Das Verbraucherinsolvenzverfahren: Der Neuanfang?

Zivilrecht, Prozess und Zwangsvollstreckung
11.08.20061306 Mal gelesen

Seit 1999 können auch Privatleute wie Firmen Konkurs anmelden. Zunächst war das Interesse gering, müssen für das Verfahren doch gut 1500 Euro an Gerichtskosten gezahlt werden. Wer überschuldet ist, kann die natürlich nicht aufbringen.

Doch seit einer Gesetzesänderung Ende 2001 kann man diese Kosten stunden lassen und nach dem Verfahren abstottern. Seither steigt die Zahl der Verbraucherinsolvenzen ständig an. Rund 23.000 Menschen haben diese Möglichkeit, ihre Schulden abzutragen, bislang genutzt. Dazu kommt noch einmal die selbe Zahl an ehemaligen Selbständigen, die pleite gegangen sind.  Das Verfahren ist sinnvoll: Für die Schuldner ergeben sich meist psychosoziale Probleme wie Flucht in die Sucht oder Ärger in der Ehe. Auch Obdachlosigkeit ist eine Problematik.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren biete überschuldeten Menschen wieder eine Perspektive. Dass sie von ihren Schulden wieder herunterkommen, ist nicht zuletzt auch aus wirtschaftlicher Sicht wichtig: "Die überschuldeten Haushalte werden kahlgepfändet und damit aus dem Wirtschaftskreislauf ausgegrenzt", so Hofmeister. Angesichts der 55 Prozent, die die privaten Haushalte mit ihrem Konsumverhalten zum Bruttosozialprodukt beisteuern, keine erfreuliche Tatsache.

Die Verbraucherinsolvenz läuft folgendermaßen ab:

  • Zunächst muss der Schuldner versuchen, sich mit seinen Gläubigern außergerichtlich zu einigen und zum Beispiel eine Ratenzahlung, Stundung oder einen Teilerlass herauszuhandeln. Dieser Einigungsversuch - idealerweise mit Unterstützung einer Schuldnerberatungsstelle oder besser einem versierten Rechtsbeistand - ist die Voraussetzung für eine spätere gerichtliche Einigung.

  • Wird der Schuldner sich mit seinen Gläubigern nicht einig, kann er beim Amtsgericht einen Antrag stellen auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens. Hierbei beantragt er auch die Restschuldbefreiung.

  • Auch das Gericht versucht nun erst einmal, eine Einigung mit den Gläubigern zu erreichen. Klappt das nicht, kommt das Verfahren in Gang: Der Richter setzt einen Insolvenzverwalter ein. Dieser verteilt in den folgenden Jahren das Vermögen des Schuldners auf die Gläubiger.


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  • Mit dessen Einsetzung beginnt die sogenannte "Wohlverhaltensphase". Sie dauert sechs Jahre. Ein Teil des Gehalts - auch pfändbarer Teil genannt - wird in diesen sechs Jahren vom Arbeitgeber oder Arbeitsamt direkt auf ein Treuhänderkonto abgeführt. Erbt der Schuldner in dieser Zeit etwas, muss er davon die Hälfte abführen.


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  • Sind die sechs Jahre vergangen, erlässt das Gericht die Restschulden. Die Gläubiger müssen auf noch ausstehende Beträge verzichten.


Wichtig: Während dieser Wohlverhaltensphase hat der Schuldner einige Pflichten. Vernachlässigt er diese, gibt es keine Restschuldbefreiung. Der Schuldner darf geerbtes Vermögen nicht verschweigen, muss jede zumutbare Arbeit annehmen, wenn er arbeitslos ist, und natürlich Arbeitsplatz- und Wohnortswechsel angeben.

 

Runter vom Schuldenberg - Seriöse Hilfe ist wichtig

Drückt die Schuldenlast, ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen - je früher, desto besser. So kann möglicherweise noch eine Lösung gefunden werden, bevor es zum Konkurs kommen muss. Beratungsstellen von Verbraucherzentralen, Wohlfahrtsverbänden, Kommunen oder Kirchen helfen kostenlos weiter. Gemeinsam mit dem Schuldner wird dessen finanzielle Situation genau untersucht und ein Schuldenbereinigungsplan aufgestellt. Außerdem tut man sich mit Hilfe der Beratungsstellen leichter, mit den Gläubigern zu verhandeln. Auch wenn die Wartezeit lang ist, Geduld lohnt sich.

clip_image001.gif" o:title="" /> Von Versprechen wie dem einer "unkomplizierten Sofort-Hilfe", wie man sie oft in Tageszeitungen findet, sollte man die Finger lassen - so verlockend sie einem in der misslichen Lage auch erscheinen mögen. Die einzige Absicht der kommerziellen Schuldenregulierer sei die, meist im Voraus saftige Gebühren für überflüssige und wertlose Dienstleistungen zu kassieren, warnen Verbraucherzentralen. Auch Beratungsangebote über 0190-Nummern halten oft nicht, was sie versprechen.

clip_image001.gif" o:title="" /> Werden zunächst Mitgliedsbeiträge, Bearbeitungsgebühren oder Einmalbeträge für die Fallbearbeitung verlangt, ist Vorsicht geboten. Die seriöse Schuldnerberatung bei anerkannten Vereinen und Trägern ist generell kostenlos.

Lassen Sie sich nur von versierten Fachkräften (wie zum Beispiel von Rechtsanwälten, welche ihrer Berufsordnung unterworfen sind) beraten.

Denn bedenken Sie: Es geht um ihre Existenz und Zukunft.

Wir betreuen eine Vielzahl derartiger Fälle. Betroffene sollten in jedem Fall rechtliche Beratung in Anspruch nehmen um die genauen Chancen und Risiken auszuloten.

Hierfür stehen wir jederzeit zur Verfügung.