Verbraucherinsolvenzverfahren

Verbraucherinsolvenzrecht
10.08.2017325 Mal gelesen
Nach der Insolvenzordnung gibt es das Regelinsolvenzverfahren, das Verbraucherinsolvenzverfahren und besondere Arten des Insolvenzverfahrens, wie z.B. das Nachlassinsolvenzverfahren. Im Folgenden soll das Verbraucherinsolvenzverfahren dargestellt werden.

Verbraucherinsolvenzverfahren

Nach der Insolvenzordnung gibt es das Regelinsolvenzverfahren, das Verbraucherinsolvenzverfahren und besondere Arten des Insolvenzverfahrens, wie z.B. das Nachlassinsolvenzverfahren. Im Folgen-den soll das Verbraucherinsolvenzverfahren dargestellt werden.

Mit dem Verbraucherinsolvenzverfahren soll einem Schuldner mit überschaubaren Vermögensverhält-nissen das förmliche Regelinsolvenzverfahren erspart und eine einfache Art der Entschuldung ermög-licht werden.

1. Anwendbarkeit des Verbraucherinsolvenzverfahrens

Das Verbraucherinsolvenzverfahren und nicht das Regelinsolvenzverfahren ist unter folgenden Vor-aussetzungen des § 304 Absatz 1 Insolvenzordnung (InsO) anwendbar:

a) Der Schuldner ist eine natürliche Person (§ 304 Absatz 1 Satz 1 InsO). Auf Gesellschaften findet stets das Regelinsolvenzverfahren Anwendung.

b) Der Schuldner übt keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit aus im Zeitpunkt des Insolvenzer-öffnungsantrags oder hat davor keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt (§ 304 Absatz 1 Satz 1 InsO).

Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist ebenfalls anwendbar (§ 304 Absatz 1 Satz 2 InsO), wenn der Schuldner zwar vor seinem Insolvenzeröffnungsantrag eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat, aber seine Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen gegen ihn aus Arbeitsverhältnissen bestehen.

Nach § 304 Absatz 2 InsO sind die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar, wenn der Schuldner im Zeitpunkt der Antragstellung weniger als 20 Gläubiger hat.

2. Außergerichtliche Schuldenbereinigung

Der Schuldner soll innerhalb von sechs Monaten vor seinem Antrag auf Eröffnung des Verbraucherin-solvenzverfahrens versuchen, mit seinen Gläubigern eine außergerichtliche Einigung über eine ange-messene Schuldenbereinigung herbeizuführen.

Der Einigungsversuch hat auf der Grundlage eines Schuldenbereinigungsplans zu erfolgen. Das erfor-dert, dass der Schuldner unter Berücksichtigung seiner Vermögens-, Einkommens- und Familienver-hältnisse einerseits und der Gläubigerinteressen andererseits den Gläubigern ein ernsthaftes Angebot darüber macht, ihre Forderungen zu begleichen.

Die erzielte Einigung zwischen Schuldner und Gläubiger ist ein außergerichtlicher Vergleich nach
§ 779 BGB.

Gläubiger, die nicht an dem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren beteiligt worden sind und deren Forderungen damit auch nicht von dem Schuldenbereinigungsplan erfasst werden, können weiterhin ihre Ansprüche gegen den Schuldner geltend machen.

Zwangsvollstreckungen einzelner Gläubiger sind während des außergerichtlichen Schuldenbereini-gungsversuchs weiterhin zulässig mit der Folge, dass der Einigungsversuch erheblich erschwert oder gar vereitelt wird.

Der Einigungsversuch gilt nach § 305a InsO als gescheitert, wenn ein Gläubiger die Zwangsvoll-streckung betreibt, nachdem die Verhandlungen über die außergerichtliche Schuldenbereinigung aufgenommen worden sind.

Das Schweigen des Gläubigers auf das Einigungsangebot des Schuldners gilt als Ablehnung.

Nach § 305 Absatz 1 Nr. 1 InsO hat der Schuldner mit seinem schriftlich einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzüglich nach diesem Antrag eine Bescheinigung darü-ber vorzulegen, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereini-gung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist. Die Bescheinigung muss von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensver-hältnisse des Schuldners ausgestellt worden sein. Rechtsanwälte sind als geeignete Person anzu-sehen. Die Bescheinigung ist nur wirksam, wenn ein persönlicher Kontakt zwischen Schuldner und Bescheiniger bestanden hat. Eine telefonische Beratung genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass der Berater einen ernsthaften Einigungsversuch unternommen hat.

