Rechtsanwalt Tip Unterhaltsrecht: Auskunft über Einkommen des neuen Ehepartners einforderbar (Familienunterhalt)

Rechtsanwalt Tip Unterhaltsrecht: Auskunft über Einkommen des neuen Ehepartners einforderbar (Familienunterhalt)
25.03.20111412 Mal gelesen
Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung (BGH XII ZR 124/08) die Frage geklärt, ob Unterhaltsschuldner verpflichtet sind, auch über die Einkommensverhältnisse ihrer neuen Ehepartner Auskunft zu erteilen.

I. Ausgangslage:

Im Rahmen von Unterhaltsstreitigkeiten kommt es immer wieder zu der Fallgestaltung, dass der in Anspruch genommene Unterhaltsschuldner neu verheiratet ist, dabei selbst wenig verdient, aber eben sein neuer Ehepartner erhebliches Einkommen zu verzeichnen hat. Der Unterhaltsschuldner partizipiert im Rahmen der neuen Ehe nun hieran nicht nur faktisch wirtschaftlich, sondern auch rechtlich: Ihm steht bei bestehender Ehe ein Anspruch auf sogenannten Familienunterhalt zu, d..h. auf Teilhabe an den regelmäßigen Einkünften seines neuen Ehepartners, insbesonders in Form des Taschengeldes zur eigenen Verwendung.

Diese Teilhabe wiederum erhöht seine eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, sodass es für die Bestimmung des Unterhaltsanspruches entscheidend darauf ankommt, über diese Einkünfte des neuen Ehepartners auch entsprechend Auskunft zu erlangen.

 II. So auch der konkrete Fall:

 Ein volljähriges Kind, welches noch zur Schule ging und bei seiner Mutter lebte, verlangte von seinem Vater Kindesunterhalt. Der Vater hatte nach Scheidung von der Mutter neu geheiratet: Er selbst ging seither nur einer geringfügigen Hausmeistertätigkeit nach, hatte dementsprechend eigene Einkünfte lediglich unterhalb des Selbstbehaltes und lebte ansonsten von den Einkünften seiner neuen zweiten Ehefrau.

Das Kind begehrte nun zur Bestimmung seines Unterhaltsanspruches Auskunft vom Vater über eben diese Einkommensverhältnisse der neuen Ehefrau nebst entsprechenden Belegen: Sein Vater habe Einnahmen, über die er sich sonst nicht anders Kenntnis verschaffen könne, daher sei er auf die Auskunft zur Realisierung seines Unterhaltsanspruches zwingend angewiesen.

Der Vater lehnte dies ab: Seine neue Ehefrau sei ihm nicht zur Auskunft verpflichtet, im übrigen habe er mit seiner neuen Ehefrau Gütertrennung vereinbart, weiterhin verstoße die Verpflichtung zur Auskunft über das Vermögen der Ehefrau gegen das verfassungsrechtlich geschützte allgemeine Geheimhaltungsinteresse.

Das Amtsgericht hatte die Auskunftsklage noch abgewiesen, das Oberlandesgericht (OLG) als Berufungsgericht hatte der Klage dagegen stattgegeben, wogegen der Vater mittels Revision vor den BGH zog.

 III. Die Entscheidung des BGH

Obwohl die Rechtsfrage seit langem schon auch in der Rechtsprechung umstritten war, hat sich der BGH ganz klar auf Seiten des Klägers gestellt und der Auskunftsklage stattgegeben:

 Der Unterhaltsschuldner, der gegen seinen  - neuen - Ehepartner einen Anspruch auf Familienunterhalt und Taschengeld hat, müsse dieses Taschengeld auch für den Unterhalt eigener Kinder aus erster Ehe einsetzen, sodass dem Kind dementsprechend auch ein diesbezüglicher Auskunftsanspruch über die Einkünfte der neuen Ehefrau zuerkannt werden müsse. Dieser Auskunftsanspruch sei auch nicht auf eine rechtlich unmögliche Leistung gerichtet: Ehepartner schulden sich wechselseitig Unterrichtung über ihre Einkommensverhältnisse, sodass  der Unterhaltsschuldner die Auskunft auch rechtlich und tatsächlich selber erlangen kann.

Allerdings machte der BGH eine Einschränkung:

Der Auskunftsanspruch des Unterhaltsgläubigers könne nicht weiter gehen, als derjenige Anspruch, den der Unterhaltsschuldner selber habe: Der Unterrichtungsanspruch zusammenlebender Ehepartner gehe schließlich nur dahin, sich in groben Zügen über die eigenen Einkommensverhältnisse wechselseitig zu unterrichten. Auch der Unterhaltsgläubiger könne daher nur eine ungefähre Auskunft verlangen, nicht aber die Vorlage von Belegen.

 Fazit:

Unterhaltsgläubiger (minderjährige Kinder, volljährige Kinder, Frauen und Männer aus erster Ehe) sind bei der Geltendmachung und Berechnung ihrer Unterhaltsansprüche auf die Auskunft des Unterhaltsschuldners angewiesen, daher dieser Auskunftsanspruch auch gesetzlich verankert und zur Not selbstständig einklagbar ist. Ist der Unterhaltsschuldner nun in zweiter Ehe verheiratet und hat selber keine wesentlichen Einkünfte, muss er den ihm zustehenden Unterhaltsanspruch gegen seinen neuen Ehepartner (Familienunterhalt) mindestens in Höhe des sogenannten Taschengeldes einsetzen, um seine "alten" Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen. EinUnterhaltsgläubiger hat daher einen Auskunftsanspruch gegenüber seinem Unterhaltsverpflichteten auch im Hinblick auf die Einkünfte dessen neuen Ehepartners.

 Kritik und Bewertung

Die Entscheidung ist nicht unumstritten und unterliegt auch gewissen Bedenken.

Keine Bedenken gibt es zwar im Hinblick auf eine Gütertrennung des Unterhaltsschuldners und seines neuen Ehepartners: Gütertrennung betrifft zum einen nicht den Unterhalt und der Familienunterhalt, so auch der Trennungsunterhalt, sind ohnehin nicht ausschließbar oder verzichtbar.

Aber der neue Ehepartner wird immerhin - wenn auch mittelbar über den Umweg des Unterhaltsschuldners - zur Auskunft verpflichtet gegenüber einer Person, mit der er rechtlich betrachtet eigentlich nichts zu schaffen hat. Dies ist dem deutschen Recht eigentlich fremd: Warum soll die Rechtsbeziehung zwischen zwei Personen zu Lasten eines Dritten gehen und warum soll dieser Dritte private Geheimnisse preisgeben müssen ?

Mitzutragen ist die BGH-Entscheidung aber letztlich doch, da nicht einzusehen ist, weshalb sich ein Unterhaltsschuldner in die Arme seines neuen Ehepartners flüchten können soll  unter Verschleierung seiner tatsächlichen Einkommensverhältnisse: Denn letztlich wird von ihm nur das verlangt,  was jeder andere Unterhaltsschuldner auch schuldet: Auskunft über die tatsächlichen Einkommenverhältnisse zu geben, egal woher sie stammen. Die Interessen des neuen Ehegatten haben demgegenüber zurückzustehen, da von ihm nicht mehr verlangt wird, als er gegenüber dem Ehepartner auch erfüllen müsste.

Rechtsanwalt M. Henke, Dortmund