Ausgangssituation
Die demografische Entwicklung und voraussehbare Engpässe bei den Rentenversicherungsträgern lassen das Sparen für die eigene Altersversorgung sinnvoll erscheinen. Beschäftigte können einen Teil ihres Lohns oder Gehalts zu Gunsten einer betrieblichen Altersvorsorge umwandeln, um später eine Betriebsrente zu erhalten. Man spricht hier von Entgeltumwandlung und der Arbeitgeber muss diesem Wunsch nachkommen. Eine Pflicht, sich an der Alterssicherung seiner Beschäftigten finanziell zu beteiligen besteht allerdings nicht. Aufgrund gewisser steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Vergünstigungen tritt das Sparen für die Altersversorgung zunehmend in Konkurrenz zur Investition in klassische Vermögenswirksame Leistungen (VL) Produkte. Diese sind seit Jahren etabliert und in vielen Unternehmen bestehen Regelungen, dass der Arbeitgeber VL freiwillig bzw. aufgrund einer tarifvertraglichen Verpflichtung zusätzlich zum normalen Arbeitsentgelt zahlt. In jüngster Zeit haben sich die Tarifparteien in manchen Branchen dazu entschlossen, die Altersvorsorge durch Entgeltumwandlung tariflich zu regeln und VL in Altersvermögenswirksame Leistungen (AVL) umzuwidmen.
Während sich die Anbieter entsprechender Finanzprodukte flexibel zeigen und die Umwandlung von VL in AVL als attraktive Möglichkeit preisen, zusätzlich staatliche Förderung in Anspruch zu nehmen, lohnt eine genauere Betrachtung der beiden Sparformen und ihrer jeweiligen Chancen und Risiken aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmersicht. Außerdem soll im Folgenden ein Überblick gegeben werden, unter welchen Voraussetzungen eine Umwandlung von VL in AVL auch bei Arbeitsverhältnissen ohne entsprechende tarifvertragliche Regelung möglich und empfehlenswert ist.
Unter VL im Sinne des Fünften Vermögensbildungsgesetzes (VermBG) versteht man sowohl Zuwendungen des Arbeitgebers als auch Aufwendungen des Arbeitnehmers von seinem Gehalt. Typische Anlageprodukte sind Bausparverträge, Banksparpläne und Aktienfonds. Die Laufzeit der VL-Produkte ist gesetzlich vorgeschrieben. Die Ansparzeit für Bau- und Banksparpläne sowie Aktienfonds dauert 6 Jahre. Danach schließt sich eine Sperrzeit von bis zu 12 Monaten an. Bei Lebensversicherungen ist eine steuerfreie Auszahlung nach 12 Jahren möglich. Auf schriftliches Verlangen des Arbeitnehmers ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Vertrag über VL zu schließen. Diese Verpflichtung besteht aber grundsätzlich nur für die Einzahlung des Arbeitslohns des Mitarbeiters. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Beisteuerung zusätzlicher Zuwendungen des Arbeitgebers kann sich aus dem Einzelarbeitsvertrag, einer betrieblichen Übung, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben. Bei allen VL-Sparformen handelt es sich um eher mittelfristige Anlageformen.
Unter AVL im Sinne des Altersvermögensgesetzes versteht man ebenfalls Zuwendungen des Arbeitgebers oder Aufwendungen des Arbeitnehmers von seinem Gehalt. Ziel dieser Sparform ist, eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge bei den Arbeitnehmern zu schaffen. Hierzu besteht einerseits die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer einen Sparvertrag abschließt, in den er Beiträge aus bereits versteuertem und verbeitragtem Einkommen zahlt (Riester-Sparen). Mögliche Vertragsarten sind Versicherungsverträge (z.B. Lebensversicherung) oder entsprechende Fondslösungen der Banken. Andererseits werden aber auch drei Durchführungswege der Betrieblichen Altersversorgung gefördert, die Direktversicherung, die Pensionskasse sowie der Pensionsfonds. Allen AVL-Sparformen gemein ist, dass sie auf der Leistungsseite das Erfordernis einer lebenslangen Rente erfüllen müssen. Gemäß dem Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass ein Teil seiner künftigen Entgeltansprüche in eine betriebliche Altersversorgung umgewandelt wird. Auch bei AVL kann sich die Pflicht des Arbeitgebers zur Gewährung von Zuschüssen aus kollektiven Begründungsakten wie bspw. aus Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung oder aus individualrechtlicher Zusage ergeben. Im Gegensatz zu den VL dienen die AVL nicht der Vermögensbildung sondern der Versorgung im Alter. Dementsprechend gibt es gewisse Einschränkungen, wie beispielsweise die fehlende Kapitaloption, Probleme der schädlichen Verwendung - beispielsweise Wohnsitznahme im Ausland - oder Limitierungen bei der Vererbung.
