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Sonderzahlungen

Normen

Gesetzlich nicht geregelt.

Information

1 Allgemein

Form der zusätzlichen Arbeitnehmervergütung.

Der Arbeitgeber kann das Arbeitsentgelt der Mitarbeiter mit verschiedenen Sonderzahlungen aufstocken. Es kommen u.a. folgende Möglichkeiten in Betracht:

  • Gratifikationen: Gratifikationen werden zu einem bestimmten Anlass gezahlt.

    Beispiel:

    Weihnachtsgeld

  • 13./14. Monatsgehalt:

    Das 13. (oder 14.) Monatsgehalt kann entweder als Gratifikation oder als zusätzliches Entgelt gezahlt werden. Oftmals wird es mit dem Weihnachtsgeld gleichgesetzt, da es meist zur Weihnachtszeit ausgezahlt wird. Rechtlich ist aber zwischen den beiden Formen einer Sonderzahlungen zu unterscheiden.

    Enthält der Arbeitsvertrag, der Tarifvertrag oder eine ähnliche Grundlage keine Zweckbestimmung, so muss durch Auslegung ermittelt werden, ob das 13. Monatsgehalt zusätzliches Arbeitsentgelt oder Gratifikation sein soll.

    Mit der Zahlung eines 13. Monatsgehaltes als zusätzliches Arbeitsentgelt soll allein die Arbeitsleistung für den vergangenen Zeitraum belohnt werden.

  • Gewinnbeteiligung / Bonuszahlung (Tantieme)

  • Umsatzbeteiligungen:

    Haben die Arbeitsvertragsparteien eine Umsatzbeteiligung vereinbart, kann diese sich sowohl auf den Gesamtumsatz als auch auf den von dem jeweiligen Mitarbeiter erzielten individuellen Umsatz beziehen.

2 Rechtsgrundlagen

Die Pflicht zur Zahlung einer Sonderzahlung kann in einem Arbeitsvertrag / Tarifvertrag / Betriebsvereinbarung o.Ä. geregelt sein.

Eine Sonderzahlung kann jedoch auch ohne eine schriftliche Vereinbarung gezahlt werden. Jedoch ist dabei zu beachten, dass eine Bindung durch das Entstehen einer betrieblichen Übung entstehen kann.

3 Zweck der Sonderzahlungen

Insbesondere bei der Frage des Anspruchs des Arbeitnehmers auf die Sonderzahlung bei dem Ruhen des Arbeitsverhältnisses oder der Zulässigkeit eines Rückforderungsverlangens ist der der Zahlung zugrunde liegende Zweck von Bedeutung:

Der Zweck einer Jahressonderzahlung ergibt sich vorrangig aus den rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird (BAG 05.08.2009 - 10 AZR 666/08).

Der Bezeichnung der Sonderzahlung kommt allenfalls zusätzliche Indizwirkung zu (BAG 22. Oktober 2003 - 10 AZR 152/03). Indizien sind die Formulierungen in der jeweiligen Rechtsgrundlage, z.B. dem Arbeitsvertrag oder dem Tarifvertrag.

Dabei werden folgende Zwecke unterschieden:

  • Belohnung der Betriebstreue: Die Zahlung wird von einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig gemacht. Bei einer vorliegenden Kündigung im Fälligkeitszeitpunkt besteht kein Anspruch auf die Sonderzahlung, bei einer späteren Kündigung ist das Geld zurückzuzahlen.

  • Belohnung der Arbeitsleistung: Es werden für die Zahlung keine zusätzlichen Voraussetzungen gefordert. Bei einer nur anteiligen Betriebszugehörigkeit im zugrunde liegenden Jahr wird auch die Sonderzahlung anteilig gewährt.

  • Belohnung sowohl der Betriebstreue als auch der Arbeitsleistung (Sonderzahlung mit Mischcharakter):

    Beispiel:

    Eine Zahlung soll die erwartete Betriebstreue belohnen und knüpft dabei an die Leistung des Klägers im Bezugszeitraum (im jeweils vorangegangenen Kalenderjahr) an, indem sie sich der Höhe nach am Beitrag des Klägers zum Unternehmenserfolg ausrichtet (BAG 18.01.2012 - 10 AZR 612/10).

4 Berechnung einer Beschäftigungszeit

Beschäftigungszeit ist in erster Linie die Zeit, die bei demselben Arbeitgeber in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegt wurde.

