Diebstahl
1 Strafrecht
1.1 Grundtatbestand
Diebstahl ist die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache in der Absicht, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen:
Sachen sind körperliche Gegenstände. Tiere sind zwar keine Sache (§ 90a BGB), im Sinne der §§ 242 ff. StGB können sie jedoch Tatobjekte sein.
Eine Sache ist fremd, wenn sie zumindest auch im Miteigentum eines anderen steht.
Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendigerweise tätereigenen Gewahrsams. Die Zueignung einer Sache setzt eine auch nur vorübergehende wirtschaftliche Nutzung der Sache und die dauernde Enteignung des Berechtigten voraus. Gewahrsam ist die tatsächliche, von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene Sachherrschaft eines Menschen über eine Sache.
Zueignungsabsicht ist die Absicht der zumindest vorübergehenden Aneignung der Sache einschließlich des Vorsatzes der dauernden Enteignung.
1.2 Diebstahl geringwertiger Sachen
Der Diebstahl geringwertiger Sachen wird gemäß § 248a StGB nur auf Antrag verfolgt.
Nach dem Beschluss OLG Frankfurt am Main 09.05.2008 - 1 Ss 67/08 ist eine Sache geringwertig, wenn ihr Wert 50,00 EUR nicht übersteigt.
Containern:
Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen die Verurteilung von zwei Frauen wendeten, die Lebensmittel aus einem verschlossenen Abfallcontainer eines Supermarktes (sogenanntes "Containern") entwendet hatten (BVerfG 05.08.2020 - 2 BvR 1985/19):
"Die Feststellung, ob die Entnahme von Lebensmitteln aus einem Abfallbehälter eine strafbare Wegnahme einer fremden Sache darstellt, obliegt daher den Fachgerichten. Diese haben unter Würdigung der konkreten Umstände des jeweiligen Sachverhalts zu entscheiden, ob die Abfälle durch eine Eigentumsaufgabe gemäß § 959 BGB herrenlos geworden sind, ob ein Übereignungsangebot an beliebige Dritte vorlag oder ob die Abfälle im Eigentum des bisherigen Eigentümers verblieben."
1.3 Diebstahl mit Waffen
In § 244 StGB ist die Diebstahlsbegehung mit Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen, als Bandendiebstahl oder als Wohnungseinbruchdiebstahl geregelt.
In § 244 Abs. 3 StGB ist eine Strafzumessungsregel für den minder schweren Fall geregelt:
Eine derartige Regelung war insbesondere im Hinblick auf § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a StGB notwendig, der allein das Mitsichführen einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges beim Diebstahl unter erhöhte Strafandrohung stellt, was dazu führt, dass vom Anwendungsbereich des § 244 StGB unter Umständen auch Taten erfasst werden, die nur einen geringen Unrechtsgehalt aufweisen.
Schwierigkeiten bereitet insbesondere das Beisichführen von Alltagsgegenständen, von denen viele auch als Mittel zur Gewaltanwendung oder -androhung eingesetzt werden könnten (z.B. Schlüssel oder Gürtel). In der Rechtsprechung und Literatur wurde zur Begrenzung des Anwendungsbereiches der Strafnorm teilweise versucht, bei der Auslegung des Begriffes "gefährliches Werkzeug" einschränkende subjektive Kriterien heranzuziehen. Diesen Versuchen ist der BGH mit seiner Entscheidung vom 03.06.2008 - 3 StR 246/07 unter Verweis auf den Wortlaut der Norm, auf systematische Argumente sowie auf den Sinn und Zweck der Regelung entgegengetreten.
Die Abgrenzung muss demzufolge allein nach objektiven Kriterien erfolgen, für die es nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/4143) eine Vielzahl von Lösungsansätzen gibt, von denen sich noch keiner durchgesetzt hat. Um sicherzustellen, dass in jedem Einzelfall eine angemessene Strafe verhängt werden kann, bedarf es einer Strafzumessungsregelung für den minder schweren Fall.
1.4 Wohnungseinbruchdiebstahl
Es ist mit der am 22.07.2017 in Kraft getretenen Änderung des § 244 StGB nunmehr zwischen einem Wohnungseinbruchdiebstahl und als Unterform einem Wohnungseinbruchdiebstahl in eine dauerhafte genutzte Privatwohnung zu unterscheiden:
Der Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung ist als neuer Absatz 4 mit einem verschärften Strafrahmen (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahre) ergänzt und damit ein Verbrechen.
Flankierend dazu kann die Strafzumessungsregelung des minder schweren Falles in § 244 Abs. 3 des StGB nur noch für den Diebstahl mit Waffen, den Bandendiebstahl und den Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 Absatz 1 Nummern 1 bis 3 StGB) angewendet werden.
