Lebensversicherung
Allgemeine Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung
VVG-InfoV
MindZV
1 Allgemein
Die Lebensversicherung ist eine Personenversicherung, die entweder nach einem gewissen Zeitraum oder bei Tod der versicherten Person als einmaliger Kapitalbetrag oder als laufende Rentenzahlung ausgezahlt wird.
Es werden folgende Formen von Lebensversicherungen unterschieden:
Todesfallversicherungen:
Risikolebensversicherung
Kreditlebensversicherung
Sterbegeldversicherung
Erlebensfallversicherungen
Todes- und Erlebensfallversicherungen:
Kapitalversicherung
Rentenversicherung
Fondgebundene Lebensversicherung
Termfixversicherung
Kennzeichnend für Todesfallversicherung ist, dass die Leistung nur im Falle des Todes der versicherten Person fällig wird. Im Gegensatz dazu ist bei der Erlebensversicherung der Versicherer nur im Falle des Erlebens eines bestimmten Zeitpunkts durch den Versicherungsnehmer verpflichtet, die Versicherungssumme zu leisten. Todes- und Erlebensfallversicherungen sind eine Kombination beider Versicherungsarten.
Die Versicherung kann auf das Leben des Versicherungsnehmers oder einer dritten Person abgeschlossen werden.
Daneben kann die Lebensversicherung mit anderen Versicherungen kombiniert abgeschlossen werden, z.B. einer Berufsunfähigkeitsversicherung.
Die Lebensversicherung als vom Arbeitgeber abgeschlossene Direktversicherung ist eine Form der betrieblichen Altersversorgung.
2 Vertragsschluss
Von den für jeden Vertragsschluss geltenden allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts abgesehen (Angebot etc.) bestehen für den Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages folgende Besonderheiten:
Bei dem Antragsmodell müssen dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformationen übergeben sein. Der Versicherungsnehmer hat kein Widerspruchsrecht, der Versicherungsvertrag kommt mit der Annahme des Antrags durch den Versicherer zustande.
Bei dem Policenmodell kommt der Vertrag mit dem Zugang des Versicherungsscheins rückwirkend zustande, sofern der Versicherungsnehmer nicht von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch macht.
Wird mit der Versicherung das Leben einer dritten Person versichert, so erfordert die Gültigkeit des Vertrages gemäß § 150 Abs. 2 VVG die Zustimmung der betreffenden Person.
Soweit Lebensversicherungsunternehmen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erbringen, müssen sie den Versorgungsanwärtern und Versorgungsempfängern, die nicht zugleich Versicherungsnehmer sind, mindestens die in § 144 VAG aufgeführten Informationen zur Verfügung stellen.
Bei dem Versicherungsbeginn wird zwischen dem
formellen,
materiellen
und
technischen
Versicherungsbeginn unterschieden. Formeller Versicherungsbeginn ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, materieller Versicherungsbeginn der Beginn des Versicherungsschutzes und technischer Versicherungsbeginn der Zeitpunkt der Fälligkeit ersten Prämie.
3 Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung
Der Versicherungsnehmer hat gemäß § 165 VVG die Möglichkeit, die Versicherung beitragsfrei zu stellen. Dies kann insbesondere bei Zahlungsschwierigkeiten eine der Kündigung vorzuziehende Lösung sein. Voraussetzung ist, dass die vereinbarte Mindestversicherungssumme erreicht ist.
Die Wiederaufnahme der Prämienzahlung erfordert die Zustimmung des Versicherers, die in den meisten Fällen von einer erneuten Gesundheitsprüfung abhängig gemacht wird. Ist eine ggf. nur vorübergehende Zahlungsschwierigkeit absehbar, ist es günstiger, mit dem Versicherer über eine Stundung zu verhandeln.
4 Überschussbeteiligung
Der Versicherungsnehmer hat ohne anderweitige Regelung grundsätzlich einen Anspruch auf eine Beteiligung an dem erwirtschafteten Überschuss des Versicherers.
