WETTBEWERBSVERBOT FÜR GESCHÄFTSFÜHRER - Fachanwalt beantwortet die wichtigsten Fragen

09.02.2011 6260 Mal gelesen
Mit engen Wettbewerbsverboten wollen Firmen verhindern, dass wichtige Mitarbeiter zur Konkurrenz überlaufen. Wettbewerbsverbote sind für die Unternehmen wertvolle Instrumente. Sie bieten Schutz insbesondere vor Geschäftsführern mit wertvollem Insiderwissen.

Der Geschäftsführer darf grundsätzlich nicht in der Branche der von ihm geführten Gesellschaft als Wettbewerber tätig werden. Das Wettbewerbsverbot während seiner Tätigkeit als Unternehmensleiter muss noch nicht einmal vertraglich vereinbart werden. Das Konkurrenzverbot gilt von Gesetzes wegen und richtet sich nach dem konkreten Unternehmensgegenstand und dem tatsächlichen operativen Geschäft der Gesellschaft.

 

1. Für welche Gesellschaften gilt das Wettbewerbsverbot?

Das gesetzlich angeordnete Wettbewerbsverbot beschränkt grundsätzlich die Geschäftsführer einer GmbH, UG, GmbH & Co. KG, die geschäftsführende Komplementäre der KG und geschäftsführende Gesellschafter der OHG. Darüber hinaus unterliegen auch Vorstände von Aktiengesellschaften einem Wettbewerbsverbot. Schließlich können auch geschäftsführende Gesellschafter von BGB-Gesellschaften (GbR) einem Konkurrenzverbot unterliegen, insbesondere dann, wenn die GbR als unternehmerisch und gewinnorientiert charakterisiert werden kann.

 

PRAXISHINWEIS: nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Das sog. nachvertragliche Wettbewerbsverbot gilt - anders als das während der Vertragslaufzeit greifende Wettbewerbsverbot - nicht schon von Gesetzes wegen. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot muss ausdrücklich vertraglich mit dem Geschäftsführer vereinbart werden. Ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung greift ein Wettbewerbsverbot nach der Beendigung des Geschäftsführervertrags grundsätzlich nicht. Ein nachvertraglicher Konkurrenzschutz unterliegt strengen rechtlichen Vorgaben. Werden die Vorgaben nicht beachtet, kann das nachvertragliche Wettbewerbsverbot unwirksam sein (ausführlich zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot eines Geschäftsführers).

 

2. Wann beginnt, wann endet das Wettbewerbsverbot?

Der Geschäftsführer darf während seiner Vertragslaufzeit die Geschäftschancen der von ihm geleiteten Gesellschaft ab dem Gründungszeitpunkt nicht auf eigene Rechnung wahrnehmen. Bereits die sog. Vor-GmbH (GmbH i.G.) ist vor Wettbewerb des Geschäftsführers geschützt. Ab Unterzeichnung des notariell beurkundeten GmbH-Gesellschaftsvertrags bis zum rechtswirksamen Ausscheiden des Geschäftsführers aus seinem Amt gilt die Wettbewerbsbeschränkung.

 

3. Wettbewerbsverbot in der Liquidation des Unternehmens?

Sogar bei der Liquidation der Gesellschaft kann der Konkurrenzschutz bestehen: Grundsätzlich schwächt sich das Verbot insoweit ab, als der Geschäftsführer als Liquidator keinen Wettbewerb betreiben kann, das die Abwicklung der Gesellschaft beeinträchtigt. Wird das Unternehmen im Rahmen der Liquidation unverändert fortgeführt oder werden große Aufträge über einen längeren Zeitrahmen abgewickelt, so kann der Konkurrenzschutz sogar voll bestehen bleiben.

 

4. Wie weit reicht das Verbot für den Geschäftsführer?

Außerhalb des Unternehmensgegenstandes des von ihm geleiteten Unternehmens kann der Geschäftsführer tätig werden, soweit die Tätigkeit mit seiner Geschäftsführertätigkeit vereinbar ist. Wann eine Vereinbarkeit vorliegt, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände beurteilt werden.