Der Schuldner hat seinem Eröffnungsantrag den Schuldenbereinigungsplan beizufügen und die wesentlichen Gründe für sein Scheitern darzulegen.

3. Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens (Insolvenzeröffnungsverfahren)

Nach Scheitern der außergerichtlichen Schuldenbereinigung kann der Schuldner den Antrag auf Er-öffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens (Eröffnungsantrag) stellen. Nach der Insolvenzordnung soll zunächst eine gerichtliche Schuldenbereinigung durchgeführt werden. Das Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ruht daher bis zur Entscheidung über den gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan oder bis zum Fortsetzungsbeschluss (§ 306 Absatz 1 Satz 1 InsO).

4. Gerichtliche Schuldenbereinigung

Der erfolglosen außergerichtlichen Schuldenbereinigung schließt sich nach dem Konzept der Insol-venzordnung die gerichtliche Schuldenbereinigung an. Dabei wird auf der Grundlage des vom Schuld-ner mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingereichten Schuldenbereinigungs-plans erneut eine Schuldenbereinigung mit den Gläubigern versucht.

Dieser gerichtliche Schuldenbereinigungsversuch spielt in der Praxis keine Rolle. Nach § 306 Absatz 1 Satz 3 InsO ordnet das Gericht die Fortsetzung des Verfahrens über den Eröffnungsantrag an, wenn nach seinem freien Ermessen der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird. Das Gericht kann seine Annahme, dass der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird, darauf stützen, dass bereits ein außergerichtlicher Einigungsversuch mit den Gläubigern gescheitert ist.

5. Wiederaufnahme des Verfahrens über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Fortsetzung des Insolvenzeröffnungsverfahrens)

Scheitert die gerichtliche Schuldenbereinigung oder ordnet das Gericht nach § 306 Absatz 1 Satz 3 InsO die Fortsetzung des Verfahrens über den Eröffnungsantrag an, wird das Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Eröffnungsantrag) wiederaufgenommen (§ 311 InsO).

Das Insolvenzgericht ist an den Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfah-rens gebunden, kann also keine andere Art des Verfahrens eröffnen.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren setzt gemäß § 305 Absatz 1 InsO einen schriftlichen Antrag des Schuldners voraus.

Nach § 305 Abs. 1 Nr. 4 InsO ist dem Antrag ein Schuldenbereinigungsplan beizufügen, der üblicher-weise mit dem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan übereinstimmt.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren wird auf Antrag des Schuldners eröffnet, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt und das frei verfügbare Vermögen des Schuldners voraussichtlich ausreicht, die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken.

Insolvenzgrund kann nur die eingetretene oder drohende Zahlungsunfähigkeit sein. Zahlungsunfähig ist der Schuldner, wenn er gegenwärtig oder in absehbarer Zukunft nicht mehr in der Lage ist, die fäl-ligen Zahlungspflichten pünktlich und vollständig zu erfüllen (§§ 17, 18 InsO). Der Schuldner hat in dem Antrag den Eröffnungsgrund substantiiert und nachvollziehbar darzustellen.

Zu den Verfahrenskosten gehören die Gerichtskosten sowie die Vergütung und die Auslagen des künf-tigen Insolvenzverwalters. Das Insolvenzgericht kann einen Sachverständigen mit der Prüfung der Frage beauftragen, ob das Schuldnervermögen die Kosten des Insolvenzverfahrens deckt. Reicht das Schuldnervermögen (Insolvenzmasse) nicht aus, so kann das Insolvenzgericht dem Schuldner auf Antrag die Verfahrenskosten stunden. Voraussetzung für eine solche Stundung ist insbesondere, dass das Schuldnervermögen voraussichtlich zur Deckung der Verfahrenskosten nicht ausreicht und kein Dritter einen Verfahrenskostenvorschuss leistet sowie der Schuldner einen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt hat.

Ist die Kostendeckung nicht gesichert und wird auch keine Stundung der Verfahrenskosten bewilligt, so wird der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen. Damit ist zugleich auch eine angestrebte Restschuldbefreiung des Schuldners gescheitert. Das Gesetz sieht die Restschuldbefreiuung nur für Fälle vor, in denen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

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