Europäisches Parlament
Art. 223 ff. AEUV
1 Europäisches Parlament
Das Europäische Parlament (EP) ist eines der Organe der Europäischen Union.
Alle fünf Jahre werden die Abgeordneten des Europäischen Parlaments neu gewählt. Die letzte Europawahl wurde am 9. Juni 2024 durchgeführt.
In den Mitgliedsstaaten bestimmen sich die Wahlen nach dem Verhältniswahlrecht.
Rechtsgrundlagen sind Art. 14 EUV, die Art. 223 – 234 AEUV sowie die Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments. In der Geschäftsordnung werden die interne Organisationsstruktur und die Arbeitsweise dieses Organs beschrieben.
Das Parlament hat sein Generalsekretariat in Luxemburg, Plenarsitzungen finden in Straßburg, Ausschussberatungen in Brüssel statt.
Das Europäische Parlament hat folgende Aufgaben und Rechte:
Politische Rechte
Kontrollrechte
Haushaltsrechte
Beratungsrechte
Legislativrechte
Rechte in den Außenbeziehungen
2 Mitglieder
Das Europäische Parlament setzt sich gemäß Art. 14 Abs. 2 EUV aus Vertretern der Unionsbürger zusammen. Derzeit besteht das Parlament aus 721 Abgeordneten. Die Höchstzahl pro Land liegt bei 96 Abgeordneten, die Mindestzahl pro Land bei 6 Abgeordneten.
Die Mitglieder des Europäischen Parlaments müssen ihr Mandat frei und unter Beachtung der Unvereinbarkeiten ausüben, die im Akt vom 20. September 1976 (geändert durch den Beschluss 2002/772/EG) genannt sind. Sie genießen die im Protokoll Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der EU genannten Vorrechte und Befreiungen.
Die Bürger sind im Europäischen Parlament degressiv proportional vertreten (die Anzahl der Abgeordneten steigt mit der Bevölkerungszahl eines Landes, in bevölkerungsreichen Ländern entfallen auf einen Abgeordneten aber mehr Wählerstimmen), mindestens jedoch mit sechs Mitgliedern je Mitgliedstaat vertreten.
3 Leitungsgremium
Leitungsgremien des Europäischen Parlaments sind:
Das Präsidium:
Es besteht aus dem Präsidenten, den 14 Vizepräsidenten und den 5 Quästoren (mit nur einer beratender Stimme). Die Quästoren sind mit Verwaltungs- und Finanzaufgaben betraut, die die Mitglieder direkt betreffen.
Der Aufgabenbereich erstreckt sich auf die finanziellen, administrativen und organisatorischen Angelegenheiten des Europäischen Parlaments.
Die Konferenz der Präsidenten:
Sie besteht aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden der Fraktionen und einem fraktionslosen Mitglied des Europäischen Parlaments, das ohne Stimmrecht an der Konferenz teilnimmt.
Sie beschließt über die Arbeitsorganisation des Parlaments und Fragen im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsprogramm, stellt die Tagesordnung für die Tagungen des Parlaments auf, bestimmt die Zusammensetzung und die Zuständigkeiten der Ausschüsse und ist zuständig für die Genehmigung der Initiativberichte. Die Konferenz der Präsidenten sichert ferner die Beziehungen zu den anderen Organen und Institutionen der EU sowie zu Drittländern und zu Institutionen oder Organisationen außerhalb der Europäischen Union.
4 Ausschüsse
Es bestehen folgende Formen von Ausschüssen:
Ständige Ausschüsse:
Die eingerichteten ständigen Ausschüsse sind in der Anlage VII der Geschäftsordnung aufgeführt.
Sonderausschüsse:
Das Parlament kann jederzeit auf Vorschlag der Konferenz der Präsidenten Sonderausschüsse einsetzen, deren Zuständigkeiten, Zusammensetzung und Mandatszeit gleichzeitig mit dem Beschluss zu ihrer Einsetzung festgelegt werden. Die Mandatszeit darf zwölf Monate nicht überschreiten, es sei denn das Parlament verlängert die Mandatszeit bei deren Ablauf.
Untersuchungsausschüsse:
Zur Prüfung von behaupteten Verstößen gegen das Unionsrecht oder Missständen bei der Anwendung desselben, die einem Organ oder einer Einrichtung der Europäischen Union, einer Behörde eines Mitgliedstaates oder Personen, die durch das Unionsrecht mit dessen Anwendung beauftragt wurden, zur Last gelegt werden, kann das Parlament auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder einen Untersuchungsausschuss einsetzen.
5 Politische Rechte
Politische Debatten
Beteiligung an der politischen Zusammenarbeit zwischen den europäischen Ländern
Petitionsantworten
6 Kontrollrechte
Die stärksten Kontrollrechte hat das Europäisches Parlament gegenüber der Europäischen Kommission: Eine neue Kommission und ihr Präsident können von den Regierungen der EU-Staaten erst nach Zustimmung des Europäischen Parlaments ernannt werden. Das Parlament kann darüber hinaus die Kommission im Ganzen (also nicht einzelne Mitglieder) durch Misstrauensvotum zum Rücktritt zwingen.
Zudem hat das Europäische Parlament das Recht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, der Hinweise auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht prüft. Das Parlament hat außerdem einen Europäischen Bürgerbeauftragten gewählt, der sich um Beschwerden der Unionsbürger über Missstände in der europäischen Verwaltung kümmert.
7 Haushaltsrechte
In der EU bilden Parlament und Rat gemeinsam die Haushaltsbehörde:
Das Europäische Parlament entscheidet über Ausgaben, die sich nicht aus Vertragsverpflichtungen ergeben (»nichtobligatorische Ausgaben«). Sie machen etwa die Hälfte der Ausgaben aus und sind für die Weiterentwicklung der EU besonders wichtig, insbesondere die Sozial- und Regionalpolitik, Forschung, Umwelt, nicht aber die Agrarpolitiken.
Mit dem Vertrag von Lissabon erhielt das Europäische Parlament mehr Befugnisse bei der Genehmigung des Haushalts.
8 Beratungsrechte
Es besteht eine Mitwirkung in Anhörungsverfahren.
9 Legislativrechte
Das Europäische Parlament hat in den meisten Fällen der EU-Gesetzgebung ein unmittelbares Mitwirkungsrecht, in wichtigen Politikfeldern sogar gleichberechtigt mit dem Ministerrat ein Mitentscheidungsrecht, z.B. bei Rechtsakten in den Bereichen Binnenmarkt, Kultur, Bildung, Gesundheit, Forschung und Umwelt.
Mit dem Vertrag von Lissabon wurde das Europäische Parlament gleichberechtigter Gesetzgeber der Europäischen Union.
Verfahren, bei denen sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament mitentscheiden, werden als »ordentliche Gesetzgebungsverfahren« bezeichnet. Sie wurden auf weitere Politikbereiche wie Freiheit, Sicherheit und Justiz ausgedehnt.
10 Rechte in den Außenbeziehungen
Völkerrechtliche Verträge der EU, wie Beitrittsbeschlüsse und Assoziierungsabkommen, können nur in Kraft treten, wenn das Europäische Parlament zugestimmt hat. Das Europäische Parlament ist auch an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) beteiligt. Es muss zu Fragen der GASP gehört werden. Der Ratsvorsitz hat darauf zu achten, dass Stellungnahmen des Europäischen Parlaments gebührend berücksichtigt werden.