5 Kündigung
Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag gemäß § 168 VVG grundsätzlich jederzeit kündigen, bei laufenden Prämienzahlungen für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode. Die Einzelheiten des Kündigungsrechts sowie zumeist eine gesonderte Bestimmung der Kündigungsfrist sind in den Versicherungsbedingungen geregelt.
Folge der Kündigung ist, dass dem Versicherungsnehmer der Rückkaufswert auszuzahlen ist.
Dabei darf die Versicherungsgesellschaft nicht die gesamte Vermittlungsprovision in Rechnung stellen (BGH 12.10.2005 - IV ZR 162/03, BGH 12.10.2005 - IV ZR 177/03, BGH 12.10.2005 - IV ZR 245/03).
Diese Grundsätze sind nach der Entscheidung BGH 26.09.2007 - IV ZR 321/05 auch auf die fondsgebundene Lebensversicherung anzuwenden.
6 Widerruf des Vertrages
Ein Lebensversicherungsvertrag kann gemäß § 152 VVG mit einer Frist von 30 Tagen widerrufen werden.
7 Rückkaufswert
Kann der Versicherungsnehmer die Prämien für die Lebensversicherung nicht mehr aufbringen oder möchte er die Versicherung nicht weiter bedienen, so hat er zwei Möglichkeiten:
- a)
Er kann eine Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie Versicherung verlangen (§ 165 Abs. 1 VVG).
- b)
Er kann die Versicherung kündigen (§ 168 Abs. 1 VVG). In diesem Fall hat er einen Anspruch auf die Auszahlung des Rückkaufwertes gemäß § 169 Abs. 1 VVG.
U.a. aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die Vorgaben zur Berechnung der Höhe des Rückkaufswerts geändert worden: Ausschlaggebend ist gemäß § 169 Abs. 3 VVG nicht mehr der Zeitwert. Der Wert bestimmt sich vielmehr aus dem zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten Deckungskapital der Versicherung. Bei einer Kündigung müssen bei der Berechnung des Deckungskapitals die angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf einen Zeitraum von fünf Jahren verteilt werden.
Zu den weiteren Inhalten siehe die Ausführungen in den Urteilen BGH 11.09.2013 - IV ZR 17/13 und BGH 25.07.2012 - IV ZR 201/10.
8 Verkauf
Eine Alternative zur Kündigung stellt der mögliche Verkauf der Versicherung dar. Zudem kann bei der gemischten Todes- und Erlebensfallversicherung meist vereinbart werden, dass der Todesfallschutz beitragsfrei bestehen bleibt. Durch den Verkauf kann in der Regel ein höherer Rückkaufswert als bei der Kündigung erzielt werden. Voraussetzungen des Verkaufs sind zumeist noch eine mindestens 15-jährige Restlaufzeit und der Abschluss mit einem solventen Versicherungsunternehmen.
Mit dem Verkauf tritt der Versicherungsnehmer seine Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag an den Käufer ab, meist eine andere Versicherungsgesellschaft oder ein Kreditinstitut. Der Verkaufspreis variiert unter den verschiedenen Anbietern. Der ausgezahlte Betrag ist anders als bei der Kündigung des Vertrages steuerfrei, auch wenn der Verkauf vor der Mindestlaufzeit von zwölf Jahren vereinbart wird. Grund ist, dass auch die Steuerpflicht auf den Käufer übergeht.
9 Versicherungsleistung
Die Versicherungsleistung wird gemäß § 14 VVG mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und dem Umfang der Leistungen nötigen Erhebungen fällig. In den jeweiligen Versicherungsbedingungen sind darüber hinaus weitere Vorgaben geregelt.
Die Höhe der Versicherungssumme ergibt sich aus der garantierten Versicherungssumme sowie der Überschussbeteiligung.
