Verstößt ein Arzneimittel-Automat gegen das allgemeine Wettbewerbsrecht?

Wettbewerbsrecht
21.02.201868 Mal gelesen
Medikamente auch außerhalb der üblichen Geschäftszeiten? Möglich macht das eine Anlage des Versandhändlers Doc Morris. Das Landgericht Mosbach (Baden-Württemberg) musste sich kürzlich damit befassen, ob solcher Apotheken-Automat überhaupt zulässig ist.

Arzneimittel am Automaten

Der niederländische Versandhändler Doc Morris hatte in der 2.000-Einwohner -Gemeinde Hüffenhardt ein Pilotprojekt durchgeführt: Er installierte einen Automaten, an dem Kunden zunächst per Videochat mit einem, sich in den Niederlanden befindenden, Videoberater sprechen konnten, um diesem mitzuteilen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel sie benötigen würden. Auch eine pharmazeutische Beratung war möglich. Nach einer solchen optionalen Beratung gab der Videoberater den Artikel frei. Dieser wurde dann durch einen automatisierten Vorgang durch den Automaten aus dem Arzneimittellager entnommen, auf ein Laufband gebracht und dem Kunden so zur Verfügung gestellt.

Klage der Apotheker

Gegen dieses Vorgehen klagten mehrere Apotheker und der Landesapothekenverband Baden-Württemberg auf Unterlassung. Sie führten an, dass die Ausgabe der Medikamente rechtswidrig sei.

Doc Morris argumentiere dagegen, die Anlage sei eine Art des Versandhandels und verwies auf andere Versandhandels-Konzepte wie etwa Lieferando. Doc Morris betreibe eine Präsenzapotheke in den Niederlanden und nach deutschem Recht sei es ihr auch erlaubt, im Wege des Versandhandels Kunden mit Sitz in Deutschland mit Arzneimitteln zu versorgen. Die Ware müsste im Rahmen des Versandhandels nicht unbedingt an den Wohnort des Kunden ausgeliefert werden. Vielmehr könnten die Produkte auch bei einer Abholstation entgegengenommen werden.

Landgericht: Automat wettbewerbswidrig

Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht und sprach ein Verbot des Betriebs des Automaten aus. Die Abgabe und Lagerung von Medizin verstoße gegen das Arzneimittelgesetz und sei wettbewerbswidrig.

Es begründete ihre Entscheidung damit, dass allein der Umstand, dass ein Arzneimittel über das Internet angefordert würde, die Abgabe nicht zum Versandhandel mache. Der Automat sei auch keine reine Abholstation, wie es bei einem Versandhandel teilweise üblich sei, weil der Kunde nicht schon vor der Abholung einen Kaufvertrag abschließe.

Weiterhin verstoße der Automat gegen wesentliche Rechtsnormen, insbesondere gegen das Apothekengesetz, das Arzneimittelgesetz und gegen die Apothekenbetriebsordnung. Die Abgabe von Arzneimitteln sei nur in der Apotheke oder durch den Versandhandel einer Apotheke möglich- beides sei hier nicht gegeben.

Doc Morris gibt nicht auf

In diesem Prozess hat der niederländische Versandhandel verloren. Derzeit läuft jedoch noch ein weiterer Prozess am Verwaltungsgericht Karlsruhe - hier klagte Doc Morris selbst. Der Versandhandel wird also weiter für den Betrieb seiner Automaten kämpfen. Dabei dürfte Ziel des Unternehmens nicht nur ein einzelner Automat, sondern vielmehr die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für die Eröffnung mehrerer Standorte sein.

Ob die Möglichkeit, schnell und außerhalb der Geschäftszeiten an nicht verschreibungspflichtige Medikamente zu kommen, nicht entgegen der Entscheidung des Landgerichts wünschenswert ist, sei dahingestellt. Besonders auf dem Land, wo es immer mehr an Ärzten und Apotheken fehlt, könnten Automaten Versorgungslücken schließen. Auch in der hier betroffenen Gemeinde Hüffenhardt war der Automat die einzige Versorgungsmöglichkeit der 2.000 Gemeindemitglieder - im Umkreis von fünf Kilometern gibt es keine Apotheke, für die eine Apothekenerlaubnis besteht.

Mehr Informationen zum Wettbewerbsrecht finden Sie hier: https://www.rosepartner.de/rechtsberatung/gewerblicher-rechtsschutz/wettbewerbsrecht.html