Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Dienstvergehen

Normen

BDG

§ 77 BBG

§ 47 BeamtStG

Beamtengesetze der Länder

§ 95 BNotO

§ 23 SG

§ 17 SG

WDO

WDOBezV (Verordnung zur Bestimmung der Bezüge im Sinne der Wehrdisziplinarverordnung)

TrDGV

Information

1 Allgemein

Ein Dienstvergehen ist eine schuldhafte Verletzung der Dienstpflichten oder des außerdienstlichen Verhaltens durch Beamte, Soldaten, Zivildienstleistende, Richter oder Notare.

Welche Verletzung von Dienstpflichten als Dienstvergehen anzusehen ist, bestimmt sich nach den für das jeweilige Dienstverhältnis geltenden Vorgaben. Die Ahndung eines Dienstvergehens erfolgt mittels einer Disziplinarmaßnahme. Die Verfolgung von Dienstvergehen erfolgt vor den entsprechenden Disziplinargerichten.

2 Beamte

2.1 Rechtsgrundlagen und Maßstab

Das Dienstvergehen eines Beamten ist in § 77 BBG bzw. § 47 BeamtStG geregelt. Die meisten Vorschriften der Landesbeamtengesetze verzichten neuerdings auf eine gesonderte Regelung in den Beamtengesetzen der Länder, so auch NRW:

Die Voraussetzungen eines Dienstvergehens bzw. der Nichterfüllung von beamtenrechtlichen Pflichten sind im LGB NRW nicht mehr geregelt. Gemäß § 47 BeamtStG begehen Beamte ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nach dieser Vorschrift nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Gemäß § 13 LDG NRW ergeht die Entscheidung über die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild der Beamtin oder des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt worden ist.

2.2 Arten der zu beachtenden Beamtenpflichten

Bei den von dem Beamten einzuhaltenden Pflichten ist zwischen den allgemeinen und den besonderen Beamtenpflichten zu unterscheiden. Die allgemeinen Beamtenpflichten sind durch die Verwendung einer Generalklausel gekennzeichnet.

2.3 Inner- und außerdienstliches Verhalten

Bei der Frage, inwieweit das Verhalten des Beamten als Dienstvergehen zu werten ist, ist zu unterscheiden, ob es sich um einen innerdienstlichen oder außerdienstlichen Pflichtenverstoß oder um das Verhalten eines Ruhestandsbeamten handelt:

  • Innerdienstliches Verhalten des aktiven Beamten:

    Schuldhafte Verletzung der dem Beamten obliegenden Pflichten.

  • Außerdienstliches Verhalten des aktiven Beamten: Das Verhalten ist nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in einer für Amt des Beamten oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Maßstab für die Beurteilung des außerdienstlichen Verhaltens ist nach einer Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nunmehr folgender Grundsatz: "Außerdienstliches Verhalten von Beamten ist nur disziplinarwürdig, wenn es zur Beeinträchtigung des berufserforderlichen Vertrauens führen kann. Dies ist insbesondere bei vorsätzlich begangenen Straftaten sowie bei Vorliegen eines Bezuges zwischen dem Pflichtenverstoß und dem Amt des Beamten anzunehmen. Anknüpfungspunkt hierfür ist das Amt im statusrechtlichen Sinn" (BVerwG 18.06.2015 - 2 C 9/14).

  • Verhalten eines Ruhestandsbeamten oder eines früheren Beamten mit Versorgungsbezügen: Verhalten entsprechend einer der in § 77 Abs. 2 BBG aufgeführten Verhaltensweisen.

Abgrenzung:

Die Kriterien für die Bestimmung des Verhaltens als außerdienstlich oder innerdienstlich wurden erstmals mit dem Urteil BVerwG 05.11.1968 - I D 19/68 festgesetzt:

"Als taugliches Unterscheidungsmerkmal kann nicht die formale Dienstbezogenheit des Verhaltens dienen, d.h. die Unterscheidung danach, ob der Beamte während der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit gehandelt hat oder nicht. Denn auch ein Beamter, der z.B. nach Beendigung seines Dienstes mit dem ihm anvertrauten Dienstfahrzeug eine Schwarzfahrt durchführt oder der nach Dienstschluß im Dienstgebäude mit Freunden ein Zechgelage veranstaltet, begeht keineswegs ein außerdienstliches, sondern ein innerdienstliches Dienstvergehen. Es kommt somit nicht auf die formale, sondern auf die materielle Dienstbezogenheit des Verhaltens an, d.h. darauf, ob durch das Verhalten irgendwelche innerdienstlichen Pflichten verletzt werden oder nicht. Nur dann, wenn sich das Verhalten als das eines Privatmannes ansehen läßt, ist es ein außerdienstliches; sonst ist es als innerdienstliches zu würdigen".

2.4 Disziplinarverfahren

Bei der Beurteilung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens bzw. das Vorliegen eines Dienstvergehens ist auch auf das bisherige dienstliche und innerdienstliche Verhalten des Beamten abzustellen.