Hinweis:
Hintergrund der Gesetzesänderung ist:
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Beschluss vom 24. April 2008 - 4 StR 126/08 ausgeführt, dass ausgehend von der Auslegung des § 123 StGB der Begriff der Wohnung grundsätzlich alle abgeschlossenen und überdachten Räume umfasst, die Menschen zumindest vorübergehend als Unterkunft dienen. Mit Blick auf die Motive des Gesetzgebers, neben dem Schutz des Eigentums den verstärkten Schutz der häuslichen Privat- und Intimsphäre zu verstärken, scheidet nach dem BGH die Anwendbarkeit aus, wenn der Täter in Räumlichkeiten einsteigt oder einbricht, die nicht diesem besonderen Schutzbereich zuzuordnen sind. Der BGH zählt zu dem Begriff der Wohnung auch die Kellerräume eines Einfamilienhauses (BGH 08.06.2016 - 4 StR 112/16), also Räumlichkeiten, die nicht vom Wohnbereich getrennt sind, Hotelzimmer (BGH 03.05.2001 - 4 StR 59/01) und Wohnmobile und Wohnwagen jedenfalls dann, wenn sie Menschen vorübergehend zur Unterkunft dienen (BGH 11.10.2016 - 1 StR 462/16).
Damit wird die dauerhaft genutzte Privatwohnung unter den herausgehobenen strafrechtlichen Schutz gestellt, wie er in dem auf ein Jahr Freiheitsstrafe erhöhten Mindestmaß zum Ausdruck kommt. Geschütztes Tatobjekt sind nach der Gesetzesbegründug (BT-Drs. 18/12359) sowohl private Wohnungen oder Einfamilienäuser und die dazu gehörenden, von ihnen nicht getrennten weiteren Wohnbereiche wie Nebenräume, Keller, Treppen, Wasch- und Trockenräume sowie Zweitwohnungen von Berufspendlern.
Andere Räumlichkeiten, die keine dauerhaft genutzte Privatwohnung darstellen und Menschen nicht nur vorübergehend zur Unterkunft dienen, fallen unter den Begriff der Wohnung im Sinne des § 244 Absatz 1 Nummer 3 StGB. Eine Anwendung des minder schweren Falles für den Wohnungseinbruchdiebstahl in die dauerhaft genutzte Privatwohnung ist ausgeschlossen.
Ansetzen zur Verwirklichung des Wohnungseinbruchsdienstahls: Bei Qualifikationstatbeständen wie auch bei Tatbeständen mit Regelbeispielen ist grundsätzlich auf das Ansetzen zur Verwirklichung des Grundtatbestandes abzustellen. Das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung besteht in einem Verhalten des Täters, das nach seiner Vorstellung in ungestörtem Fortgang ohne Zwischenakte zur - vollständigen - Tatbestandserfüllung führt oder im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang in sie einmündet. Diese Voraussetzung kann schon gegeben sein, bevor der Täter eine der Beschreibung des gesetzlichen Tatbestandes entsprechende Handlung vornimmt. Regelmäßig genügt es allerdings, wenn der Täter ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht. Es muss aber immer das, was er zur Verwirklichung seines Vorhabens unternimmt, zu dem in Betracht kommenden Straftatbestand in Beziehung gesetzt werden (BGH 20.09.2016 - 2 StR 43/16).
1.5 Bandendiebstahl
"Voraussetzung für die Annahme einer bandenmäßigen Begehungsweise ist neben der Mitwirkung eines weiteren Bandenmitglieds jedoch, dass die Einzeltat Ausfluss der Bandenabrede ist und nicht losgelöst davon ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt wird" (BGH 15.11.2022 - 6 StR 68/22).
2 Versicherungsrecht
In dem Urteil OLG Karlsruhe 20.09.2005 - 12 U 159/05 hat das Gericht die Anforderungen an den Nachweis eines Einbruchsdiebstahl dargelegt: Nach der ständigen Rechtsprechung genügt der Versicherungsnehmer seiner für den Eintritt der Hausratsversicherung notwendigen Beweislast für einen Einbruchdiebstahl, wenn er einen Sachverhalt behauptet und beweist, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass die versicherte Sache in einer von den Versicherungsbedingungen erfassten Weise entwendet worden ist.
In dem zu entscheidenden Fall wurde wie in der Vorinstanz der Nachweis des Geschädigten über einen erlittenen Einbruchdiebstahl abgelehnt. Als Einbruchspuren wurden eine Beschädigung am Hoftor, der Ausbau des Schließzylinders der Eingangstür sowie das Aushebeln der Zwischentür zum Keller festgestellt. Nach dem Gutachten des Sachverständigen kann der Ausbau des Türzylinders ohne Beschädigungen nur bei einer geöffneten Tür erfolgen. Beschädigungen der Tür konnten jedoch nicht festgestellt werden.
Daneben wurde nunmehr vom BGH entschieden, dass das vom Versicherungsnehmer zu beweisende äußere Bild eines Einbruchdiebstahls nicht voraussetzt, dass vorgefundene Spuren "stimmig" in dem Sinne sind, dass sie zweifelsfrei auf einen Einbruch schließen lassen. Insbesondere müssen nicht sämtliche, typischerweise auftretenden Spuren vorhanden sein (BGH 08.04.2015 - IV ZR 171/13).