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Betriebliche Altersversorgung

Normen

BetrAVG

RL 2014/50 (Mobilitäts - Richtlinie)

VAG-InfoV

BT-Drs. 18/6283

BT-Drs. 18/11286

Information

1 Allgemein

Zweite Säule der Altersversorgung.

Die betriebliche Altersversorgung ist neben der gesetzlichen Altersrente und der privaten Vorsorge eine der Säulen der Altersvorsorge.

Voraussetzungen einer betrieblichen Altersversorgung sind das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses, ein Versorgungszweck und ein biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) als Grund der Versorgungszusage.

Die Richtlinie 2014/50 über Mindestvorschriften zur Erhöhung der Mobilität von Arbeitnehmern zwischen den Mitgliedstaaten durch Verbesserung des Erwerbs und der Wahrung von Zusatzrentenansprüchen (Mobilitäts - Richtlinie) will vor dem Hintergrund des Rechts auf Freizügigkeit nach Artikel 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union Mobilitätshindernisse abbauen, die sich aus Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung ergeben können. Die Inhalte wurden zum 01.01.2018 in das BetrAVG eingefügt.

2 Anspruch

Arbeitnehmer haben grundsätzlich keinen Anspruch auf den Abschluss einer betrieblichen Altersversorgung. Eine Ausnahme besteht gemäß § 1a BetrAVG für die Fälle der Entgeltumwandlung (Direktversicherung).

Der Anspruch kann sich aber aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, einer Gesamtzusage, einer betrieblichen Übung oder dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben.

Das BAG hat zu dem Anspruch der Ehepartner u.a. folgende Rechtsprechung erlassen:

  • Mindestdauer der Ehe:

    Grundsätzlich wird von der Rechtsprechung eine Mindestehedauerklausel anerkannt, die aber bestimmte Anforderungen erfüllen muss:

    "In Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann der Arbeitgeber eine zugesagte Hinterbliebenenversorgung ausschließen, wenn die Ehe bis zum Versterben des Versorgungsberechtigten nicht mindestens zwölf Monate gedauert hat und die Hinterbliebene die Möglichkeit hat, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Berechtigte aufgrund eines erst nach der Eheschließung erlittenen Unfalls oder einer erst später eingetretenen Krankheit gestorben ist" (BAG 02.12.2021 - 3 AZR 254/21).

    "Eine Versorgungsregelung, nach der die Hinterbliebenenversorgung entfällt, wenn im Zeitpunkt des Todes des Versorgungsberechtigten die Ehe nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat, benachteiligt den unmittelbar Versorgungsberechtigten unangemessen und ist daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam" (BAG 19.02.2019 - 3 AZR 150/18).

  • Altersabstand zwischen den Ehepartnern:

    "Danach ist die in Nr. II § 10 Abs. 3 der Versorgungszusage geregelte Kürzung der Witwenrenten von Ehefrauen um 5 % für jedes weitere volle Jahr, das sie mehr als zehn Jahre jünger als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer sind, durch ein legitimes Ziel gedeckt. Die Kürzung begrenzt die mit der Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung verbundenen finanziellen Risiken" (BAG 11.12.2018 - 3 AZR 400/17).

3 Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Grundlage der betrieblichen Altersversorgung ist das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG).

Die Vorschriften sind grundsätzlich zwingend. Von ihnen kann jedoch zugunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden.

Änderungen zuungunsten der Arbeitnehmer sind auf die in § 17 Abs. 3 BetrAVG genannten Tatbestände beschränkt und können zudem nur in einem Tarifvertrag vereinbart werden.

4 Arten

Im Wesentlichen werden fünf Arten der betrieblichen Altersvorsorge unterschieden, von denen zwei unmittelbare und drei mittelbare Versorgungen sind (Einschaltung eines anderen Versorgungsträgers):

Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrVG besteht die Möglichkeit, reine Beitragszusagen zu vereinbaren. Arbeitgeber können diese Möglichkeit auf Betriebs- und Personalräte delegieren, wobei die wesentlichen Regelungsinhalte dem Tarifvertrag vorbehalten bleiben sollten. Anders als bei den vormaligen Zusageformen "Leistungszusage", "beitragsorientierte Leistungszusage" und "Beitragszusage mit Mindestleistung" verpflichtet sich der Arbeitgeber bei dieser Art der Zusage nach der Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/11286 nicht zur Zahlung von (Mindest-)Betriebsrenten. Der zweite Halbsatz stellt ausdrücklich klar, dass der Arbeitgeber für die Leistungen aus diesen Beiträgen nicht subsidiär einsteht und dass ihn aus dieser Zusageart keine weiteren Verpflichtungen nach dem Betriebsrentengesetz treffen. Auch eine Insolvenzsicherung über den Pensions-Sicherungs-Verein findet nicht statt.

