Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund prüft sozialversicherungsrechtlichen Status von Sozialpädagogen und anderen Fachkräften in der Jugendhilfe

Staat und Verwaltung
27.09.20093778 Mal gelesen
Aus gegebenem Anlass weisen wir darauf hin, dass die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund in mehreren Fällen den sozialversicherungsrechtlichen Status von Sozialpädagogen, sozialpädagogischen Familienhelfern, Erziehungsbeiständen etc. prüft, die in der öffentlichen oder privaten Jugendhilfe tätig sind (sog. Anfrageverfahren oder auch Statusfeststellungsverfahren, § 7a SGB IV). In den uns vorliegenden Anschreiben verweist die Clearingstelle auf einen angeblichen Antrag, von dem aber nicht klar ist, wer ihn gestellt hat. Deshalb ist in Einzelfällen zweifelhaft, ob die Verfahren überhaupt ordnungsgemäß eingeleitet wurden. Eine Statusklärung erfolgt grundsätzlich nur auf Antrag. Antragsberechtigt sind gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV "die Beteiligten". Dies sind nur die Vertragspartner - also der Auftraggeber und der Auftragnehmer beziehungsweise der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. In den uns bekannten Verfahren wurden die Anträge weder von den angeschriebenen Mitarbeitern noch von den Jugendhilfeträgern und auch nicht von der Einzugsstelle, die in bestimmten Ausnahmefällen ein eigenes Antragsrecht hat, gestellt. Die Deutsche Rentenversicherung nennt in ihren Anschreiben die Person des Antragstellers nicht. 
 
Dieses Vorgehen weckt die Vermutung, dass die Clearingstelle die Tätigkeiten in der Jugendhilfe als Gesamtkomplex aufgreift, um über die Feststellung neuer  sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse neue Beitragsforderungen begründen zu können. Zum einen könnte es darum gehen, freie Mitarbeiter herauszufiltern und diese in das System der gesetzlichen Sozialversicherung einzubeziehen. Zum anderen könnte auch die Feststellung der Rentenversicherungspflicht selbständig tätiger Erzieher das Ziel des Verfahrens sein.
 
Im Rahmen  der Anfrage verlangt die Clearingstelle die Beantwortung eines Fragenkataloges. Die Beantwortung muss mit größter Aufmerksamkeit erfolgen. Denn die Fragen können zu Irritationen führen, weil sie nicht streng an den Kriterien folgen, mit deren Hilfe die Sozialgerichtsbarkeit üblicherweise den sozialversicherungsrechtlichen Status klärt. So berücksichtigt der Fragenkatalog. z.B. nicht hinreichend das für die Zusammenarbeit zwischen öffentlicher und privater Jugendhilfe typische Dreiecksverhältnis zwischen öffentlichem und privatem Träger sowie Hilfeempfänger. Die Fragen lauten in den uns bekannten Fällen sinngemäss wie folgt:
  • Wie erfolgt die Vermittlung des Betreuers an die zu betreuende Person/Familie? Wird ein konkretes Betreuungsverhältnis vereinbart oder erfolgt eine Zuweisung der zu betreuenden Person/Familie seitens des Auftraggebers?
  • Sind Sie an der Erstellung des Hilfeplans maßgeblich beteiligt? In welcher Form erfolgt die Beteiligung?
  • Werden hinsichtlich der konkreten methodischen und therapeutischen Maßnahmen zur Umsetzung des Hilfeplans Vorgaben gemacht? Von wem werden die Vorgaben gemacht?
  • Werden Einführungsseminare, Fortbildungsseminare oder Supervisionen angeboten? Besteht eine Regelung hinsichtlich der Teilnahme?
  • Wie wird die Einhaltung des erstellten Hilfeplans überprüft (zum Beispiel durch schriftliche Berichtspflicht oder Besuche des Auftraggebers bei der zu betreuenden Person)?
  • Besteht die Verpflichtung, die geleistete Arbeitszeit nachzuweisen (zum Beispiel durch Arbeitszeitblätter/Wochenberichte)?
  • Wird regelmäßig an Dienst- oder Teambesprechungen teilgenommen? Besteht die Verpflichtung zur Teilnahme?
  • Besteht die Verpflichtung Urlaub genehmigen zu lassen und Krankheit zu melden?
  • Wird vom Auftraggeber während des Urlaubs oder Krankheit eine Vertretung gestellt?
  • Wie wird die Tätigkeit vergütet (Stundenlohn, Pauschalhonorar, Zahlung von Überstundenentgelten, Aufwandsentschädigungen, Fahrkosten, Sonderzahlungen)?
  • Besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall beziehungsweise auf Urlaubsvergütung?
  • Kann die vereinbarte Arbeitszeit frei aufgeteilt werden (Betreuungszeit, organisatorische Vor- und Nachbearbeitungszeit)?
  • Besteht die Verpflichtung zur Übernahme von Urlaubs- und Krankheitsvertretung?
  • Können Sie Dritte mit der Übernahme der Betreuung beauftragen (zum Beispiel in Urlaubs- oder Krankheitszeiten)?
Es empfiehlt sich, die Fragen nicht ohne Gegenkontrolle anhand des allgemeinen Kriterienkataloges der Sozialgerichtsbarkeit zu beantworten.
 
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