ArbG Bochum: Arbeitgeber muss sich abfällige Facebook-Postings gefallen lassen

Internet, IT und Telekommunikation
14.08.2012394 Mal gelesen
Das Arbeitsgericht Bochum hat die Bezeichnung eines Arbeitgebers als “Drecksladen” und “armseliger Saftladen” als zulässig angesehen. Trotzdem sollten Arbeitnehmer mit solchen Äußerungen in sozialen Netzwerken vorsichtig sein. Das gilt auch dann, wenn die Postings nur von „Freunden“ gelesen werden können.

Vorliegend waren zwei Arbeitnehmer bei einem ambulanten Pflegedienst als Pflegekräfte tätig gewesen. Nach ihrer Krankschreibung kündigte der Arbeitgeber ihnen noch während der Probezeit.

 

Die beiden ehemaligen Beschäftigten tauschten sich daraufhin über eines ihrer Facebook-Profile aus und ließen dabei ihrem Frust freien Lauf. Sie bezeichneten ihren früheren Arbeitgeber "A 1" unter anderem als "Drecksladen" und "armseliger Saftladen". Nachdem das Unternehmen von diesen Postings erfahren hatte, ging es dagegen im Wege der Unterlassungsklage vor.

 

Das Arbeitsgericht Bochum die Klage des ehemaligen Arbeitgebers mit Urteil vom 09.02.2012 (Az. 3 Ca 1203/11) ab. Zwar handelt es sich bei diesen Äußerungen um Beleidigungen. Diese sind aber hier nach Auffassung der Richter noch von der Meinungsfreiheit gedeckt, weil die Grenze zur Schmähkritik noch nicht überschritten worden sei. Entscheidend war dabei für das Gericht, dass der Dialog aufgrund der gewählten Einstellungen im Profil nur von "Freunden" verfolgt werden konnte. Hier muss der Arbeitnehmer davon ausgehen dürfen, dass der Inhalt nicht an Dritte weitergegeben wird. Denn es handelt sich laut Arbeitsgericht Bochum nur um einen "überschaubaren Kreis", in dem man sich auch etwas drastischer ausdrücken darf. Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass der Arbeitgeber aufgrund der gewählten Kürzel "A 1" nur für Insider erkannt werden konnte.

 

Bei diesem Urteil ist zu berücksichtigen, dass sie nicht rechtskräftig geworden ist. Vielmehr ist gegen die Entscheidung ein Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamm unter dem Aktenzeichen 5 Sa 451/12 anhängig ist. Die mündliche Verhandlung findet voraussichtlich am 15.08.2012 statt. Wir sind gespannt, wie die Sache ausgeht. Unabhängig davon sind solche Äußerungen bei Facebook sehr heikel. Denn wie die Gerichte entscheiden, kann kaum vorhergesehen werden. Die konkreten Umstände des Einzelfalles spielen eine große Rolle. Inwieweit Äußerungen unter Facebook "Freunden" als vertraulich angesehen werden können, erscheint fragwürdig. Denn in vielen Profilen ist dieser Kreis alles andere als überschaubar und daher nicht mit persönlichen Freunden vergleichbar. Als Beschäftigter müssen Sie womöglich mit einer fristlosen Kündigung ohne vorhergehende Abmahnung rechnen. Ebenso kommt eine Strafanzeige wegen Beleidigung oder Verleumdung infrage.

  

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