Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Handelsvertreter - Provision

 Normen 

§ 87 ff. HGB

 Information 

1. Voraussetzungen

Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters für den Abschluss oder die Vermittlung eines Geschäfts ist in den §§ 87 ff. HGB gesetzlich geregelt. Die Vorschriften sind gemäß § 65 HGB auch anwendbar, wenn für die Tätigkeit eines Handlungsgehilfen eine Abschluss- oder Vermittlungsprovision vereinbart wurde.

Voraussetzungen des Provisionsanspruchs sind, dass

  • das Geschäft während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses oder Handelsvertreterverhältnisses abgeschlossen wurde,

  • der Abschluss auf die Tätigkeit des Handelsvertreters oder Arbeitnehmers zurückzuführen ist (ausreichend dafür ist eine Mitursächlichkeit, d.h. eine zielgerichtete Tätigkeit, die über eine reine Hilfstätigkeit hinausgeht) und

  • das Geschäft wirksam zustande gekommen ist und durchgeführt wird.

Der Provisionsanspruch setzt keine Vereinbarung der Parteien über eine Vergütung der erbrachten Leistungen voraus. Für die Auslösung eines Provisionsanspruchs kann es deshalb schon genügen, dass jemand die ihm erkennbar von einem Kaufmann geleisteten Dienste in Anspruch nimmt, obwohl er weiß oder sich nach den Umständen sagen muss, dass solche Dienste auch ohne ausdrückliche, eine Vergütungspflicht und/oder deren Höhe klarstellende vertragliche Grundlage nur gegen entsprechende Vergütung erbracht werden (BGH 23.11.2016 - VIII ZR 269/15).

Ansonsten gilt:

"Für die Frage, für welche Geschäfte der Handelsvertreter eine Provision erhalten soll und auf welchen Zeitpunkt es für das Entstehen des Provisionsanspruchs ankommt, ist die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung (...) maßgeblich" (BGH 22.01.2015 - VII ZR 87/14).

2. Kausalität in besonderen Fällen

Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er gemäß § 87 Abs. 2 HGB Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Diese gesetzliche Regelung über die Bezirksprovision ist jedoch in den allgemeinen Grenzen dispositiv, jedenfalls sofern ein Individualvertrag geschlossen wurde (BGH 24.04.2014 - VII ZR 163/13).

Bei der Vermittlung / dem Abschluss eines Ratenlieferungsvertrags sind die Nachlieferungen nur bei einer dahin gehenden Vereinbarung provisionspflichtig.

Auch die zum Zwecke eines Inflationsausgleichs vereinbarte Dynamik unterliegt der Provisionspflicht:

"Vermittelt der Versicherungsvertreter dynamische Lebensversicherungen, bei denen sich die Versicherungssumme nach dem Inhalt des Versicherungsvertrags in regelmäßigen Zeitabständen erhöht, wenn der Versicherungsnehmer nicht widerspricht, gehen die Erhöhungen auf die Vermittlungstätigkeit bei Abschluss des Versicherungsvertrags zurück und sind gemäß § 92 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB im Zweifel provisionspflichtig" (BGH 20.12.2018 - VII ZR 69/18).

3. Der Provisionsanspruch bei Widerspruch des Kunden

Die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 8 Abs. 1 VVG durch den Versicherungsnehmer lässt den Provisionsanspruch des Versicherungsmaklers, auf den wegen einer starken Annäherung an die Stellung eines Versicherungsvertreters nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) der Rechtsgedanke des § 87a Abs. 3 HGB Anwendung findet, entfallen, ohne dass es einer Nachbearbeitung bedarf (BGH 08.07.2021 - I ZR 248/19).

4. Fälligkeit und Abrechnung

Der Provisionsanspruch wird fällig, wenn der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Grundlage der Provision ist die Bruttosumme des Geschäfts. Eine Formularklausel, wonach ein Anspruch auf Provision mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses endet, ist unwirksam (BGH 21.10.2009 - VIII ZR 286/07).

Die Provision ist grundsätzlich gemäß § 87c HGB monatlich abzurechnen. Zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der ausgezahlten Provision kann der Handelsvertreter einen Buchauszug verlangen sowie Auskunft über alle zur Berechnung wesentlichen Umstände.

5. Anspruch auf Rechnungslegung

Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen sonstige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Berechnung, kann gemäß § 87c Abs. 4 HGB der Handelsvertreter verlangen, dass nach der Wahl des Unternehmers ihm oder einem Wirtschaftsprüfer Einsicht in die Geschäftsbücher gewährt wird.

6. Lohnsteuer und Sozialversicherungen

Provisionszahlungen sind grundsätzlich lohnsteuerpflichtig und bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge zu berücksichtigen.

7. Urlaubsentgelt

Bei einem Arbeitnehmer bemisst sich das während der Inanspruchnahme des Urlaubs weiterzuzahlende Gehalt (Urlaubsentgelt) nach dem Urteil BAG 11.04.2000 - 9 AZR 266/99 nach den Durchschnittsprovisionszahlungen der letzten 13 Wochen.

8. Sprunghaftung

Eine vertragliche Regelung in einem Handelsvertretervertrag über eine sog. Sprunghaftung, wonach dem Handelsvertreter ein Provisionsanspruch für von ihm vermittelte Zeitschriftenabonnementverträge nur dann zustehen soll, wenn der Kunde das Abonnement während der festgelegten Sprunghaftungsfrist voll bezahlt hat, ist nichtig. Der Handelsvertreter kann als Provision den üblichen Satz verlangen (BGH 12.03.2015 - VII ZR 336/13).

9. Delkrederehaftung

Eine Sonderform der handelsrechtlichen Provision ist die Delkredereprovision: Übernimmt der Handelsvertreter die Erfüllungshaftung für das Geschäft (Delkrederehaftung, § 86b HGB), so hat er einen Anspruch auf eine höhere Provision, Delkredereprovision genannt.

 Siehe auch 

Delkrederehaftung

Handelsgeschäft

Handelsvertreter

Handelsvertreter - Ausgleichsanspruch

Handlungsvollmacht

Kommission

Prokura

Provision

Ensthaler: Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch mit UN-Kaufrecht; 8. Auflage 2015

Heße: Der handelsrechtliche Provisionsanspruch des Zivilmaklers; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2002, 1835