Der Zeitraum wird nach § 187 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB berechnet. Der Beginn des Arbeitsverhältnisses fällt mit dem Beginn des Tages zusammen, der als Beginn des Arbeitsverhältnisses vertraglich vereinbart ist. Die Jahresfrist endet mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

Die Vollendung der Beschäftigungszeit muss in einem bestehenden Arbeitsverhältnis erreicht werden.

Mit Vollendung der maßgeblichen Beschäftigungszeit entsteht der Anspruch und wird fällig. Die Fälligkeit tritt mit einem bestimmten Tag ein. Das ist nicht der letzte Tag der Frist, da dieser Tag erst beendet sein muss, sondern der folgende Tag. Dieser Tag wird auch als "Jubiläumstag" bezeichnet. Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass am Tag der Fälligkeit kein Arbeitsverhältnis mehr besteht (BAG 09.04.2014 - 10 AZR 635/13).

Beispiel:

Beginn des Arbeitsverhältnisses: 1. März 1983

Ende des Arbeitsverhältnisses: 28. Februar 2023

Jubiläumstag 40 Jahre Beschäftigung: 1. März 2023

5 Vermeidung einer Rechtsbindung

Die Rechtsbindung der Sonderzahlung kann von dem Arbeitgeber ausgeschlossen werden.

6 Öffnungsklauseln

Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich im Rahmen ihrer Tarifautonomie frei, zu bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Jahressonderzahlung gewährt wird und welche Tatbestände ggf. zu einer Kürzung führen. Insbesondere sind sie dabei in der Entscheidung frei, ob die Erbringung von Arbeitsleistung Voraussetzung für einen Sonderzahlungsanspruch ist (BAG 25.09.2013 10 AZR 850/12).

In einigen Tarifverträgen sind Sonderzahlungen zwar grundsätzlich vorgesehen, aber es bestehen Öffnungsklauseln, nach denen Arbeitgeber bis zu einer bestimmten Betriebsgröße nicht zur Zahlung verpflichtet sind oder bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Zahlung gekürzt oder ausgeschlossen werden kann.

7 Rückzahlungs-/Bestands- und Stichtagsklauseln

7.1 Zulässigkeit einer derartigen Klausel

Nach der Rechtsprechung (u.a. BAG 18.01.2012 - 10 AZR 667/10) ist es zulässig, Sonderzahlungen mit Bindungsklauseln zu versehen, solange es sich bei der Zahlung um die Belohnung der Betriebstreue oder um eine Zahlung mit Mischcharakter handelt:

  • Das gilt sowohl für Klauseln, in denen sich der Arbeitnehmer verpflichtet, erfolgte Sonderzahlungen zurückzuerstatten, wenn er vor einem bestimmten Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis von sich aus kündigt (Rückzahlungsklauseln).

  • als auch für Regelungen, nach denen die Leistung der Sonderzahlung voraussetzt, dass der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt noch im Arbeitsverhältnis steht bzw. das Arbeitsverhältnis noch ungekündigt ist (Bestandsklauseln, Stichtagsklauseln - BAG 18.01.2012 - 10 AZR 667/10).

Aber: "Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, abhängig gemacht werden" (BAG 03.08.2016 - 10 AZR 710/14, BAG 13.05.2015 - 10 AZR 266/14, BAG 18.01.2012 - 10 AZR 612/10).

Dies gilt ebenfalls für einen Stichtag innerhalb des Bezugsjahres bzw. zum 31.12. des Jahres. Das BAG hat es für möglich gehalten, dass etwas anderes gilt, wenn die Arbeitsleistung gerade in einem bestimmten Zeitraum vor dem Stichtag besonderen Wert hat, so z.B. bei Saisonbetrieben oder bei branchen- oder betriebsbezogenen Besonderheiten. Möglich ist auch, dass eine Sonderzahlung an bis zu bestimmten Zeitpunkten eintretende Unternehmenserfolge anknüpft; in diesen Fällen ist eine zu bestimmten Stichtagen erfolgende Betrachtung oftmals zweckmäßig und nicht zu beanstanden (BAG 13.11.2013 - 10 AZR 848/12).