Der Arbeitgeber ist lediglich verpflichtet, die Finanzierungsbeiträge an die durchführende Einrichtung zu zahlen. Dies ist vom Arbeitnehmer allerdings auch einklagbar. Die Zahlung hat schuldbefreiende Wirkung (§ 362 BGB). Die reine Beitragszusage kann auch über Entgeltumwandlung erfolgen.

Hinweis:

Zu weiteren Informtionen siehe die Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/11286.

5 Auswirkungen eines späteren Renteneintrittsalters

Die Frage, wie sich die Anhebung des Rentenalters auf die betriebliche Altersvorsorge auswirkt, hat das BAG wie folgt beantwortet:

Stellt eine vor dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz entstandene Versorgungsordnung für den Eintritt des Versorgungsfalles auf die Vollendung des 65. Lebensjahres ab, so ist diese Versorgungsordnung regelmäßig dahin gehend auszulegen, dass damit auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung Bezug genommen wird (BAG 15.05.2012 - 3 AZR 11/10).

Zusagen, die eine Versorgung ab dem 65. Lebensjahr vorsehen, sind daher so auszulegen, dass sie abschlagsfrei erst mit dem tatsächlichen Beginn der Regelaltersgrenze in Anspruch genommen werden können.

6 Betriebsübergang

Die Versorgungszusagen aus einer betrieblichen Altersversorgung gleich welcher Form gehen bei einem Betriebsübergang auf den neuen Inhaber über. Die Zeiten der Betriebszugehörigkeit werden zusammengerechnet.

7 Insolvenz

Nachdem der EuGH die bisherige Rechtsprechung des BAG zu dem Schicksal von Ansprüchen der betrieblichen Altersvorsorge im Rahmen eines Betriebsübergangs aus einer Insolvenz heraus für zulässig erklärt hat (EuGH 09.09.2020 - C-674/18 und C-675/18), konnte das BAG seine Rechtsprechung fortsetzen (BAG 26.01.2021 - 3 AZR 139/17). In der Pressemitteilung zu dieser Entscheidung heißt es:

"Der Erwerber eines Betriebs(teils) in der Insolvenz haftet nach § 613a Abs. 1 BGB für Ansprüche der übergegangenen Arbeitnehmer auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur zeitanteilig für die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgelegte Dauer der Betriebszugehörigkeit. Für die Leistungen, die auf Zeiten bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruhen, haftet er auch dann nicht, wenn für diesen Teil der Betriebsrente nach dem Betriebsrentengesetz der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) - der gesetzlich bestimmte Träger der Insolvenzsicherung - nicht vollständig eintritt."

Hinweis:

Zu den Auswirkungen einer Insolvenz auf eine Direktversicherung siehe insofern den Beitrag "Direktversicherung - Arbeitswechsel und Insolvenz".

8 Informationspflichten der Versicherungsunternehmen

Die Richtlinie 2016/2341 schafft Informationspflichten, die Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung gegenüber den Versorgungsanwärtern und Versorgungsempfängern erfüllen müssen. Die Eckpunkte dieser Informationspflichten wurden in das Versicherungsaufsichtsgesetz aufgenommen.

Diese Informationspflichten werden in der VAG-Informationspflichtenverordnung konkretisiert (Vorgaben der §§ 234k bis 234p VAG), so insbesondere

  • auf welchem Weg Informationen bereitzustellen sind,

  • welche allgemeinen Informationen zu einem Altersversorgungssystem die durchführende Einrichtung zusammenstellen muss,

  • zum Inhalt der Renteninformation nach § 234o Abs. 1 S. 1 VAG, die die durchführende Einrichtung turnusmäßig für die Versorgungsanwärter zu erstellen hat,

  • zur Projektion der künftigen Versorgungsleistung, die in die Renteninformation aufzunehmen ist.

