Hausratversicherung: BGH verschärft die Belehrungspflichten des Versicherers bei Stehlgutliste!

Schaden, Versicherung und Haftpflicht
29.06.2009743 Mal gelesen

Die Versicherung kann sich nicht auf Ihre Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Obliegenheit nach § 21 Nr. 1 c VHB berufen, wenn sie den Versicherungsnehmer nicht darauf hingewiesen hat, dass eine Stehlgutliste auch bei der Polizei einzureichen ist. Die Versicherung ist aufgrund überlegener Sach- und Rechtskenntnis dazu verpflichtet!

Bei dem hier betroffenen Versicherungsnehmer wurde wegen seiner urlaubsbezogenen Abwesenheit in seine Wohnung eingebrochen. Deswegen meldete er nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub seiner Versicherung den Schadensfall und nahm seinen Versicherer aus der abgeschlossenen Hausratversicherung auf Ersatz für die bei dem Einbruchdiebstahl abhanden gekommenen und beschädigten Sachen in Anspruch. Am selben Tag übersandte die Versicherung ihrem Versicherungsnehmer ein Formular zur Schadenanzeige. Darin wurde er aufgefordert, alle in der Schadensmeldung aufgeführten Fragen zu beantworten. Die Fragen betrafen unter anderem die Polizeidienststelle, welcher der Schaden gemeldet wurde, die diesbezügliche Tagebuchnummer sowie die vom Schaden betroffenen Sachen. Bezüglich der gestohlenen und beschädigten Sachen sollte der Versicherungsnehmer eine sog. Stehlgutliste anfertigen, das heißt ein Verzeichnis mit Datum und Preis der Anschaffungen. Ein Hinweis die Stehlgutliste auch bei der Polizei einzureichen, enthielt das Anschreiben der Schadenanzeige nicht. So kam es, dass der Versicherungsnehmer die Stehlgutliste unverzüglich der Versicherung einreichte, jedoch erst einen Monat später bei der Polizei. Daraufhin berief sich der Versicherer auf Leistungsfreiheit und lehnte die Zahlung bezüglich des Schadens ab. Deswegen klagte der Versicherungsnehmer vor dem Landgericht.
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 23.861,- € gerichteten Klage in Höhe von 15.000,- € stattgegeben und im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Versicherungsnehmers zurückgewiesen und die Klage auf die Berufung der Versicherung vollständig abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Versicherungsnehmer den Anspruch in voller Höhe weiter. Der BGH war jedoch als zuständiges Revisionsgericht der Auffassung, dass die Versicherung nicht wegen Verletzung der Obliegenheit nach § 21 Nr. 1 c VHB von der Verpflichtung zur Leistung frei ist. Der Versicherung ist das Berufen auf Leistungsfreiheit nach Treu und Glauben verwehrt, wenn sie als Versicherer aufgrund überlegener Sach- und Rechtskenntnis verpflichtet ist, den Versicherungsnehmer bei rechtzeitiger Anzeige des Versicherungsfalles über die Obliegenheit und die Rechtsfolgen ihrer Verletzung zu belehren. Dies ist der Fall, wenn der Versicherer nähere Angaben zum Versicherungsfall, zur Anzeige bei der Polizei und eine Liste der abhanden gekommenen Sachen anfordert. Damit wird dem Versicherungsnehmer erkennbar gemacht, was der Versicherer von ihm für die Prüfung des Versicherungsfalles erwartet. Der Versicherungsnehmer kann dann annehmen, dass der Versicherer ihn über das, was zu tun ist, informiert hat und Weiteres nicht erforderlich ist. Ein solcher Hinweis der Versicherung hat in dem Schreiben gefehlt.
Die Revision des Versicherungsnehmers führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung und erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht.
BGH 17.09.2008, IV ZR 317/05
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.