Überstunden mit Gehalt abgelten – nur selten wirksam möglich

Arbeitsrecht Kündigung
31.10.2023283 Mal gelesen
Wie eine wirksame Klausel zur Überstundenabgeltung aussehen kann, klären wir in diesem Beitrag.

In vielen Arbeitsverträgen findet sich eine Klausel, wonach alle Überstunden pauschal mit dem Gehalt abgegolten sind. Doch eine solche Regelung ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Wie eine wirksame Klausel zur Überstundenabgeltung aussehen kann, klären wir in diesem Beitrag.

 

Pauschale Abgeltung von Überstunden in der Regel unwirksam

Falls ein Arbeitnehmer aufgrund betrieblicher Notwendigkeiten mehr arbeiten muss, als die regelmäßige Arbeitszeit im Arbeitsvertrag vorsieht, handelt es sich bei dieser Mehrarbeit um Überstunden. 

Häufig findet sich in Arbeitsverträgen folgende Formulierung: "Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten." Dieser Wortlaut impliziert, dass Arbeitnehmer für zusätzlich geleistete Arbeitsstunden keinen Ausgleich erhalten. So kann es zwar in bestimmten Ausnahmefällen zulässig sein, Überstunden nicht gesondert zu vergüten. Steht im Arbeitsvertrag, dass Überstunden pauschal mit dem Festgehalt abgegolten sind, ist das aber unwirksam.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied in einem Urteil aus dem Jahr 2010 (Az.: 5 AZR 517/09), dass unpräzise Formulierungen wie zum Beispiel "übliche Überstunden","Überstunden in geringfügigem Umfang"oder "in angemessenem Rahmen" ungültig sind. Die Richter stellten fest, dass ein solcher Wortlaut zu ungenau und damit intransparent ist. Es ist gerade erforderlich, dass klar definiert wird, welche konkrete zusätzliche Arbeitsleistung gemeint ist.

 

Konkrete Anzahl von Überstunden kann wirksam abgegolten werden

Überstunden können daher nur dann ohne zusätzliche Vergütung abgegolten werden, wenn die Rahmenbedingungen dafür im Arbeitsvertrag klar und verständlich formuliert sind. Der Arbeitgeber muss gerade eine spezifische Anzahl von Überstunden nennen, die im Gehalt inbegriffen sind. Arbeitnehmer dürfen dadurch nicht unangemessen benachteiligt werden. 

Solche rechtswirksamen Überstundenklauseln könnten zum Beispiel lauten: "Pro Monat sind fünfzehn Überstunden mit dem Gehalt abgegolten." bzw. "Mit dem Gehalt sind Überstunden im Umfang von bis zu 15 % über die vereinbarte Wochenarbeitszeit hinaus abgegolten.".

 

Keine gesetzliche Regelung zur möglichen Abgeltung von Überstunden

Es gibt keine pauschale gesetzliche Regelung, wie viele Überstunden pro Woche oder pro Monat als "mit dem Gehalt abgegolten" gelten dürfen. Die Frage, ob eine vertragliche Regelung Arbeitnehmer übermäßig benachteiligt, wird je nach Einzelfall entschieden. Deshalb kann es Sinn machen, die Wirksamkeit einer solchen Klausel in seinem Arbeitsvertrag gerichtlich überprüfen zu lassen.

So kann nach einer Entscheidung des Landearbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 2021 (Az.: 2 Sa 26/21) beispielsweise eine Klausel im Arbeitsvertrag zulässig sein, die besagt, dass bis zu zehn Überstunden pro Monat mit dem Gehalt abgegolten sind, selbst wenn das Gehalt verhältnismäßig niedrig ist.  

Erst wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, gilt die Klausel als sittenwidrig im Sinne des § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Ein auffälliges Missverhältnis liegt jedenfalls dann vor, wenn der Lohn weniger als zwei Drittel des branchenüblichen Tariflohns beträgt. 

 

Ausnahmen vom Verbot der pauschalen Abgeltung von Überstunden

Für Besserverdiener und bestimmte Berufsgruppen besteht dagegen kein Anspruch auf einen Überstundenausgleich. 

Als Besserverdiener wird man eingestuft, wenn das Gehalt über der Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Rentenversicherung liegt. Im Jahr 2023 liegt diese Grenze im Westen Deutschlands bei einem monatlichen Einkommen von 7.300 Euro und im Osten bei 7.100 Euro.

Dies gilt auch für Tätigkeiten, die als sogenannte Dienste höherer Art gelten. Hierbei handelt es sich um Tätigkeiten, die ein besonders hohes Maß an Fachkenntnis, Kunstfertigkeit oder wissenschaftlicher Bildung erfordern. Dazu zählen zum Beispiel Ärzte oder Architekten. Auch in diesen Berufsgruppen kann vertraglich geregelt werden, dass pauschal keine Vergütung für Überstunden gezahlt wird, unabhängig davon, wie viele Überstunden tatsächlich anfallen.

 

Beratung durch Fachanwälte für Arbeitsrecht

Für Arbeitnehmer ist es besonders wichtig, die im Arbeitsvertrag getroffenen Überstundenvereinbarungen im Einzelfall zu begutachten und auf ihre Wirksamkeit untersuchen zu lassen. Unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht haben viel Erfahrung in der Beratung sowohl von Arbeitnehmern als auch von Arbeitgebernhinsichtlich der Handhabung der Abgeltung von Überstunden im Arbeitsvertrag. Wenn Sie zu diesem Thema Fragen haben, dann kontaktieren Sie uns gerne jederzeit.