BGH zur Irreführung durch Preisvergleich bei Abweichung der Bemessungsgrundlagen

Internet, IT und Telekommunikation
09.06.2010597 Mal gelesen
1. Nachdem es lange Zeit ein Verbot dahingehend gab, wurde es durch die zunehmende Liberalisierung auch im Werbebereich möglich, dass Waren und Dienstleistungen verschiedener Unternehmen vergleichend gegenübergestellt werden dürfen.
 
2. Ganz ohne Grenzen geht es dann allerdings doch nicht, sodass § 6 UWG Reichweite und Grenzen der vergleichenden Werbung manifestiert.
 
3. So ist die vergleichende Werbung von dem Grundsatz getragen, dass die sich gegenüber gestellten Waren und Dienstleistungen miteinander vergleichbar sein müssen und der Vergleich anhand von objektiven und nachprüfbaren Kriterien zu erfolgen hat.
 
4. Dabei ist darauf zu achten, dass das eigene Produkt oder die eigene Dienstleistung nicht besser dargestellt wird, als dies tatsächlich der Fall ist, was mit nachfolgender Entscheidung verdeutlicht werden soll.
 
a) Die spätere Beklagte als private Paketzustellerin warb auf Werbeplakaten mit der Aussage: "Die Alternative zum klassischen Postweg - Maße rauf. Preise runter!" Neben diesen Satz wurden die Preise der späteren Klägerin für entsprechende Paketgrößen der Preise der späteren Beklagten gegenübergestellt. Aus dieser Gegenüberstellung war ersichtlich, dass die Paketpreise der späteren Beklagten durchweg günstiger waren. Dies stellte die spätere Klägerin fest und verlangte von der späteren Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs-und Verpflichtungserklärung mit der Begründung, dass diese Gegenüberstellung zwar grundsätzlich zulässig sei, aber die spätere Beklagte nur einseitig diejenigen Konstellationen aufgeführt habe, in denen die Beklagte günstigere Paketpreise vorweisen könne. Diese Verschiebung der Sichtweise führe die angesprochenen Verkehrskreise irre. Nachdem die spätere Beklagte die Abgabe einer solchen Erklärung verweigerte, wurde zum zuständigen Gericht Klage auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Schadensersatz sowie Ersatz der Kosten für die erfolglose Abmahnung erhoben. Während das Ausgangsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilte, hob das Berufungsgericht das Urteil auf und wies die Klage ab. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit der zugelassenen Revision und erstrebte damit die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
 
b) Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 19.11.2009 unter dem Aktenzeichen I ZR 141/07 das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, sodass letztendlich die Beklagte zur erstinstanzlich beantragten Unterlassung verurteilt wurde. Der Bundesgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen habe, dass die in Rede stehende Werbung nicht irreführend sei. Nach der Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG handle unlauter, wer bei einem Vergleich sich nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Ware oder Dienstleistung beziehe. Gerade hieran fehle es aber in der vorliegenden Fallkonstellation, denn die Beklagte habe auf wesentliche Unterschiede nicht hingewiesen. Denn aus der in der Werbung wiedergegebenen Tabelle lasse sich nicht erkennen, dass das Tarifsystem der Klägerin bei Paketen und Päckchen in einem bestimmten Größenbereich anders ausgestaltet sei, als dies bei der Klägerin der Fall ist. Diese erhebliche Abweichung hätte aber offenbart werden müssen, um den unzutreffenden Eindruck zu vermeiden, dass die Beklagte stets günstiger sei.
 
5. Diese Entscheidung zeigt, dass die vergleichende Werbung anhand von Kriterien vorzunehmen ist, die auch miteinander tatsächlich vergleichbar sind. Sollte es bei einzelnen Kriterien der Gegenüberstellung zu Abweichungen kommen, kann eine Irreführung durch eine geeignete Klarstellung beseitigt werden. Wie diese Klarstellung und in welchen Umfang diese zu erfolgen hat, bleibt Frage des Einzelfalls und bedarf einer konkreten Prüfung.
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