Schadensersatz gegen den Arbeitgeber bei Schutzpflichtverletzung

Schadensersatz bei Schutzpflichtverletzung
15.05.2020343 Mal gelesen
In diesem Artikel wollen wir für Sie die Schutzpflichten des Arbeitgebers und die daraus resultierenden Rechte der Arbeitnehmer beleuchten.

Gesetzliche Regelung

§ 618 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verpflichtet den Arbeitgeber, den Arbeitsplatz so einzurichten und zu unterhalten, dass der Arbeitnehmer vor Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Arbeitsleistung es gestattet. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sieht § 618 BGB als Teilausprägung der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht. Daneben verpflichtet die Norm den Arbeitgeber auch zur Realisierung des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes in seinem Betrieb. Der öffentlich-rechtliche Arbeitsschutz umfasst alle Rechtsvorschriften, die Pflichten des Arbeitgebers gegenüber dem Staat oder dem zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger begründen, damit die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit gewährleistet sind.  

Rechte der Arbeitnehmer

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) steht Arbeitnehmern ein einklagbarer Erfüllungsanspruch gerichtet auf die Herstellung eines arbeitsschutzkonformen Zustandes zu.

Sofern es sich nicht nur um geringfügige oder kurzfristige Verstöße gegen Schutzpflichten des Arbeitgebers handelt, steht Arbeitnehmern ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 1 BGB bezüglich ihrer Arbeitsleistung zu. Ein ausgeübtes Zurückbehaltungsrecht führt zum Annahmeverzug des Arbeitgebers gem. § 615 BGB, was zur Folge hat, dass der Arbeitnehmer seinen Lohn verlangen kann, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.

Zugunsten der Arbeitnehmer bestehen bei Verletzungen der Schutzpflichten Beschwerderechte: Arbeitnehmer können sich gem. §§ 84, 85 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) an den Betriebsratoder gem. § 17 Abs. 2 S. 1 ArbSchG an die zuständige Behörde wenden.

Ein Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers kommt in der Regel wegen § 104 SGB VII nur in Bezug auf Sach- und Vermögensschäden in Frage. Der Anspruch setzt voraus, dass der Arbeitgeber die Pflicht schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig verletzt (§ 276 BGB).

"Wenn ein Arbeitnehmer beispielsweise aufgrund einer unsachgemäßen Entfernung von Asbest am Arbeitsplatz schwer erkrankt oder aufgrund eines Verstoßes des Arbeitgebers gegen Schutzpflichten einen Unfall erleidet, kann er in der Regel kein Schmerzensgeld vom Arbeitgeber verlangen", so Fachanwalt für Arbeitsrecht Atilla von Stillfried von der Kanzlei Rechtsanwälte Kupka & Stillfried in München.

Beschränkung der Haftung der Arbeitgeber

Die privatrechtliche Haftung des Arbeitgebers für Personenschäden, die auf einem Versicherungsfall gem. § 7 Abs. 1 SGB VII zurückzuführen sind, ist grundsätzlich wegen der Haftungsbeschränkung des § 104 Abs. 1 SGB VII ausgeschlossen.  Nicht erfasst von der Beschränkung sind Wegeunfälle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1-4 SGB VII) und vorsätzlich durch den Arbeitgeber verursachte Schäden. Erforderlich ist nach der Rechtsprechung ein "doppelter Vorsatz", das heißt, dass sich der Vorsatz nicht nur auf die Verletzungshandlung, sondern auch auf den Verletzungserfolg beziehen muss. Ist die Haftung des Arbeitgebers ausgeschlossen, stehen dem geschädigten Arbeitnehmer Ansprüche gegen die gesetzliche Unfallversicherung (§§ 26?ff. SGB VII) zu. Die Beschränkung soll gewährleisten, dass der betriebliche Frieden nicht durch Streitigkeiten über Schadensersatzansprüche beeinträchtigt wird.

Weitere Einzelheiten zu den Schutzpflichten des Arbeitgebers sowie etwaigen Ansprüchen des Arbeitnehmers bei Verletzung von Schutzpflichten finden Sie hier