der Ausgleichsforderung. Zusätzlich wird ein neuer Auskunftsanspruch über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung eingeführt, so daß es künftig möglich sein wird, zu erkennen, inwieweit der andere Ehegatte sein Vermögen möglicherweise absichtlich so manipuliert hat, daß es zum Zeitpunkt der Scheidung weniger geworden ist oder gar nichts mehr vorhanden ist.
Auch beim Versorgungsausgleich wird es Änderungen geben: Rentenansprüche können z. B. in der gesetzlichen Rentenversicherung, in der Beamtenversicherung oder zunehmend auch durch betriebliche oder private Altersvorsorge entstehen. Scheitert eine Ehe, sorgt der Versorgungsausgleich dafür, daß auch derjenige Ehegatte eine eigenständige Absicherung für Alter und Invalidität erhält, der z. B. wegen der Kindererziehung auf eine eigene Erwerbsttigkeit verzichtet hat.
Künftig wird jedes während der Ehe aufgebaute Versorgungsrecht im jeweiligen Versorgungssystem zwischen den Ehegatten aufgeteilt. Jede auszugleichende Versorgung wird also künftig intern geteilt, was bedeutet, daß der ausgleichsberechtigte Ehegatte einen eigenen Versorgungsanspruch bei dem jeweiligen Versorgungsträger des anderen Ehegatten erhält, was zu gerechteren Teilungsergebnissen führt und die Berechnung auch einfacher macht.
Eine weitere Änderung besteht darin, daß die Familiengerichte künftig auch für alle Abstammungs- und Adoptionssachen sowie für alle sonstigen Familiensachen zuständig sind (sog. großes Familiengericht). Sonstige Familiensachen (Beispiel: Steueraufteilungen zwischen Ehegatten, Ansprüche von und gegen Schwiegereltern oder zwischen Verlobten) waren bislang den normalen Zivilgerichten zugewiesen. Die Neuregelung macht Sinn, damit das Familiengericht, welches sowieso mit den anderen Verfahren rund um eine Scheidung oder Trennung beschäftigt ist und dem Fall viel näher steht als das Zivilgericht, dann umfassend zuständig ist.