9 Teilansprüche

§ 2a BetrAVG setzt Art. 5 Abs. 2 RL 2014/50 (Mobilitäts - Richtlinie) um. Dieser gibt vor, dass zur Vermeidung von Mobilitätshindernissen die ruhenden Anwartschaften vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer nicht anders behandelt werden dürfen als die Anwartschaften im Unternehmen verbleibender Arbeitnehmer. Wegen des unmittelbaren Sachzusammenhangs kombiniert § 2a BetrAVG die bisherige Berechnungsregelung für den Teilanspruch eines mit unverfallbarer Anwartschaft vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmers mit diesem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Absatz 1 enthält den Berechnungsgrundsatz, wonach Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen nach dem Zeitpunkt des Ausscheidens grundsätzlich außer Betracht bleiben. Als Bemessungsgrundlagen gelten dabei alle in der Versorgungsregelung festgelegten Einflussgrößen, die sich auf den Leistungsumfang auswirken können. Dazu zählen auch Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen anderer Versorgungsbezüge, die etwa im Rahmen von Gesamtversorgungszusagen eine Rolle spielen. Nach Absatz 2 Satz 1 sind demgegenüber Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen nach dem Zeitpunkt des Ausscheidens zu berücksichtigen, wenn ansonsten ein ausgeschiedener Arbeitnehmer hinsichtlich des Werts seiner unverfallbaren Anwartschaft schlechter gestellt würde als beim Arbeitgeber verbliebene vergleichbare Arbeitnehmer.

Absatz 2 Satz 2 nennt beispielsweise Fallgestaltungen, bei denen eine solche Benachteiligung des ausgeschiedenen Arbeitnehmers nicht vorliegt (Nummer 1) beziehungsweise eine Benachteiligung durch Anpassung der Anwartschaft vermieden werden kann (Nummer 2):

  • Nach Nummer 1a ist eine Benachteiligung ausgeschlossen, wenn die Betriebsrentenanwartschaft als nominales Anrecht festgelegt ist.

  • Nach Nummer 1b gilt eine Benachteiligung ebenfalls als ausgeschlossen, wenn in die Zusage an den Beschäftigten eine Verzinsung integriert ist, um die die Anwartschaft künftig steigen wird. Diese Ausnahme knüpft an die Überlegung an, dass auch in diesen Fällen keine ungerechte Behandlung der vorzeitig ausgeschiedenen Beschäftigten eintreten kann, wenn die Verzinsung gleichermaßen den ausgeschiedenen wie den im Unternehmen verbliebenen Beschäftigten zugutekommt.

  • Der Regelung in Nummer 1c liegt die Überlegung zugrunde, dass eine Benachteiligung auch nicht vorliegen kann, wenn die Erträge eines Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung beiden Beschäftigtengruppen zugutekommen. Der Oberbegriff "Erträge" umfasst auch die Überschussanteile bei den versicherungsförmigen Durchführungswegen.

  • Nach Nummer 2 gilt eine Benachteiligung ebenfalls als ausgeschlossen, wenn die Teilanwartschaft des ausgeschiedenen Arbeitnehmers um jährlich 1 %, an die Entwicklung der Anwartschaften oder Nettolöhne vergleichbarer nicht ausgeschiedener Arbeitnehmer, an die vom Arbeitgeber gezahlten Betriebsrenten oder entsprechend dem Verbraucherpreisindex angepasst wird.

Hinweis:

Zu detaillierteren Inhalten siehe die Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/6283 Seite 11 ff.

10 Abfindungen

Gemäß § 3 BetrAVG dürfen unverfallbare Anwartschaften im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und laufende Leistungen nur unter den Voraussetzungen der folgenden Absätze abgefunden werden.

Gemäß  § 3 Absatz 2 Satz 3 BetrAVG bedürfen Abfindungen von Betriebsrentenanwartschaften, auch von Kleinstanwartschaften, der Zustimmung des Arbeitnehmers. Dies gilt allerdings gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Richtlinie nicht zwingend "für den Erwerb und die Wahrung von Zusatzrentenansprüchen derjenigen Arbeitnehmer, die innerhalb eines einzigen Mitgliedstaates zu- und abwandern". Um unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, wird deshalb von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Zustimmungserfordernis auf grenzüberschreitende Arbeitgeberwechsel zu beschränken. Die Mitteilungsverpflichtung des Arbeitnehmers dient der praktischen Umsetzbarkeit des Zustimmungserfordernisses.

metis