Probezeit
§ 2 Abs. 4 TVöD
§ 30 Abs. 4 TVöD
1 Allgemein
Eine Probezeit ist ein begrenzter Zeitraum zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses, während dessen für beide Parteien erleichterte Kündigungsmöglichkeiten bestehen.
Eine Probezeit (im weiteren Sinne) kann auf zwei Wegen vereinbart werden: Sie kann als ein Probearbeitsverhältnis abgeschlossen werden mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Frist automatisch endet, sofern die Parteien keinen weiteren Arbeitsvertrag abgeschlossen haben.
Üblich ist der zweite Weg: Innerhalb des regulären Arbeitsvertrages wird eine Probezeit vereinbart.
Mit Ausnahme des Berufsausbildungsverhältnisses müssen die Arbeitsvertragsparteien die Geltung einer Probezeit ausdrücklich vereinbaren. Ohne eine gesonderte Vereinbarung unterliegt das Arbeitsverhältnis keiner Probezeit.
2 Dauer der Probezeit
Die Dauer der Probezeit kann grundsätzlich individuell vereinbart werden, es sei denn in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ist eine bestimmte Dauer vorgesehen.
Die erleichterten Kündigungsvoraussetzungen (s.u.) gelten jedoch nur bei Probezeiten von bis zu sechs Monaten:
Mit dem Ablauf von sechs Monaten unterliegt der Arbeitnehmer bei Vorliegen der Voraussetzungen dem Kündigungsschutz.
Zudem unterliegt ab dem siebten Monat das Arbeitsverhältnis mindestens der gesetzlichen Kündigungsfrist, es sei denn die Voraussetzungen des § 622 Abs. 4 BGB sind gegeben.
Dies gilt auch dann, wenn zwischen den Arbeitsvertragsparteien unmittelbar anschließend an einen Arbeitsvertrag ein neuer Arbeitsvertrag mit geänderten Inhalt abgeschlossen wird. In diesem Fall kann nicht erneut eine Probezeit mit abgekürzter Kündigungsfrist vereinbart werden (LAG Baden-Württemberg 28.02.2002 4 Sa 68/01).
Eine (einvernehmliche) Verlängerung der Probezeit ist zwar grundsätzlich möglich, jedoch ebenfalls ab dem siebten Monat aufgrund der oben genannten Gründe wirkungslos.
Grundsätzlich möglich ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und der anschließende Abschluss eines Probearbeitsverhältnisses. Jedoch muss die Dauer eines Probearbeitsverhältnisses angemessen sein. Bei der Prüfung der Angemessenheit wird die zuvor abgelegte Probezeit mit berücksichtigt, sodass der Abschluss eines Probearbeitsverhältnisses nur durch die besonderen Anforderungen der Tätigkeit oder der Person des Arbeitnehmers gerechtfertigt werden kann.
3 Unwirksamkeit einer Probezeitvereinbarung
Die Befristung eines Arbeitsvertrags zum Ende der Probezeit als solche ist eine im Arbeitsleben übliche Vertragsgestaltung und in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG ausdrücklich gesetzlich vorgesehen. Deshalb ist in einem Arbeitsvertrag unter der Überschrift "Probezeit" nicht nur eine Regelung zu abgekürzten Kündigungsfristen zu erwarten, sondern grundsätzlich auch eine Befristung zum Ende der Probezeit.
Dennoch kann eine Probezeitbefristung als überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB anzusehen sein und unwirksam sein (BAG 16.04.2008 - 7 AZR 132/07).
4 Kündigungsfristen
Eine bis zu sechs Monate dauernde Probezeit kann gemäß § 622 Abs. 3 BGB mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist (14 Tage) gekündigt werden (BAG 24.01.2008 - 6 AZR 519/07). Dies gilt auch dann, wenn in dem Arbeitsvertrag nur die Probezeit vereinbart wurde und die Kündigungsfrist nicht gesondert erwähnt wird.
Ob eine längere Kündigungsfrist als zwei Wochen vereinbart werden sollte, ist durch Auslegung zu ermitteln (LAG Hessen 14.05.2012 17 Sa 15/12). Dabei hat das BAG in der Entscheidung BAG 23.03.2017 - 6 AZR 705/15 hohe Anforderungen an die Geltung der zweiwöchigen Kündigungsfrist (14 Tage) gestellt.
"Wird in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer Klausel eine Probezeit und in einer anderen Klausel eine Kündigungsfrist festgelegt, ohne dass unmissverständlich deutlich wird, dass diese ausdrücklich genannte Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, ist dies von einem durchschnittlichen Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon von Beginn des Arbeitsverhältnisses an nur mit dieser Kündigungsfrist, nicht aber mit der zweiwöchigen Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB kündigen kann."
Die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist ist nur durch eine tarifvertragliche Regelung möglich. Einzelvertraglich kann eine längere Kündigungsfrist vereinbart werden. Der Kündigende braucht keinen festen Kündigungstermin einzuhalten, das Arbeitsverhältnis kann jederzeit auslaufen. Zu beachten ist, dass der Tag, an dem die Kündigung ausgesprochen wird, zur Fristberechnung nicht mitzählt.
Beispiel:
Kündigung am 10.06., Ende des Arbeitsverhältnisses am 24.06.
Die kurze Kündigungsfrist ist bis zum letzten Tag der Probezeit anwendbar. In diesem Fall endet das Arbeitsverhältnis nach der Probezeit:
Beispiel:
Ende der Probezeit: 30.06., Zugang der Kündigung: 30.06, Ende des Arbeitsverhältnisses (bei zweiwöchiger Kündigungsfrist): 14.07.
Soll die Probezeit länger als sechs Monate dauern, dann untersteht der Arbeitnehmer mit Beginn des siebenten Monats der vierwöchigen Grundkündigungsfrist.
5 Klagefrist
Bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Probezeit muss der Arbeitnehmer gemäß §§ 4, 7, 13 KSchG innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage einreichen (BAG 28.06.2007 - 6 AZR 873/06).
6 Öffentlicher Dienst
Bei einem dem TVöD unterliegenden Arbeitsverhältnis gelten gemäß § 2 Abs. 4 TVöD die ersten sechs Monate als Probezeit. Die Arbeitsvertragsparteien können jedoch auch eine kürzere Probezeit vereinbaren.
Besonderheiten bestehen gemäß § 30 Abs. 4 TVöD bei einem befristeten Arbeitsverhältnis:
Befristete Arbeitsverträge ohne sachlichen Grund unterliegen einer Probezeit von sechs Wochen.
Befristete Arbeitsverträge mit sachlichen Grund unterliegen einer Probezeit von sechs Monaten.
Innerhalb der Probezeit kann der Vertrag mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsende gekündigt werden.
7 Berufsausbildungsverhältnis
Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt gemäß § 20 BBiG zwingend mit einer ein- bis viermonatigen Probezeit.
Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist bei Vereinbarung eines rechtlich neuen Berufsausbildungsverhältnisses unzulässig, wenn zu einem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt (BAG 12.02.2015 - 6 AZR 831/13).
8 Besonderer Kündigungsschutz
Die Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin ist auch während der Probezeit unwirksam (Mutterschutz).
Unabhängig von der Vereinbarung einer Probezeit besteht gemäß § 173 SGB IX der besondere Kündigungsschutz von schwerbehinderten Arbeitnehmern nicht für Personen, deren Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht.