Amtsträger
1 Deutsche Amtsträger
Der strafrechtliche Begriff des Amtsträgers ist in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB legal definiert: Der Amtsträgerbegriff erfasst danach folgende Personengruppen:
Beamte oder Richter (auch ehrenamtliche Richter)
Personen, die in einem sonstigen öffentlich-rechtlichem Amtsverhältnis stehen (Notare, Minister)
Personen, die dazu bestellt sind, bei einer Behörde oder einer sonstigen Stelle oder im Auftrag der Behörde Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen (d.h. die sonstigen Beschäftigten im öffentlichen Dienst)
Praktische Bedeutung hat die Amtsträgereigenschaft insbesondere als eine der Tatbestandsvoraussetzung für die Strafdelikte der Bestechlichkeit/Bestechung gemäß §§ 332 ff. StGB.
Rechtsprechung:
Keine Amtsträger im obigen Sinne sind kirchliche Amtsträger.
In dem Urteil BGH 09.05.2006 - 5 StR 453/05 entschied der BGH, dass kommunale Mandatsträger grundsätzlich keine Amtsträger sind. Etwas anderes gelte nur, wenn sie mit konkreten Verwaltungsaufgaben betraut sind, die über ihre Mandatstätigkeit in der kommunalen Volksvertretung und den dazugehörigen Ausschüssen hinausgehen.
Nach der Entscheidung BGH 02.12.2005 - 5 StR 119/05 sind privatwirtschaftliche Unternehmen der Daseinsvorsorge (z.B. zur Abfallentsorgung) keine sonstigen Stellen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB, wenn an ihnen ein Privater in einem Umfang beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann.
Ein in einem öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnis stehender Schulsekretär, der nach der internen Aufgabenverteilung allein für das Bestell- und Zahlwesen einer Schule zuständig ist, ist auch dann Amtsträger, wenn er nicht nach außen als Entscheidungsträger auftritt, sondern nur faktisch die Entscheidung darüber trifft, welche Bestellungen realisiert, welche Zulieferer beauftragt und dass Zahlungen angewiesen werden (BGH 13.01.2016 - 2 StR 148/15).
Ein mit der Rückabwicklung von notleidenden Krediten beauftragter Sparkasssenangestellter ist kein Amtsträger (BGH 11.12.2019 - 5 StR 486/19).
2 Europäische Amtsträger
Der Amtsträgerbegriff wurde um den Europäischen Amtsträgerbegriff erweitert. Die Definition ist in § 11 Abs. 1 Nr. 2a StGB eingefügt:
Nach Buchstabe a gehören zu den Europäischen Amtsträgern neben den Mitgliedern eines Gerichts der Europäischen Union die Mitglieder der Europäischen Kommission sowie der Europäischen Zentralbank und des Rechnungshofes der EU. Gerichte der Europäischen Union sind etwa der Gerichtshof der Europäischen Union, das Gericht der Europäischen Union sowie das Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union. Zukünftig können weitere dem Gericht beigeordnete Fachgerichte der EU für Sonderbereiche hierunter fallen.
Europäische Amtsträger im Sinne des Buchstaben b sind alle Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Union oder der Einrichtungen, die auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffen wurde.
Buchstabe c bezieht alle Personen in den Begriff des Europäischen Amtsträgers ein, die beauftragt sind, Aufgaben der Europäischen Union oder der auf Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtungen wahrzunehmen. Es handelt sich dabei zum einen um eine Auffangbestimmung für - etwa im Rahmen von Werkverträgen - beauftragte Personen im Sinne des Unionsrechts, die funktionell Bediensteten gleichzustellen sind. Auch Mitglieder von Einrichtungen der EU werden von Buchstabe c erfasst. Mitglieder des Europäischen Parlaments, des Europäischen Rates und des Rates stehen nicht in einem Auftragsverhältnis zur Europäischen Union und sind (mit Ausnahme des Präsidenten der Europäischen Kommission, siehe Buchstabe a) keine Europäischen Amtsträger. Mitglieder des Europäischen Parlaments werden als Mandatsträger von § 108e StGB erfasst (Abgeordnetenbestechung).
Eine Bestrafung wegen Bestechlichkeit eines Amtsträgers eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union setzt eine zweistufige Prüfung der Amtsträgerschaft voraus. Zunächst ist seine Stellung nach dem Recht des anderen Mitgliedstaats zu beurteilen und bejahendenfalls (kumulativ) nach deutschem Recht (BGH 10.06.2015 - 1 StR 399/14).