Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte unter Verwendung eines Kfz als "Waffe"

Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte unter Verwendung eines Kfz als "Waffe"
28.03.20091633 Mal gelesen

Das Bundesverfassungsgericht hat aktuell anhand der  Vorschrift des § 113 Abs. 2 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall) verdeutlicht, dass ein Kraftfahrzeug keine Waffe im strafrechtlichen Sinne ist. Nach Ansicht der Richter geht es zu weit, wenn unter dem Betriff "Waffe" alle Gegenstände verstanden werden, die für andere Menschen möglicherweise gefährlich sind.

Kraftfahrzeuge sollen daher nicht unter den Waffenbegriff des Strafgesetzbuches fallen, auch wenn sie in im konkreten Fall dazu missbraucht werden, einem anderen Menschen Verletzungen zuzufügen  Dies hat das Bundesverfassungsgericht soeben in einer Entscheidung festgestellt.

Im zugrunde liegenden Fall war ein Mann von der Polizei kontrolliert worden, nachdem er leicht alkoholisiert bei einem Verkehrsverstoß aufgefallen war. Obwohl sich der Polizist mit dem Oberkörper im Fahrzeug befand, war er mit Vollgas rückwärts gefahren, um den Beamten an der Kontrolle zu hindern. Dabei war der Polizeibeamte einige Meter mitgerissen worden, ohne Verletzungen erlitten zu haben. Er war deshalb in Anwendung der Strafschärfungsvorschrift des § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt worden. Mit seiner gegen die diese Urteil eingelegten Verfassungsbeschwerde war der Täter nun erfolgreich.  Die Verfassungsrichter entschieden, dass ihn die Verurteilung nach der Strafschärfungsvorschrift in seinen Grundrechten verletzt hat. 

Der Senat begründet seine Entscheidung mit dem Wortlaut des Gesetzes, der auch durch richterliche Auslegung nicht so weit verbogen werden darf, dass es nicht mehr für jedermann möglich ist, allein anhand des Gesetzestextes  zu erkennen, welches Verhalten strafbar ist und welches nicht. Vorliegend hätten die Strafrichter diese Grenze der zulässigen richterlichen Interpretation verlassen.  

Das höchste Gericht verweist außerdem darauf, dass das Strafgesetzbuch für allgemeine Gegenstände, die - wie im Falle eines Kfz - wegen ihrer  Beschaffenheit bei zweckfremder  Verwendung  im Einzelfall erhebliche Verletzungen zufügen können, den Begriff des "gefährlichen Werkzeuges" kennt.   In den strafrechtlichen Tatbeständen "gefährliche Körperverletzung", "Diebstahl mit Waffen" oder "schwerer Raub" habe der Gesetzgeber für solche Gegenstände dem Begriff des "gefährlichen Werkzeugs"  gewählt. Die darin enthaltenen Qualifikationen unterscheiden zwischen dem Begriff der "Waffe" und dem des "anderen gefährlichen Werkzeugs".  Dagegen habe der Gesetzgeber bei  der Strafrechtsreform (gemeint ist das 6. Strafrechtsreformgesetz von 1998)  bewusst darauf verzichtet, bei der Strafschärfungsvorschrift "besonders schwerer Fall des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte" die Tathandlung des "Bei-sich-Führen einer Waffe" um den Begriff des "anderen gefährlichen Werkzeug" zu ergänzen. Nach meiner Einschätzung ändert dieser Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aber nichts daran, dass Verkehrsteilnehmer, die ihr Fahrzeug quasi als Waffe missbrauchen mit einer Strafe sowie Fahrerlaubnismaßnahmen rechnen müssen. Zu denken ist hier insbesondere an den Verbrechenstatbestand (!) des §315b StGB (gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr).Wobei aber penibel darauf geachtet werden muss, dass dem Täter zusätzlich noch ein Schädigungsvorsatz nachzuweisen ist.Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch den Strafrichter ist sogar möglich, wenn kein typisches Verkehrsdelikt begangen wurde und die Tat nur im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangen wurde (§ 69a Abs. 1 StGB). Allerdings nur dann, wenn die Anlasstat tragfähige Rückschlüsse darauf zulässt, dass der Täter bereit war, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen (dies ist z.B. automatisch der Fall, wenn der Täter sein Auto zur Begehung von Taten wie Diebstahl oder sexuellem Missbrauch genutzt hat).      ______Der Beitrag nimmt Bezug auf BVerfG, Beschluss vom 01.09.2008 - 2 BvR 2238/07 - Der Verfasser, Christian Demuth, ist Strafverteidiger in Düsseldorf mit Schwerpunkt im Verkehrsstraf- und Bußgeldrecht.