Wirtschaftlichkeitsvergleich VL - AVL
VL sind Bestandteil des Gehalts, gehören zu den steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und sind auch sozialversicherungspflichtig. Die staatlich Förderung der VL heißt Arbeitnehmersparzulage und ein Arbeitnehmer hat einen Anspruch, wenn sein zu versteuerndes Einkommen unter ? 20.000 bei Ledigen bzw. unter ? 40.000 bei Verheirateten liegt. Zu beachten ist, dass vom Jahresbruttogehalt Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Kinderfreibeträge oder Verluste aus anderen Einkunftsarten abgezogen werden müssen. Der förderfähige Höchstsparbetrag beträgt ? 400 bzw. ? 470 jährlich. Die Höhe der Zulage richtet sich nach der Anlageart und beträgt 20% (von ? 400) für Sparpläne oder Aktienfonds und 9% (von ? 470) für Bausparverträge. Die Zulage wird maximal sechs Jahre lang gewährt. Die Maximalförderung beträgt somit 80 ? pro Jahr und insgesamt ?. 480. Die Arbeitnehmersparzulage ist nicht Bestandteil des Lohns, und somit sozialabgaben- sowie einkommensteuerfrei. Sie wird jährlich auf Antrag für das abgelaufene Jahr vom Finanzamt festgesetzt.
Der staatlichen Förderung in der Ansparphase steht die Abgeltungssteuer in der Leistungsphase gegenüber. Ihr unterliegen Kursgewinne, Zinsen, Dividenden und Erträge aus sämtlichen VL Sparformen. Das bedeutet, dass diese Leistungen ? unabhängig vom individuellen Steuersatz - mit 25% zu versteuern sind, sofern der Sparerpauschbetrag von ? 750 für Alleinstehende und von ? 1.500 für zusammen veranlagte Ehepartner überschritten wird.
Nach dem Gesetz zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung ist die Entgeltumwandlung mit dem Ziel des AVL-Sparens bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung dauerhaft sozialabgabenfrei. Aus steuerlicher Sicht wird durch das Alterseinkünftegesetz auch für die private Vorsorge stufenweise die nachgelagerte Besteuerung eingeführt. Das heißt, AVL-Beiträge können bis 4 % der Beitragsbemessungsgrenze zunächst steuerfrei bleiben und erst die Auszahlung von Versorgungsleistungen im Rentenalter ist steuerpflichtig. Werden die Beiträge auf Grund einer Versorgungszusage geleistet, die nach dem 31. Dezember 2004 erteilt wurde, kann der Höchstbetrag noch um ? 1.800 aufgestockt werden. Zu beachten ist jedoch, dass dieser Aufstockungsbetrag nicht sozialversicherungsfrei ist. Bei der Ermittlung von Höchst- und Aufstockungsbetrag werden die Beiträge für gegebenenfalls nebeneinander bestehende AVL-Sparformen addiert.
Daneben besteht im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge ebenso wie bei der privaten Altersvorsorge die Möglichkeit, staatliche Förderung durch sogenannte Riester-Zulagen zu erhalten. Das heißt der eigene Sparanteil des Beschäftigten kann durch eine staatliche Zulage aufgestockt werden. Alternativ können die gezahlten Beiträge auch als Sonderausgaben bei der Steuer abgezogen werden. Die Beiträge zur Direktversicherung, zur Pensionskasse oder zum Pensionsfonds müssen dann allerdings aus dem versteuerten Einkommen des Arbeitnehmers gezahlt werden.
Wechsel von VL zu AVL?
Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitnehmer eigene Aufwendungen sowohl in VL als auch in AVL investieren kann. Auch wenn sein Arbeitgeber für die jeweilige Sparform keinen Zuschuss gewährt, kann er durch seine Eigenleistung die volle staatliche Förderung erhalten. Er muss also nicht die eine Sparform zu Gunsten der anderen aufgeben. Die größten Vorteile für den Arbeitnehmer liegen bei der Umstellung auf AVL darin, dass er gegenüber dem VL-Sparen bei einem gleich hohen Nettoeinkommen einen deutlich höheren Sparbeitrag erzielen kann. Für den Arbeitgeber liegt der Vorteil in der Ersparnis eines Teils der Sozialabgaben. Er könnte also gegebenenfalls - ohne finanzielle Mehrbelastung - den Arbeitnehmern einen höheren Zuschuss zu den AVL als zu den VL gewähren.