 

Die herrschende Rechtsauffassung sieht das Wettbewerbsverbot während der Vertragslaufzeit als umfassend an. Danach sind dem Geschäftsführer alle Konkurrenztätigkeiten im eigenen oder im fremden Namen, für eigene oder für fremde Rechnung innerhalb des Unternehmensgegenstands seiner Gesellschaft untersagt. Das bedeutet, dass dem Geschäftsführer es verboten ist:

  • in einem anderen Unternehmen des gleichen Geschäftszweiges als leitender Angestellter, Geschäftsführer, Vorstand tätig zu werden;
  • als Vertriebsmittler (Vertragshändler, Handelsvertreter, Handelsmakler oder Kommissionär) Konkurrenz zu betreiben;
  • sich maßgeblich an einer Konkurrenzgesellschaft zu beteiligen (Anteilskauf mit entsprechendem Einfluss). Auch darf er das Wettbewerbsverbot nicht durch eine Zwischenschaltung seiner Ehefrau, Kinder, etc. umgehen.
 

5. Was gilt für die Einpersonen-GmbH und für den Konzern?

Für den Fremdgeschäftsführer einer Ein-Mann-GmbH gilt das volle Wettbewerbsverbot. Gegenüber dem Gesellschafter-Geschäftsführer ist die Wirkung des zivilrechtlichen Wettbewerbsverbots umstritten. Jedenfalls spricht sich der Bundesgerichtshof gegen die Geltung des Wettbewerbsverbots für den Gesellschafter-Geschäftsführer im Zivilrecht aus.

 

Innerhalb einer Unternehmensgruppe werden im Fachschrifttum die Wettbewerbsbeschränkungen und ein Verbot der Ausnutzung von Geschäftschancen bejaht. Daher ist die wirksame Befreiung vom Wettbewerbsverbot, insbesondere aus steuerrechtlichen Gründen, wichtig.

 

6. Was sind die Folgen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot?

Wenn der Geschäftsführer während seiner Vertragslaufzeit gegen ein Wettbewerbsverbot verstößt, hat die Gesellschaft folgende Ansprüche gegen den Geschäftsführer:

  • Unterlassungsansprüche, die in der Praxis auch oft per einstweiliger Verfügung geltend gemacht werden (d.h. es liegt eine sehr schnelle und für den Geschäftsführer gefährliche Gerichtsentscheidung vor;
  • Gegen den Geschäftsführer können Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Gerät die Gesellschaft in die Insolvenz kann der Insolvenzverwalter gegen den Geschäftsführer die Schadensersatzansprüche durchsetzen;
  • Zum Teil wird ein Eintrittsrecht der Gesellschaft in die verbotswidrig vorgenommenen Geschäfte des Geschäftsführers sowie die Herausgabe der verbotswidrigen erhaltenen Vergütung bejaht;
  • Der Geschäftsführervertrag kann außerordentlich gekündigt und die Zahlung der Geschäftsführervergütung kann eingestellt oder sogar zurückverlangt werden;
  • Handelt es sich um einen Gesellschafter-Geschäftsführer könnte auch die Einziehung des Geschäftsanteils oder die Ausschließung des Gesellschafters aus der Gesellschaft in Betracht kommen;
 

7. Kann sich der Geschäftsführer vom Wettbewerbsverbot befreien lassen?

Grundsätzlich kann eine Befreiung vom gesetzlich geltenden Konkurrenzschutz vorgenommen werden. Je nachdem, ob es sich um einen Fremd-Geschäftsführer, einen mit Minderheit beteiligten Geschäftsführer oder einen beherrschenden Geschäftsführer handelt, sind die Anforderungen an eine wirksame Befreiung unterschiedlich hoch. Jedoch ist für alle oben genannten Geschäftsführergruppen eine Befreiung in der Satzung oder zumindest über eine sog. satzungsrechtliche Öffnungsklausel ausreichend. Oft wird man dem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Befreiung nur gegen Entgelt einräumen. Gesellschaftsrechtlich ist eine wirksame Befreiung vom Entgelt jedoch nicht abhängig.

Steuerrechtlich kann auch nach aktueller BFH-Rechtsprechung eine gegenleistungslose Ausnutzung der Geschäftschancen einer Kapitalgesellschaft durch Ihren Gesellschafter-Geschäftsführer noch immer zu verdeckten Gewinnausschüttungen führen. Daher ist insbesondere auf eine wirksame Befreiung und Risikoreduzierung aus steuerrechtlichen Gründen zu achten.

 

Dr. Boris Jan Schiemzik
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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