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Verfassungsbeschwerde

Normen

Art. 93 Abs. 1 GG

Art. 19 Abs. 4 GG

§ 13 Nr. 8 a BVerfGG

§ 23 BVerfGG

§§ 90 ff BVerfGG

Information

1 Allgemein

Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.

Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt zu sein, Verfassungsbeschwerde erheben. Als Gegenstand der Verfassungsbeschwerde kommt jedes Handeln oder Unterlassen deutscher öffentlicher Gewalt in Betracht.

2 Zulässigkeit

  • Zuständigkeit des Gerichts (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG§§ 13 Nr. 8a,, 90 BVerfGG).

  • Vorliegen der Beschwerde- und Beteiligtenfähigkeit (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 BVerfGG).

  • Prozessfähigkeit des Beschwerdeführers.

  • Akt der öffentlichen Gewalt als Beschwerdegegenstand.

  • Beschwerdebefugnis: Der Beschwerdeführer muss durch die angegriffene Norm selbst, gegenwärtig und unmittelbar verletzt sein.

    Das BVerfG (BVerfG 30.10.2010 - 1 BvR 3196/09) stellt folgende Anforderungen an die Selbstbetroffenheit: "Das Erfordernis der Selbstbetroffenheit verlangt, dass gerade der Beschwerdeführer in eigenen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten betroffen ist (...). Das ist in erster Linie dann der Fall, wenn er Adressat der angegriffenen Maßnahme der öffentlichen Gewalt ist (...). Dies gilt nicht nur bei Verwaltungsakten und Gerichtsentscheidungen, sondern auch bei Gesetzen (...). Eine Selbstbetroffenheit ist allerdings auch dann gegeben, wenn das Gesetz an Dritte gerichtet ist und eine hinreichend enge Beziehung zwischen der Grundrechtsposition des Beschwerdeführers und der Maßnahme besteht. Es muss jedoch eine rechtliche Betroffenheit vorliegen. Eine nur faktische Beeinträchtigung im Sinne einer bloßen Reflexwirkung reicht nicht".

  • Die Verfassungsbeschwerde kann gemäß § 90 BVerfGG grundsätzlich erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden, sie ist letzter und subsidiärer Rechtsbehelf. Sogar bei unmittelbarer Betroffenheit durch ein Gesetz gilt nach dem Bundesverfassungsgericht die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, sodass zunächst ein Vollzugsakt abzuwarten oder sogar herbeizuführen ist, der sodann fachgerichtlich überprüfen zu lassen ist (BVerfG 25.02.1986 - 1 BvR 1384/85). Dies gilt allerdings nicht in den Fällen, in denen ein Gesetz mit einer Straf- oder Bußgeldvorschrift verbunden ist, da ein Abwarten solcher Sanktionen dem Betroffenen nicht zuzumuten ist (BVerfGE 81, 70 [82 f.]).

    Rechtsweg im Sinne der Vorschrift ist jede gesetzlich normierte Vorschrift der Anrufung des Gerichts sowie gesetzlich nicht geregelte Rechtsbehelfe. Hiervon erfasst werden z.B. eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die Möglichkeit der Nachholung des rechtlichen Gehörs gemäß § 33a StPO etc.

  • Nach § 93 Abs. 1 S.1 BVerfGG ist die Verfassungsbeschwerde schriftlich binnen eines Monats zu erheben. Bei Gesetzen und anderen Hoheitsakten, gegen die ein Rechtsweg nicht offen steht (untergesetzliche Rechtsnomen, die nicht mit der Normenkontrollklage (Normenkontrolle - Bundesverfassungsgericht) angegriffen werden können), kann die Verfassungsbeschwerde binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes oder dem Erlass des Hoheitsaktes erhoben werden.

    Bestehen Zweifel über die Statthaftigkeit eines eingelegten Rechtsbehelfs, soll jedoch andererseits die Verfassungsbeschwerde innerhalb der vorgesehenen Frist eingelegt werden, so können sowohl der Rechtsbehelf als auch die Verfassungsbeschwerde eingelegt werden. Die Einlegung der Verfassungsbeschwerde kann in diesen Fällen mit dem Hinweis verbunden werden, dass der entsprechende Rechtsbehelf eingelegt sei und bis zur Entscheidung die Verfassungsbeschwerde daher nicht in das Verfahrensregister, sondern vorläufig in das allgemeine Register einzutragen sei. Mit der Entscheidung über den Rechtsbehelf ist dann die Übertragung der (fristgemäß eingelegten) Verfassungsbeschwerde in das Verfahrensregister zu beantragen.

3 Begründetheit

Die Begründetheit der Verfassungsbeschwerde erfordert eine substanziierte Darlegung des grundrechtsverletzenden Vorgangs. Dies beinhaltet folgende Anforderungen:

  • Ausführungen zur behaupteten Grundrechtsverletzung.

  • Darlegung der angegriffenen Entscheidungen, die als Kopien in der Anlage in die Verfassungsbeschwerde miteinbezogen werden können.

  • Darlegung der Erschöpfung des Rechtswegs sowie das Vorliegen der Subsidiarität.

  • Juristische Auseinandersetzung mit den angegriffenen Entscheidungen.

Sämtliche Anforderungen müssen innerhalb der Beschwerdefrist erfüllt sein, d.h. später nachgereichte Schriftsätze führen zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde.

4 Anwaltliche Tätigkeit

4.1 Prüfung der Erfolgsaussichten

Die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde sollten sorgfältig geprüft werden, da das Gericht gemäß § 34 Abs. 2 BVerfGG gegen den Beschwerdeführer eine sogenannte Missbrauchsgebühr von bis zu 2.600,00 EUR erheben kann, die der Beschwerdeführer wiederum bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Rechtsanwaltshaftung bei seinem Rechtsanwalt geltend machen kann.

4.2 Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung

Die Einlegung der Verfassungsbeschwerde erfordert keine Vertretung durch einen Rechtsanwalt, d.h. es handelt sich nicht um einen Anwaltsprozess.

4.3 Gegenstandswert

Der Gegenstandswert ist im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG unter Berücksichtigung der in § 14 RVG genannten Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen und beträgt mindestens 5.000,00 EUR. Nach § 14 RVG zu berücksichtigen sind vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers.

Bei der von der Kammer nach billigem Ermessen vorzunehmenden Bestimmung des Gegenstandswerts sind die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Danach kommt in objektiver Hinsicht auch dem Erfolg der Verfassungsbeschwerde für die Bemessung des Gegenstandswerts Bedeutung zu. Wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, über sie also nicht inhaltlich befunden, ist es deshalb im Regelfall nicht gerechtfertigt, über den gesetzlichen Mindestwert von 5.000,00 EUR hinauszugehen (BVerfG 16.09.2009 - 2 BvR 31/08).

4.4 Vollmacht

Die Vollmacht des Mandanten muss den Vorgaben des § 22 Abs. 2 BVerfGG entsprechen.

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