Die Ahndung des Dienstvergehens erfolgt mit einer Disziplinarmaßnahme und richtet sich für Bundesbeamte nach den Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes und für Landesbeamte/Kommunalbeamte etc. nach den Disziplinargesetzen der Länder. Zuständig sind die Disziplinargerichte.

"Disziplinarmaßnahmen setzen ein konkretes Dienstvergehen voraus. Dieses besteht nicht bereits in der "mangelnden Gewähr" dafür, dass der Beamte jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten werde, sondern erst in der nachgewiesenen Verletzung jener Amtspflicht (...).

Das bloße Haben einer Überzeugung und die bloße Mitteilung, dass man diese habe, reichen für die Annahme einer Verletzung der dem Beamten auferlegten Treuepflicht grundsätzlich nicht aus. Ein Dienstvergehen besteht erst, wenn der Beamte aus seiner politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht" (BVerwG 17.11.2017 - 2 C 25.17).

3 Notare

Gemäß § 95 BNotO begehen Notare und Notarassessoren, die schuldhaft die ihnen obliegenden Amtspflichten verletzen, ein Dienstvergehen.

Für das Disziplinarverfahren gegen Notare sieht § 96 BNotO die Anwendung der Bestimmungen des Bundesdisziplinargesetzes vor, wenn die Bundesnotarordnung keine Sonderregelungen trifft.

4 Richter

Die besonderen Pflichten von Richtern sind in den §§ 38 - 43 DRiG aufgeführt.

Das Verfahren in Disziplinarsachen für Richter entspricht gemäß § 63 DRiG dem beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren. Disziplinargericht für Bundesrichter ist gemäß § 61 DRiG ein gesonderter Senat des Bundesgerichtshofs, das Disziplinarverfahren für Richter im Landesdienst ist gemäß § 77 f. DRiG vor den Dienstgerichten der Länder zu führen.

5 Soldaten

Allgemein:

Gemäß § 23 SG begeht der aktive Soldat ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft seine Pflichten verletzt. Nach dem Ausscheiden des Soldaten mögliche Dienstvergehen sind in § 23 Abs. 2 SG aufgeführt. Als Dienstvergehen wird zudem angesehen, wenn ein Berufssoldat nach Eintritt in den Ruhestand einer erneuten Berufung in das Dienstverhältnis nicht nachkommt.

Die im Falle der Verletzung zu einem Dienstvergehen führenden Pflichten sind in §§ 6 ff. SG aufgeführt.

Verhalten im und außer Dienst:

Die Anforderungen an das Verhalten der Soldaten im und außer Dienst einschließlich für den Zeitraum nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst sind in § 17 SG normiert:

Nach der Rechtsprechung sind die Anforderungen an die Integrität eines Soldaten umso größer sind, je höher seine dienstliche Stellung ist. Zudem:

"Für die dienstliche Stellung (...) ist auch der konkrete Dienstposten maßgeblich. Es macht einen Unterschied, ob ein Oberstleutnant als Mitarbeiter eines Stabes nicht öffentlichkeitswirksam eingesetzt ist, oder ob er als Kommandeur und Standortältester verwendet wird, in dieser Funktion die Bundeswehr in einer Region repräsentiert und (...) gegenüber etwa 1.000 Soldaten und Mitarbeitern befehls- und weisungsbefugt ist" (BVerwG 25.05.2022 - WRB 2/21).

Beispiele:

Die sexuelle oder sonst ehewidrige Beziehung zu der Ehefrau eines Kameraden stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Dienstvergehen dar (BVerwG 16.04.2002 - 2 WD 43/01). Demgegenüber wurde der Einbruch in die eheähnliche Lebensgemeinschaft eines Kameraden von dem Truppendienstgericht Süd nicht als Dienstvergehen angesehen. Kein Dienstvergehen ist zudem eine außerdienstliche und einvernehmliche sexuelle Beziehung zwischen dienstgradgleichen oder dienstgradverschiedenen Soldaten.

Die sexuelle Belästigung einer untergebenen Soldatin ist nach der Entscheidung BVerwG 24.11.2005 - 2 WD 32/04 im Regelfall mit einer Dienstgradherabsetzung zu ahnden, unter Umständen kommt auch die Entfernung aus dem Dienstverhältnis in Betracht.

Verursacht ein Soldat außerdienstlich durch eine grob fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung den Tod eines Menschen, ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die Dienstgradherabsetzung (BVerwG 23.01.2020 - 2 WD 1/19).

"Die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht des § 17 Abs. 2 Satz 3 SG verlangt von einem verheirateten/verpartnerten und als solchen identifizierbaren Bataillonskommandeur, dass er bei der Inanspruchnahme von Partnerschaftsvermittlungsdiensten für sexuelle Zwecke bei der äußeren Gestaltung und Formulierung von Internetauftritten auf Integritätserwartungen Rücksicht nimmt" (BVerwG 25.05.2022 - WRB 2/21).

Verfahrensordnung und Gerichte:

Das Disziplinarverfahren zur Ahndung des Dienstvergehens richtet sich nach der Wehrdisziplinarordnung. Disziplinargerichte für Soldaten sind gemäß § 68 WDO:

metis