Im Zugewinnausgleichsverfahren ist eine Kapitallebensversicherung nur dann mit dem Rückkaufswert anzusetzen, wenn am Stichtag die Fortführung des Vertrages nicht erwartet werden kann und auch eine Stundung nicht ermöglicht werden kann. In den anderen Fällen ist der Zeitwert als Vermögenswert anzusetzen. Die Bewertung hat nach den Grundsätzen der Deutschen Aktuarvereinigung (Zusammenschluss der verantwortlichen Aktuare in der Lebensversicherung: https://aktuar.de/) zu erfolgen.
Wenn die Versicherungsleistung im Todesfall unwiderruflich an den anderen Ehegatten gezahlt werden soll, stellt auch dies für den anderen Ehegatten einen Vermögenswert da.
Der Versicherer wird bei einer Versicherung auf den Todesfall gemäß § 161 VVG von der Leistung frei, wenn diejenige Person, auf die die Versicherung genommen ist, eine Selbsttötung begeht. Bei dem Abschluss einer Todes- und Erlebensfallversicherung ist jedoch der Rückkaufswert zu erstatten. Die Beweislast für die vorsätzliche Selbsttötung obliegt dem Versicherer.
10 Erbrecht
Im Falle des Todes des Versicherungsnehmers ist eine Lebensversicherung grundsätzlich Teil der Erbschaft.
Aus der Bezugsberechtigung kann sich etwas anderes ergeben. Siehe insofern den Beitrag "Erbschaft".
Die Auszahlung einer Lebensversicherung kann zudem Auswirkungen auf den Pflichtteil haben.
11 Reform der Lebensversicherung 2014
Das bestehende lang anhaltende Niedrigzinsumfeld bedroht mittel- bis langfristig die Fähigkeit der privaten Lebensversicherungsunternehmen, die den Versicherten zugesagten Zinsgarantien zu erbringen. Mit der im August 2014 in Kraft getretenen Reform des Lebensversicherungsrechts wurden zum Schutz der Versicherten Vorgaben zur Sicherung der Gelder der Versicherten geschaffen:
Ausschüttungen der Versicherungsunternehmen an Aktionäre sind danach untersagt solange dies erforderlich ist, um die Erfüllbarkeit der Garantiezusagen sicherzustellen. Dabei wird berücksichtigt, inwieweit die von einem Versicherungsunternehmen gebildeten Rückstellungen bei den gegenwärtig niedrigen Zinsen ausreichen, um die den Versicherten gegebenen Garantiezusagen zu finanzieren. Die Überschussbeteiligung der Versicherten wird an das Niedrigzinsumfeld angepasst. Die Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Risikoüberschüssen wurde von 75 % auf 90 % angehoben. Diese Änderung betrifft die Überschüsse, die durch die Verwendung vorsichtiger Sterbetafeln entstehen. Es ist einfacher möglich, garantierte Zinsleistungen aus anderen Ergebnisquellen zu finanzieren, wenn die Kapitalerträge dazu nicht ausreichen. Die Versicherer werden verpflichtet, Angaben zu veröffentlichen, mit denen die Überschussbeteiligung für ihre Kunden und für Dritte nachvollziehbarer wird. Versicherer und Aufsicht müssen Risiken frühzeitig erkennen und danach handeln. Dazu wurden insbesondere mehrjährige Prognoserechnungen der Versicherer ausdrücklich im Gesetz verankert. Daneben wurden die Regelungen für die Sanierungsplanung der Unternehmen verbessert und die Handlungsoptionen der Aufsicht gestärkt, wenn die langfristige Risikotragfähigkeit der Versicherer nicht gegeben ist.
Auch die Kostentransparenz der Versicherungsprodukte wurde erhöht. Insbesondere müssen Versicherungsvermittler die Höhe ihrer Provision gegenüber dem Versicherungsnehmer offenlegen.
Der Höchstzinssatz für die Berechnung der Deckungsrückstellungen für Neuverträge wurde herabgesetzt. Die Möglichkeit der Versicherer, Mittel in der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zurückzuhalten statt sie an die Versicherten auszuschütten, wurde begrenzt.