Kritische Facebook-Postings: Oberbürgermeister geht gegen Feuerwehrleute vor

Internet, IT und Telekommunikation
04.02.2013404 Mal gelesen
Wer als Arbeitnehmer über seinen Arbeitgeber – etwa wegen unbezahlter Überstunden – bei Facebook herzieht, muss mit drastischen Reaktionen rechnen. Im schlimmsten Fall kündigt der Arbeitgeber ihm fristlos den Arbeitsvertrag. Auch Beamte im öffentlichen Dienst sollten aufpassen. Das gilt übrigens auch für das Drücken des Gefällt-mir-Buttons.

Feuerwehrleute suspendiert wegen Facebook-Postings

Laut mehrerer Berichte in den Medien soll der Düsseldorfer Oberbürgermeister Dirk Elbers am letzten Freitag (01.02.2013) gegen 10 Feuerwehrleute ein Disziplinarverfahren eingeleitet und sie mit sofortiger Wirkung für drei Monate vorläufig vom Dienst suspendiert haben.

 

Grund dafür sollen missliebige Äußerungen bei Facebook sein. Angeblich soll ein Feuerwehrmann in seinem privaten Profil unter anderem geschrieben haben: "Erst wenn der der eigene Bürostuhl brennt, wird Herr Elbers erkennen, dass man mit Infopavillons keine Brände löscht." 9 weitere Feuerwehrleute sollen daraufhin den gefällt-mir-Button betätigt haben.

 

Hintergrund: Unbezahlte Überstunden

Hintergrund soll ein seit Jahren andauernde Auseinandersetzung sein, in der es um unbezahlte Überstunden in der Vergangenheit geht. Wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 25.11.2010 (Rechtssache C-429/09) hatte die Landeshauptstadt als Dienstherr kürzlich unbezahlte Überstunden aus dem Jahr 2006 nachträglich vergütet (angeblich bis zu 270 Überstunden pro Person). Laut EuGH schreibt die EU-Arbeitszeitrichtlinie (Richtlinie 2003/88)vor, dass Beamte und Arbeitnehmer nicht mehr als 48 Stunden in der Woche arbeiten dürfen. Bezüglich abgeleisteten Überstunden in den Jahren 2001 bis 2005 sollen die Beamten jedoch leer ausgegangen sein. Der Dienstherr berief sich darauf, dass die Überstunden verjährt sind. Demzufolge hätten die Überstunden eigentlich bezahlt werden müssen. Sie können aber mittlerweile nicht mehr eingeklagt werden, weil der Dienstherr sich auf den Einwand der Verjährung berufen darf.

 

Fazit:

Aufgrund der bisherigen Rechtsprechung kann schwer gesagt werden, ob diese Facebook-Postings sich noch im Rahmen der Meinungsfreiheit bewegen oder hier ein Verstoß gegen die Loyalitätspflicht gegenüber dem Dienstherrn vorliegt, der als Dienstvergehen mit Disziplinarmaßnahmen geahndet werden könnte. Diese untersagt rufschädigende und herabwürdigende Äußerungen. Die Beamten haben dann die Möglichkeit, dagegen gerichtlich vorzugehen. Die konkreten Erfolgsaussichten richten sich danach, was genau gepostet worden ist. Auf der einen Seite ist das erwähnte Posting kritisch zu sehen, weil es je nach Auslegung so verstanden werden kann, dass der Feuerwehrmann in einer bestimmten nicht sofort zum Löschen bereit ist-was seine ureigenste Aufgabe ist. Nach dieser Sichtweise könnte das Grundvertrauender Verwaltung in die Verlässlichkeit der betroffenen Feuerwehrleute in Frage gestellt werden. Auf der anderen Seite erscheint mir aufgrund des aufgezeigten Hintergrundes eher fraglich, ob die Äußerung wirklich so ernst gemeint und nicht vor allem als Kritik an den nicht bezahlten Überstunden aufzufassen ist. Schwere Disziplinarmaßnahmen - wie insbesondere die Entfernung aus dem Dienst - könnten daher gegen den auch im Beamtenrecht geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.

 

Sowohl Arbeitnehmer wie Beamte sollten sich darüber im Klaren sein, dass Facebook keine rechtsfreie Zone sind. Postings können häufig von Dritten mitgelesen werden. Dies gilt auch dann, wenn nur die sogenannten Facebook Freunde Zugang zum Profil haben. Insbesondere unwahre oder bewusst rufschädigende Postings in Form der sogenannten Schmähkritik sind fehl am Platze - wobei die Grenze zur legitimen Meinungsäußerung hier oft vage und von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig ist. Ebenso wenig dürfen normalerweise Dienstgeheimnisse ausgeplaudert werden. Das Drücken des gefällt-mir-Buttons kann dabei ebenso beurteilt werden wie ein eigenes Posting.

 

Von daher kann aufgrund der fehlenden einschlägigen Rechtsprechung nur zur Vorsicht geraten werden. Betroffene sollten sich - beispielsweise bei unbezahlten Überstunden - besser von Rechtsanwälten und Gewerkschaften darüber beraten lassen, inwieweit sie ihre Ansprüche gerichtlich geltend machen können. Hieraus darf ihnen aufgrund des Maßregelungsverbotes kein Nachteil erwachsen.

 

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