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Verhältnismäßigkeit

Normen

§ 242 BGB

§ 24 OWiG

§ 62 StGB

§ 74f StGB

§ 17 BImSchG

Polizeigesetze der Länder

Information

1 Allgemein

Der Verhältnismäßigkeitgrundsatz ist aus dem im Grundgesetz verankertem Rechtsstaatsprinzip und "aus dem Wesen der Grundrechte selbst" hergeleitet worden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat daher Verfassungsrang.

Nach der von der Rechtsprechung entwickelten Definition ist ein Handeln verhältnismäßig, wenn es geeignet, erforderlich und angemessen ist.

Die Merkmale bedeuten im Einzelnen:

  • Geeignetheit: Wenn durch die Maßnahme der gewünschte Erfolg erreicht werden kann.

  • Erforderlichkeit: Wenn kein milderes, also weniger belastendes Mittel den gleichen Erfolg erreichen könnte.

  • Angemessenheit: Nachteil und erstrebter Erfolg müssen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen.

2 Im Vertragsrecht / Arbeitsrecht

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hat mit der Regelung von Treu und Glauben in § 242 BGB eine gesetzliche Grundlage erhalten.

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz findet auch im Arbeitsrecht Anwendung, so z.B. bei der verhaltensbedingten Kündigung, der Abmahnung oder der außerordentlichen Kündigung.

Beispiel:

"Auch wenn eine Arbeitnehmerin schon über Jahre hinweg mit ihrer negativen Ausstrahlung, ihrer missglückten und teilweise aggressiven Kommunikation und ihrem herrischen Verhalten gegenüber gleichrangigen Kolleginnen und Kollegen das Betriebsklima vergiftet hat oder haben soll, hat die Arbeitgeberin grundsätzlich mildere Mittel, insbesondere das Erfordernis einer Abmahnung, die Kommunikationswerkzeuge der Organisationsentwicklung sowie die im SGB IX vorgesehenen Maßnahmen zu prüfen und anzuwenden, bevor sie gegenüber der schwerbehinderten Mitarbeiterin eine Kündigung ausspricht" (LAG Köln 22.04.2021 - 6 Sa 790/20).

3 Im öffentlichen Recht

Dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit unterliegt jedes staatliche Handeln (vom Gesetz bis zum Verwaltungsakt).

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (auch Übermaßverbot genannt) zwingt den staatlich Handelnden (i.d.R. die Behörden) einen Ausgleich der Individualrechtsgüter mit den von den öffentlich-rechtlichen Normen geschützten Allgemeingütern oder Interessen privater Dritter herzustellen und erfordert ein je nach Rechtsverstoß und Schwere des Eingriffs abgestuftes Vorgehen.

Eine staatliche Maßnahme verstößt insbesondere dann gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, ist also unverhältnismäßig, wenn sie erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht, die durch sie herbeigeführten Nachteile also deutlich größer sind, als diejenigen, die durch sie abgewendet werden sollen.

Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist gesetzlich im öffentlichen Recht nicht allgemein geregelt, eine spezielle Normierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes enthalten aber u.a. die allgemeinen Polizei- und Ordnungsgesetze der Länder (vgl. § 2 PolG NRW, § 15 OBG NW; § 5 PolG BW), das Strafgesetzbuch (z.B. § 62 StGB), das Bundesimmissionsschutzgesetz (§ 17 Abs. 2 BImSchG) und die Vewaltungsvollstreckungsgesetze (z.B. § 58 VwVfG. NRW; § 19 LVwVG BW).

Mithilfe des Verhältnismäßigkeitsprinzips kann insbesondere geprüft werden, ob die Verwaltung die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten hat (Ermessensfehler).

Ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt, ist das betreffende staatliche Handeln rechtswidrig und kann mit den zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen erfolgreich angefochten werden.

metis