Nach der Entscheidung BAG 22.07.2014 - 9 AZR 981/12 kann es eine unangemessene Benachteiligung im Sinne der Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen, wenn die Leistung einer Sonderzahlung voraussetzt, dass der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt noch im ungekündigten Arbeitsverhältnis steht. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Sonderzahlung Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung ist. Wird aber ein Urlaubsgeld pro genommenen Urlaubstag vereinbart, handelt es sich nicht um eine Leistung, die vom Arbeitnehmer durch Arbeitsleistung verdient werden muss. Die Anknüpfung des Urlaubsgelds an den genommenen Urlaubstag verdeutlicht, dass das Urlaubsgeld dem Erholungszweck des Urlaubs und nicht der Vergütung einer Arbeitsleistung dienen soll und damit zum Urlaub akzessorisch ist.

7.2 Höhe der zulässigen Rückzahlungsforderung

Die Aufnahme einer Rückzahlungsklausel in den Arbeitsvertrag soll verhindern, dass die Sonderzahlung auch an Arbeitnehmer gezahlt wird, die im folgenden Jahr die Firma verlassen: Inhalt solcher Vereinbarungen ist, dass die Sonderzahlung zurückzuzahlen ist, wenn das Arbeitsverhältnis bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gekündigt wird. Zum Schutz der Arbeitnehmer sind nach der Rechtsprechung solche Rückzahlungsklauseln nicht unbeschränkt vereinbar:

  • Eine Sonderzahlung von bis zu ca. 200,00 EUR ist nicht zurückzuzahlen.

  • Sonderzahlungen, die zwischen ca. 200,00 EUR und einem Betrag, der weniger als das jeweilige Monatsgehalt des Arbeitnehmers beträgt, dürfen bei einem Ausscheiden des Arbeitnehmers bis zum 31.03. zurückgefordert werden.

  • Sonderzahlungen ab einem Monatsgehalt dürfen bei einem Ausscheiden des Arbeitnehmers bis zum 30.06. zurückgefordert werden!

8 Rechtsfolge, wenn die Bestimmung nicht billigem Ermessen entspricht

Sofern die Bestimmung der Leistung nicht billigem Ermessen entspricht, wird sie gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB von dem Gericht getroffen.

Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht. Vielmehr ist jede Partei im Sinne einer Obliegenheit gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, damit sie vom Gericht berücksichtigt werden können. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten kann nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller führen; dieser kann nicht auf eine Auskunftsklage verwiesen werden (BAG 03.08.2016 - 10 AZR 710/14).

9 Anspruch bei fehlender Arbeitsleistung des Arbeitnehmers

Im Mutterschutz befindliche Arbeitnehmerinnen haben bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen immer einen Anspruch auf die Sonderzahlung.

Die Frage, ob der Arbeitnehmer während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf die Sonderzahlung hat, hängt auch hier von dem Zweck der Zahlung ab (Elternzeit - Sonderzahlungen).

10 Inflationsausgleichs-Sonderzahlung

Im Rahmen des Artikelgesetzes "Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz" hat der Gesetzgeber Arbeitgebern ermöglicht, eine oder mehrere sogenannte Inflationsausgleichs-Sonderzahlungen zur Abmilderung der durch die Inflation und die Energiepreissteigerungen erhöhte Kostenbelastung an die Beschäftigten zu gewähren.

Dabei sind diese Inflationsausgleichs-Sonderzahlungen gemäß des neuen § 3 Nr. 11c EStG und des neuen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV steuer- und sozialversicherungsbefreit.

Diese insofern privilegierten Zahlungen können bis zu einer Gesamthöhe von 3.000,00 Euro in einer Einmalzahlung in Höhe von 3.000,00 Euro, nur als ein Teilbetrag oder in mehreren Teilbeträgen gezahlt werden. Die Gesamtsumme muss nicht erreicht werden. Zeitlich sind die Zahlung/en auf den Zeitraum 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 begrenzt.

Der Höchstbetrag von insgesamt 3.000,00 Euro gilt dabei für den gesamten Zeitraum und nicht für jedes Kalenderjahr.

Beispiel Formulierung:

Aufgrund der zusätzlichen Belastung durch die weltweit steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreise zahlt der Arbeitgeber an den / die Beschäftigte /n zur Abmilderung dieser wirtschaftlichen Belastung eine Inflationsausgleichs-Sonderzahlung in Höhe von _____ Euro. Bemessungsgrundlage ist das Vollzeitarbeitsverhältnis. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer haben einen anteiligen Anspruch.

Die Inflationsausgleichsprämie wird zusätzlich zur Vergütung gewährt und zum ____ ausgezahlt.

Zudem sollte durch eine entsprechende Formulierung die Rechtsbindung ausgeschlossen werden.

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