Geliebtentestamente nicht grundsätzlich „sittenwidrig“

Erbschaft Testament
30.03.20091339 Mal gelesen

Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22.08.2008 ist eine Verfügung von Todes wegen nicht schon deshalb sittenwidrig, weil zwischen dem Erblasser und der Bedachten ein außereheliches Liebesverhältnis bestanden hat, gleichgültig, ob einer der beiden oder beide verheiratet waren. Sittenwidrigkeit im Sinne des Gesetzes (§ 138 Abs. 1 BGB) greife nur ein, wenn die Zuwendung ausschließlich den Zweck hatte, geschlechtliche Hingabe zu belohnen oder zu fördern. (OLG Düsseldorf, AZ.: I-3 Wx 100/08)

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Erbrecht Michael Henn, Vizepräsident der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Nürnberg unter Bezugnahme auf das kürzlich veröffentlichte Urteil. In dem ausgeurteilten Fall stritten die Ehefrau und die Tochter des am 28.06.2006 verstorbenen Erblassers mit dessen Lebensgefährtin, die er durch notarielles Testament zu seiner Alleinerbin eingesetzt hatte. Sie hatten das Testament "wegen Sittenwidrigkeit angefochten" und beantragt, ihnen als gesetzlichen Erben zu je 1/2 den Erbschein zu erteilen. Hierzu trugen sie vor, dass das Testament sittenwidrig sei. Das ergebe sich schon aus der Honorierung der rein sexuellen Beziehung des Erblassers mit der Lebengefährtin, die aus dem "Milieu" stamme. Es sei unzumutbar, mit der langjährigen "Geliebten" des Erblassers nun bei der Verwaltung von zwei Häusern, die ihr als Ehefrau zu 1/2 gehörten und mit der anderen Hälfte in den Nachlass gefallen seien, zusammenarbeiten zu müssen. Auch die vom Erblasser gewollte Möglichkeit, dass seine "Geliebte" die Häuser (teilungs-) versteigern lassen und so die Witwe "auf die Straße" setzen und deren wirtschaftliche Existenz vernichten könne, führe zur Sittenwidrigkeit. Die Lebensgefährtin hingegen machte geltend, dass ihre Beziehung zu dem Erblasser habe bereits seit 1987 bestanden habe. Die Ehefrau habe davon gewusst. Der Erblasser habe seitdem seine Freizeit mit ihr verbracht und sei nur zum Schlafen in die frühere eheliche Wohnung zurückgekehrt. Die Eheleute hätte seitdem getrennte Schlafzimmer gehabt. Seit 1999 - nach dem Erwerb der Eigentumswohnung durch sie - habe der Erblasser nur noch sporadisch bei seiner Ehefrau übernachtet. Nach seiner Erkrankung im Jahre 2002 sei er vollständig zu ihr gezogen und habe mit ihr zusammen gelebt. Nach Durchführung einer Beweisaufnahme mit Zeugenvernehmungen zu der Frage, ob der Erblasser das Testament ausschließlich errichtet habe, um die Lebensgefährtin für geschlechtliche Beziehungen zu belohnen und sie zu deren Fortsetzung zu bestimmen, oder ob er mit ihr in nichtehelicher Gemeinschaft gewohnt habe, kündigte das Amtsgericht sodann an, der Lebensgefährtin den beantragten Erbschein zu erteilen, weil die Beweisaufnahme für eine Sittenwidrigkeit nichts erbracht habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Erblasser zumindest über siebzehn Jahre hinweg mit der Beteiligten zu 3. in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt habe.

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Ehefrau und der Tochtger gegen diesen Beschluss das hat das Oberlandesgericht nun in letzter Instanz zurückgewiesen, so Henn. Bereits seit 1970 vertrete der BGH die Auffassung, dass eine Verfügung von Todes wegen nicht schon deshalb sittenwidrig ist, weil zwischen dem Erblasser und der Bedachten ein außereheliches Liebesverhältnis bestanden hat, gleichgültig, ob einer der beiden oder beide verheiratet waren; vielmehr greife die Sittenwidrigkeit eines Testaments nach § 138 Abs. 1 BGB nur dann ein, wenn die Zuwendung ausschließlich den Zweck hatte, geschlechtliche Hingabe zu belohnen oder zu fördern. Dies sei nach den Erlenntnissen der Voristanzen jedoch nicht der Fall. Hinsichtlich des zweiten Aspektes des "Geliebtentestaments", der sittenwidrigen Zurücksetzung von Angehörigen, gelte, dass das Erbrecht des BGB vom Grundsatz der Testierfreiheit beherrscht sei, der seinerseits unter dem Schutz der Erbrechtsgarantie des Grundgesetzes stehe. In der Freiheit, über sein Vermögen letztwillig zu verfügen, werde ein Erblasser - was die Rechtsbeschwerde verkennt - regelmäßig weder durch moralische Pflichten gegenüber Personen, die ihm nahe standen und für ihn sorgten, noch durch das der gesetzlichen Erbfolge zugrunde liegende sittliche Prinzip beschränkt. Der Wille des Erblassers gehe grundsätzlich vor.

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