Hier geht es um Ihr Geld. Immer wieder beschweren sich Unfallgeschädigte über zögerliche Schadensersatzzahlungen der Versicherung. Vor allem, wenn schnell ein telefonischer Kontakt über die so genannte "Hotline" zur Versicherung zustande kommt. Alles klingt anfangs so einfach: Schon in den nächsten Tagen soll der Geschädigte einen Scheck oder eine Überweisung zum Schadensersatz bekommen! Der Unfall-PKW wird sogar von der gegnerischen Versicherung abgeholt, von deren eigenen Kfz-Sachverständigen wird der Schaden geschätzt und es wird oft sogar ein Unfall-Ersatzwagen (Mietwagen) gestellt.
Der neueste Trick einiger Versicherungen:
"Schutzbriefe" werden neuerdings sehr preiswert oder sogar kostenlos im Zusammenhang mit dem Abschluss einer neuen Kfz.-Haftpflichtversicherung angeboten.
Dies dient u.a. folgenden Zweck: Die Versicherungen wollen als erster Ansprechpartner von dem Unfall erfahren, um den Schaden auf die billigste Weise - also möglichst ohne Gutachter und Rechtsanwälte - regulieren zu können.
Auf diese Weise können die Versicherungen nun schon mit der Beauftragung des Abschleppunternehmens /Mietwagenunternehmens ihren Einfluss geltend machen.
Doch wer sich im Rahmen solch eines HOTLINE-Telefonats darauf einlässt, zahlt dann leider oft drauf. Ab ca. 1.000,- € Schaden ist man nämlich berechtigt, einen eigenen Gutachter zu beauftragen. Die Kosten hierfür muss der Unfallverursacher tragen. Ein eigenes, unabhängiges Gutachten spart aber Ihr Geld, denn "Schadenschnelldienste" der Versicherungen spielen den Schaden oft herunter. Gutachter haben schließlich einen Ermessensspielraum bei deren Entscheidungen.
Was außerdem wenigen Bürgern bekannt ist: Der Gesamtverband Deutsche Versicherungswirtschaft hat die Autobahnnotrufsäulen übernommen. Unter einer 0800-Nummer gibt es sofort Kontakt zur Versicherung mit dem Ziel, den Geschädigten schnellstmöglich in deren Hände zu bekommen, bevor dieser Hilfe von selbst gewählten Gutachtern und einem eigenen Rechtsanwalt in Anspruch nehmen kann.
Ganz im Ernst:
Welcher Mensch, der noch einigermaßen bei Verstand ist, würde in anderen Lebensbereichen den eigenen Schaden vom Verursacher schätzen lassen und dies kritiklos hinnehmen?? Nicht anders ist es aber hier, wenn die gegnerische Haftpflichtversicherung Versprechungen macht. Diese steht aber ja "im Lager des Verursachers" und nimmt auch dessen Interessen wahr - sie ist schließlich seine Haftpflichtversicherung. Eine Partei möchte Geld haben - die andere Partei möchte es so nicht hergeben. Das sind natürlicherweise gegensätzliche Interessenlagen ...
Laut Rechtsprechung sind im Gutachten festgestellte Kosten einer Fachwerkstatt anzusetzen. Oft ermitteln Versicherungen aber viel geringere Reparaturkosten von "Hinterhofwerkstätten" bei der Schadenkalkulation. Diesen benannten "Werkstätten" werden teilweise sogar vertragliche Beziehungen zu den Versicherungen nachgesagt... Verbringungskosten, Nutzungsausfall, UPE-Aufschläge sowie die Wertminderung werden meist gar nicht berücksichtigt. Auch besteht Gefahr, das Versicherungen ungerechtfertigt sogenannte Totalschäden (statt Reparaturschaden) konstruieren, was den Geschädigten dann tausende EURO kosten kann, wenn man sich blind auf diese Bewertungen der gegnerischen Versicherung /deren Gutachter verlässt!
Der Trick der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers besteht oft einfach darin, per "Hotline" sofort Kontakt dem Geschädigten /Unfallopfer herzustellen. Nun ist das Kind schon fast in den Brunnen gefallen - und zwar für den Unfall-Geschädigten:
Jetzt lässt sich nämlich der oft noch unter dem Unfallschock stehende Geschädigte von dem Versicherungsangestellten und dessen extrem freundlicher Stimme am Telefon "einlullen" - der Hauptschaden wird dann erstmal per Scheck oder Überweisung schnell gezahlt. Und am Ende fehlen dann aber meist schnell 500,- € bis 2.000,- € Schadensersatz. Nun ist es praktisch zu spät. Diese noch offenen Rest-Schadenspositionen lassen sich auch per Anwalt kaum noch oder nur noch unter unverhältnismäßig hohem Kosten- und Zeitaufwand der Haftpflichtversicherung entlocken. Diese zahlt ohne Druckausübung einfach nicht mehr und reagiert oft verärgert, wenn Sie nun kurz vor Abschluss der Regulierung einen Anwalt einschalten...
Aus unserer langjährigen Kanzlei-Erfahrung kann aber gesagt werden:
Die Schadensregulierungen, welche von Anfang an durch einen Anwalt geprüft und in vollem Umfang bis ins Detail beim Unfallgegner angemeldet werden, verlaufen am schnellsten und erfolgreichsten.
Viele Versicherungen sind inzwischen sogar dankbar, wenn ein kompetenter Anwalt die Interessen des Geschädigten gebündelt vorträgt - dies erleichtert dem Schadensachbearbeiter der Versicherung die Arbeit und er kann schneller die Schadenzahlung veranlassen!
Die Einschaltung eines Anwalts lohnt sich bei eigenem geringen Kostenrisiko fast in jedem Fall, denn die Schadenspositionen, die der Anwalt "noch herausholt" übersteigen oft bei weitem das Anwaltshonorar und dieses wird vom Gegner in vorgenannten Fällen ohnehin ersetzt. Warum also Geld verschenken?
Zusammengefasst:
. Bei Personenschäden bestehen oft Ansprüche auf eine Haushaltshilfe und Auslagenpauschalen
. Anwaltskosten des Geschädigten /Unfallopfers sind immer vom Gegner /der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers zu übernehmen
. Selbständige können Einkommensausfall und Studenten/ Azubis u. U. einen beruflichen Fortkommensschaden geltend machen
. Angestellte haben im Verletzungsfall oft Anspruch auf Verdienstausfallschaden
. Fahrgeld für Arztbesuche oder Krankenbesuche beim verletzten Angehörigen sind zu ersetzen
. Vorsicht bei körperlichen Verletzungen /Schmerzensgeld und "Abfindungsangeboten" der Versicherung: es droht Verjährung für schwere Zukunfts- /Dauerschäden oder bei Invalidität!
. Mit eigener Rechtsschutzversicherung lohnt sich der Gang zum Anwalt sogar bei angeblich schuldhaftem Unfall (der oft vom Gegner einfach erstmal behauptet wird), da der Anwalt dann oft eine Mitschuld des Gegners ermitteln kann
. Eine Schadenhochstufung bei der eigenen Haftpflichtversicherung lässt sich oft noch vermeiden
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Der Autor RA Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030 - 886 81 505.