Vertrag von Lissabon
LissabonV
1 Hintergrund
Die Staats- und Regierungschefs sowie die Außenminister der EU unterzeichneten am 13. Dezember 2007 in Lissabon einen weiteren EU-Reformvertrag, den Vertrag von Lissabon.
Als Ersatz für die gescheiterte EU-Verfassung und als Nachfolgevertrag für den Vertrag von Nizza sollte das EU-Recht reformiert und an die geänderte Situation nach dem Beitritt der osteuropäischen Staaten angepasst werden.
Rechtsgrundlage des EU-Rechts sind der EU-Vertrag und der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union:
Mit dem Vertrag von Lissabon blieb es grundsätzlich bei der Beibehaltung des Vertragssystems EU-Vertrag/EG-Vertrag, die Inhalte des Lissabon-Vertrages wurden in die bestehenden Verträge eingebaut. Die Bezeichnung des EG-Vertrages wurde dabei in »Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union« geändert. In beide Verträge wurde der Inhalt der seinerzeit geplanten EU-Verfassung einbezogen.
2 Inhalte
Mit dem Vertrag von Lissabon ist es u.a. zu folgenden Änderungen kommen:
Struktur/Organisation:
Die Europäische Union hat die Rechtsstellung der Europäischen Gemeinschaft übernommen.
Die Europäische Zentralbank ist zu einem Organ der EU geworden.
Auch der Europäische Rat, d.h. die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EU, wird ein Organ der EU. Der Vorsitz wird einem Ratspräsidenten erteilt, der für 2,5 Jahre gewählt wird.
Die Europäische Atomgemeinschaft ist aus der Europäischen Union ausgegliedert worden.
Die Zahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments wurde seit 2014 von 754 auf 750 reduziert.
Die Zahl der EU-Kommissare wurde ab 2014 auf zwei Drittel der Zahl der Mitgliedsstaaten verringert.
Das Amt des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wurde in das Amt des »Hohen Vertreters für die Außen- und Sicherheitspolitik« umgewandelt.
Organisation der politischen Arbeit:
Die Abstimmungsmodalitäten im Rat der Europäischen Union werden wie folgt geändert:
Viele Beschlüsse, die bisher noch einstimmig gefasst werden müssen, erfordern zukünftig nur noch eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 55 % der Mitgliedstaaten, die mindestens 65 % der europäischen Bevölkerung auf sich vereinen müssen.
Es wurde die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens (Bürgerinitiative) eingeführt. Es wird als Europäische Bürgerinitiative bezeichnet: Wenn mindestens eine Million Bürger ein Gesetzgebungsverfahren einleiten wollen, muss die Europäische Kommission tätig werden.
Die Kompetenzen des Europäischen Parlaments wurden erweitert: Das Europäische Parlament entscheidet gleichberechtigt über eingebrachte Gesetzentwürfe sowie den EU-Haushalt.
Die Ratspräsidentschaft im Europäischen Rat dauert 36 Monate statt wie zuvor 6 Monate dauern.
Die Zuständigkeiten zwischen EU und Nationalstaaten wurden stärker abgegrenzt (Subsidiaritätsprinzip).
Inhalte der Arbeit:
Die Bekämpfung des Klimawandels wurde als allgemeines Ziel festgelegt.
Die Charta der Grundrechte wurde von den Mitgliedstaaten ausdrücklich anerkannt. Ausnahmen gelten für Großbritannien und Polen.