Beförderungen bei der DTAG erst nach höherwertigem Einsatz?

Beamtenrecht
11.05.202099 Mal gelesen
Vor der Beförderungsentscheidung ausgeübte höherwertige Tätigkeiten sind nicht als Bewährung anzurechnen.

In mehreren Beförderungsverfahren der Deutschen Telekom AG ging es um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Beförderung davon abhängig gemacht werden darf, dass der Beamte sich bereits vor der Auswahlentscheidung in einer höherwertigen Funktion bewährt hat. Die DTAG hatte in einigen Fällen Beamte trotz guter Beurteilungsnoten von einer Beförderung ausgeschlossen, weil diese sich nicht zuvor in einer höherwertigen Tätigkeit bewährt hatten. Die DTAG stützte sich insoweit auf § 32 Nr. 2 der Bundeslaufbahnverordnung, wonach eine Beamtin oder ein Beamter befördert werden kann, wenn im Fall der Übertragung einer höherwertigen Funktion die Eignung in einer Erprobungszeit nachgewiesen wurde.

Diese Praxis haben wir in mehreren Verfahren erfolgreich mit dem Argument angefochten, dass sich das Erfordernis der Bewährung auf eine künftig zu übertragende höherwertige Tätigkeit bezieht und nicht auf vergangene Einsätze.

U. a. hat das Verwaltungsgericht Hannover in einem Beschluss vom 23.01.2018 festgestellt, dass die klagende Beamtin nicht allein wegen fehlender Erprobungszeiten vom Beförderungsverfahren hätte ausgeschlossen werden darf. In dem Fall ging es um eine Beförderung von A11 nach A12. Auf der Beförderungsliste standen 23 Beamte. Verfügbar war eine einzige Beförderungsplanstelle. Voraussetzung für eine Beförderung war ein Gesamturteil in der dienstlichen Beurteilung von mindestens "sehr gut ." Der für die Beförderung ausgewählte Konkurrent und auch unsere Mandantin hatten beide diese Beurteilungsnote erhalten. Der zum Verfahren beigeladene Konkurrent wurde mit der vorstehend beschriebenen Begründung ausgewählt, dass er in der Vergangenheit bereits eine Erprobung in einer höherwertigen Tätigkeit erfolgreich absolviert hatte. Das Verwaltungsgericht untersagte der Telekom die geplante Beförderung, weil zum einen gar nicht hinreichend geklärt war, dass der Konkurrent tatsächlich einen höherwertigen Einsatz gehabt hatte. Außerdem hätte die Erprobung auf einem höherwertigen Posten nur dann berücksichtigt werden dürfen, wenn auch dieser Posten in einem Auswahlverfahren unter Beachtung des Leistungsprinzips vergeben worden wäre. Dies sei aber nicht erkennbar. Außerdem würde die zugerechnete Erprobungszeit zeitlich so weit zurückliegen, dass sie für einen aktuellen Leistungsvergleich keine Aussagekraft mehr habe.

VG Hannover - Beschluss vom 23.01.2018 - Az.: 13 B 6159/17

Dieser Beschluss ist rechtskräftig.

Auf der gleichen Linie liegt ein Beschluss des VG Minden vom 30.01.2020. In dieser Entscheidung stellt das Gericht fest, dass nach der Beförderungssystematik der Telekom eine Erprobung schon deshalb nicht gefordert werden dürfe, weil die Beförderung gar nicht mit der Übertragung einer höherwertigen Funktion verbunden sei, die der Beamte künftig wahrnehmen solle. Denn die Besetzung von Dienst- oder Arbeitsposten erfolge bei der Telekom unabhängig von den Beförderungsentscheidungen. Die Erprobung sei nur dann notwendig, wenn der Beamte in der Zukunft höherwertig tätig werden solle.

VG Minden - Beschluss vom 30.01.2020 - Az.: 12 L 1514/18

Die dagegen erhobene Beschwerde der Deutschen Telekom AG wurde vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 05.05.2020 im Wesentlichen zurückgewiesen. Die Beschwerde hatte lediglich insoweit Erfolg, als das Oberverwaltungsgericht den Zeitpunkt, bis zu dem die Telekom das vorläufige Beförderungsverbot berücksichtigen muss, etwas "vordatiert" hat. Wenn die DTAG eine neue Beförderungsentscheidung durch Bescheid trifft, verliert das vorläufige Beförderungsverbot seine Wirksamkeit. Gegen die neue Entscheidung müsste gegebenenfalls ein neues Eilverfahren geführt werden. Auf das Gesamtergebnis des Verfahrens wirkt sich diese Einschränkung aber nicht aus. Das Oberverwaltungsgericht bestätigt die Entscheidung der Vorinstanz und stellt fest, dass eine vorhergehende Erprobung auf einem höherwertigen Arbeitsposten für eine Beförderung im System der Deutschen Telekom AG nicht erforderlich ist.

Die einschlägigen Regelungen des Bundesbeamtengesetzes, der Bundeslaufbahnverordnung sowie auch der Beförderungsrichtlinien der Deutschen Telekom AG würden - so das OVG - nur Verfahren betreffen, in denen ein neuer Dienstposten, also eine neue Funktion im Sinne einer anderen Tätigkeit als bisher, übertragen werden soll. Ein solcher Funktionswechsel ist im Beförderungssystem der Deutschen Telekom AG jedoch gerade nicht vorgesehen. Die beförderten Beamten bleiben nach Übertragung des neuen Statusamtes und der neuen Besoldungsgruppe in ihren bisherigen Funktionen weiter tätig. Die Beförderungen können also ohne vorhergehende Erprobung erfolgen. Nach einer solchen Beförderung sei dem Beamten ein dem neuen Statusamt angemessener Dienstposten zu übertragen, wenn er nicht bereits einen solchen (gegebenenfalls auch gebündelten) Dienstposten innehat und weiter auf diesem eingesetzt werden soll.

OVG Nordrhein-Westfalen - Beschluss vom 05.05.2020 - Aktenzeichen: 1 B 202/20

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