Bei der Frage, wie Regelungen für die Verwendung der Spar-Zuschüsse des Arbeitgebers als AVL geschaffen werden können, sind einige Punkte zu beachten:
Zunächst müssen im Unternehmen bestehende Verfahren zur betrieblichen Altersversorgung untersucht werden, insbesondere wenn sie bereits Zuschüsse vorsehen. Neu zu schaffende Regelungen sollten immer das Ziel haben Rahmenbedingungen zu definieren, die eine Einheitlichkeit der Altersversorgung im Unternehmen herbeiführen. Insbesondere sollte die arbeitnehmerfinanzierte mit einer bestehenden arbeitgeberfinanzierten Altersversorgung koordiniert werden.
Wenn der Anspruch auf VL in einem Tarifvertrag geregelt ist, kann dies auch nur durch eine tarifliche Bestimmung geändert werden.Tariflich vereinbarte Lohnbestandteile - wie z. B. tariflich vorgesehenes Weihnachts- oder Urlaubsgeld - können demnach nur dann in AVL umgewandelt werden, wenn dies durch den Tarifvertrag vorgesehen oder zugelassen ist. Solleine einzelbetriebliche Regelung geschaffen werden, muss der Tarifvertrag durch eine Öffnungsklausel die Umwandlung von VL in AVL grundsätzlich gestatten. Einzelvertragliche Vereinbarungen zur Gewährung von VL, können nur mit Zustimmung des jeweiligen Mitarbeiters geändert oder ersetzt werden. Ist Grundlage der Zahlung der Arbeitsvertrag oder eine betriebliche Übung (die gewährte Leistung wird dann auch Bestandteil des Einzelarbeitsvertrags) muss grundsätzlich mit jedem einzelnen Arbeitnehmer abgestimmt werden, dass künftig keine VL mehr gezahlt und stattdessen der Betrag für eine arbeitgeberfinanzierte AVL verwendet werden soll.
Der Wechsel von VL zu AVL kann jedoch auch durch abändernde betriebliche Übung erfolgen. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass im Fall monatlicher VL-Gewährung nicht spätestens ein Jahr nach der Änderung, der neuen Praxis widersprochen wurde. Wenn die Mitarbeiter die AVL Leistung an Stelle der VL widerspruchslos annehmen, ist davon auszugehen, dass sie der Änderung der betrieblichen Übung zustimmen. Gegenüber neu eintretenden Arbeitnehmern kann die Verbindlichkeit einer betrieblichen Übung außerdem durch vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden. Soll die bestehende betriebliche Übung durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung geändert werden, ist darauf zu achten, dass die Neuregelung insgesamt bei kollektiver Betrachtungsweise nicht ungünstiger ist.
Wird die Zahlung von VL bereits durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, kann diese durch eine sogenannte abändernde Betriebsvereinbarung zu Gunsten von AVL ersetzt werden. Denkbar wäre auch die Kündigung der alten und die Vereinbarung einer neuen Betriebsvereinbarung. Sollen Zahlungen des Arbeitgebers künftig statt in VL in AVL fließen, so muss die Betriebsvereinbarung einige Regelungen enthalten. Man kann sich an den diesbezüglichen Bestimmungen in abändernden Tarifverträgen orientieren. Diese definieren beispielsweise die Höhe der AVL und deren Voraussetzungen, die Anlagearten sowie das Verfahren und Übergangsregelungen für die bestehenden VL-Verträge.
In allen vorbenannten Fällen sollten die AVL, die der Arbeitgeber erbringt ebenso hoch sein, wie die zuvor erbrachten VL. Möchte der Arbeitgeber den Wechsel nutzen, um seine Leistungen zu reduzieren, sind höhere arbeitsrechtliche Anforderungen zu beachten.
Fazit
AVL sind aufgrund der Einsparungen bei den Sozialabgaben sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber interessant. Die Möglichkeit nachgelagerter Besteuerung macht darüber hinaus den Netto-Spareinsatz für den Arbeitnehmer überschaubar. Die VL haben durch die jüngste Anhebungen der Arbeitnehmersparzulage zwar etwas an Attraktivität gewonnen. Dieser Vorteil wurde durch die Einführung der Abgeltungssteuer, die alle VL- Anlageformen mehr oder weniger trifft, jedoch wieder eingebüßt. Für den einzelnen Arbeitnehmer kann es jedoch - abhängig von den persönlichen Verhältnissen - durchaus sinnvoll sein, sowohl in VL als auch in AVL zu investieren. Für den Arbeitgeber überwiegen die Argumente für eine Umstellung der bezuschussten Sparform im Unternehmen, zumal er dadurch auch dem Rechtsanspruch der Mitarbeiter auf Entgeltumwandlung genügt.
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