Endlich höchstrichterlich entschieden: Ehegatten schulden einander Auskunft auch über ihr Einkommen - zumindest in groben Zügen. ( BGH , Urteil vom 02.06.2010 Aktenzeichen XII ZR 124/08 zu BGB §§ 1605 Abs. 1, 1353 Abs. 1 Satz 2, 1360, 1360 a )

Endlich höchstrichterlich entschieden: Ehegatten schulden einander Auskunft auch über ihr Einkommen   - zumindest in groben Zügen. (  BGH , Urteil vom  02.06.2010 Aktenzeichen  XII ZR 124/08  zu  BGB §§ 1605 Abs. 1, 1353 Abs. 1 Satz 2, 1360, 1360 a )
03.12.20101319 Mal gelesen
Aus der Verpflichtung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft folgt ihr wechselseitiger Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Geschuldet wird die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Vorlage von Belegen kann nicht verlangt werden.

Seit Jahrzehnten bemühen sich Menschen, die finden, Deutschland sei nicht Saudi Arabien und Frauen sollten in unserem Land doch das eine oder andere Recht, neben dem Wahlrecht haben, auch wenn sie Frauen sind, um die Installation eines allgemeinen Informationsanspruchs unter Ehegatten über Einkommen und Vermögen des Anderen.

Das scheint am erbitterten Widerstand der männlichen Mehrheit im Deutschen Bundestag zu scheitern, Anläufe zur Gesetzesänderung versanden ganz einfach, und die Redakteure in Deutschland finden das gut, soweit männlich, rühren das Thema nicht an, um nicht als Verfechterin von Frauenthemen abgestempelt zu werden, soweit weiblich.

 

Die obergerichtliche Rechtsprechung hat einen solchen Anspruch nahezu flächendeckend verweigert.

Nach der beispielhaften Begründung des OLG München (OLGR 2000, 123) z.B. gibt es im Rahmen des Familienunterhalts keinen Auskunftsanspruch, zum Einkommen des Anderen,  weil § 1360 a Abs. 3 BGB nicht auf § 1605 BGB verweist.

 

Ein solcher Informationsanspruch ergibt sich, so nun der BGH, in der Tat  während des Zusammenlebens der Ehegatten zwar nicht aus § 1605 Abs. 1 BGB, da in den den Familienunterhalt betreffenden Bestimmungen der §§ 1360, 1360 a BGB - anders als in dem für die Zeit des Getrenntlebens maßgebenden § 1361 Abs. 4 BGB - nicht auf § 1605 BGB verwiesen wird. Ehegatten haben aber nach der Generalklausel der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) einander wenigstens in groben Zügen über die von ihnen vorgenommenen Vermögensbewegungen zu unterrichten (Senatsurteil vom 5. Juli 2000 - XII ZR 26/98 - FamRZ 2001, 23, 25; BGH Urteil vom 25. Juni 1976 - IV ZR 125/75 - FamRZ 1978, 677, 678; OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 161, 162) sowie sich über den Bestand des eigenen Vermögens zu informieren (OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1441, 1442; MünchKomm/Koch 5. Aufl. §§ 1385, 1386 Rn. 25; Staudinger/Thiele BGB [2007] § 1386 Rn. 23).

In Rechtsprechung und Schriftum ist dieser Maßstab auch auf die Verpflichtung zur Unterrichtung über das laufende Einkommen der Ehegatten übertragen worden (OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 161, 162; Staudinger/Voppel a.a.O. § 1353 Rn. 97; MünchKomm/Roth a.a.O. § 1353 Rn. 38; Wendel/Dose a.a.O. § 1 Rn. 664; Heiß/Born/Kleffmann a.a.O. Teil G Rn. 181; Palandt/Brudermüller BGB 69. Aufl. § 1353 Rn. 13).

Im Schrifttum wird allerdings auch die Auffassung vertreten, der Anspruch gehe nicht nur auf eine Information in groben Zügen, sondern umfasse dieselben Auskunftspflichten wie nach § 1605 Abs. 1 BGB. Dass der Anspruch während des Zusammenlebens der Ehegatten schwächer sein solle als im Fall des Getrenntlebens, lasse sich aus § 1353 BGB nicht ableiten (Schwab/Borth a.a.O. Kap. IV Rn. 590; Eschenbruch/Klinkhammer a.a.O. Kap. 5 Rn. 308).

Der Senat teilt im Grundsatz die zuletzt genannte Meinung. Ehegatten haben nach den §§ 1360, 1360 a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt. Dieser kann aber nur bei genauer Kenntnis der Einkommensverhältnisse des anderen Ehegatten beziffert werden. Aus der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) folgt deshalb auch der wechselseitige Anspruch, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts und eines Taschengeldes maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Seinem Umfang nach geht dieser Anspruch nicht nur auf eine Unterrichtung in groben Zügen, da eine derart eingeschränkte Kenntnis den Ehegatten nicht in die Lage versetzten würde, den ihm zustehenden Unterhalt zu ermitteln. Geschuldet wird deshalb die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Auskunftspflicht entspricht damit derjenigen, wie sie nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht. Eine solche Verpflichtung läuft nicht etwa dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme der Ehegatten zuwider; diese erfordert vielmehr gerade, den anderen ausreichend über die eigenen Einkommensverhältnisse zu unterrichten.

Nicht geschuldet wird allerdings die Vorlage von Belegen oder die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben. Eine solche Kontrollmöglichkeit wäre mit dem in einer Ehe herrschenden Vertrauen nicht zu vereinbaren (aA Borth a.a.O. Kap. IV Rn. 590 und Klinkhammer a.a.O. Kap. 5 Rn. 308, die auch eine Belegpflicht bejahen).