Kurzarbeitergeld in der Krise.

Kurzarbeit in der Corona-Krise
31.03.2020152 Mal gelesen
Kurzarbeit wurde in der Wirtschaftskrise 2008 zur Verhinderung extremer betriebsbedingter Entlassungswellen eingesetzt.

Aus Sicht der Arbeitnehmer ist die Einführung der Kurzarbeit eine zweifelslos einschneidende Maßnahme, die zu Einkommenseinbüßen führt. Auf der anderen Seite fängt der Arbeitgeber durch Kurzarbeit einen vorübergehenden Beschäftigungsübergang auf und vermeidet damit eine betriebsbedingte Kündigung.

Entscheidet sich der Arbeitgeber gegen eine Kurzarbeit und wird das Arbeitsverhältnis während der andauernden Kriese gekündigt, ist es sinnvoll, eine anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen und evtl. eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Nach der überwiegenden Rechtsprechung wird Kurzarbeit bei vorübergehendem Arbeitsmangel als geeignetes milderes Mittel gegenüber einer Kündigung angesehen. Beruft sich der Arbeitnehmer auf die Möglichkeit der Kurzarbeit, muss der Arbeitgeber im Kündigungsschutzverfahren nachvollziehbar begründen, warum er die betriebsbedingte Kündigung nicht durch die Einführung von Kurzarbeit vermeiden konnte. Die Tatsachen sind im Gerichtsverfahren voll nachprüfbar. Dies birgt auch erhebliche Risiken für den Arbeitgeber, die bei der Entscheidung, ob man eine Kündigung ausspricht oder Kurzarbeit einführt, vom Anfang an gewichtet werden müssen.

Der Arbeitgeber kann die Arbeitszeitverkürzung nicht einseitig im Wege der Ausübung des Direktionsrechts anordnen. In Betrieben ohne Betriebsrat setzen die Einführung von Kurzarbeit und damit verbundene Einkommenseinbuße die Zustimmung aller Arbeitnehmer voraus. Aus meiner Sicht würde jedoch die Weigerung des Arbeitnehmers, der Kurzarbeit zuzustimmen, im Ergebnis zur begründeten betriebsbedingten Kündigung führen. In Einzelfällen ist eine anwaltliche Beratung trotzdem sinnvoll. Insbesondere wenn dem Arbeitnehmer die Reiche seiner Entscheidung nicht klar ist, soll er sich anwaltlich beraten lassen. Die am Arbeitsplatz abgegebenen Erklärungen sind wirksam und können später nicht wiederrufen werden.

Kurzarbeit hilft in vielen Fällen, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Sollte es dennoch dazu kommen, dürften den Beschäftigten durch Kurzarbeit keine Nachteile entstehen. Zeiten des Bezuges von Kurzarbeitergeld wirken sich nicht negativ auf einen Anspruch auf Arbeitslosengeld aus. Falls Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer nach dem Bezug von Kurzarbeitergeld arbeitslos werden, berechnet sich das Arbeitslosengeld nach dem Arbeitsentgelt, das ohne den Arbeitsausfall erzielt worden wäre. Eine entsprechende Regelung in Bezug auf das Elterngeld gibt es nicht. Dies bedeutet, dass der monatliche Durchschnittsverdienst, anhand dessen das Elterngeld berechnet wird, durch den Bezug von Kurzarbeitergeld sinkt. Ob der Gesetzgeber an der Stelle aktiv wird, bleibt abzuwarten.

Während des Bezugs des Kurzarbeitergeldes können auch Weiterbildungsmaßnahmen durch die Bundesagentur für Arbeit gefördert werden.

Bei einer Betriebsvereinbarung kann Kurzarbeit auch ohne das Einverständnis aller Arbeitnehmer eingeführt werden. Daraus ergibt sich eine erhebliche Rolle des Betriebsrates in der Krisenzeit. So kann der Betriebsrat von seinem Initiativrecht nach § 87 I Nr. 3 BetrVG Gebrauch machen und sogar die Einführung der Kurzarbeit über einen Spruch der Einigungsstelle erzwingen. Hat der Betriebsrat der Einführung der Kurzarbeit widersprochen, muss der Arbeitgeber nach der überwiegenden Meinung kein Einigungsstellenverfahren durchführen. Der Arbeitgeber kann die Entscheidung des Betriebsratens akzeptieren und die erforderlichen Kündigungen aussprechen. Spätestens im Zeitpunkt des Anhörungsverfahrens bleibt es dem Betriebsrat unbenommen, von seinem Initiativrecht Gebrauch zu machen.

Auch nach Einführung von Kurzarbeit sind betriebsbedingte Kündigungen nicht zwingend ausgeschlossen, auch wenn Kurzarbeit zuerst indiziell gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf spricht. Dieses Indiz muss der Arbeitgeber entkräften.

Die Kurzarbeit wird vom Arbeitgeber bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt. Die Voraussetzungen sind im SGB III geregelt.

In den letzten Tagen wurde eine Reihe von gesetzlichen Änderungen vorgenommen. Das SGB III wurde insoweit geändert, dass der Bundesregierung in Zukunft ermöglicht wird, für den Fall außergewöhnlicher Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt durch Rechtsverordnung folgende Regelungen einzuführen:

- den Anteil der Beschäftigten, die vom Entgeltausfall betroffen sein müssen, auf bis zu 10 Prozent herabzusetzen,

- auf den Einsatz negativer Arbeitszeitsalden zur Vermeidung von Kurzarbeit vollständig oder teilweise zu verzichten,

-eine vollständige oder teilweise Erstattung der von den Arbeitgebern allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld beziehen, einzuführen.

-Kurzarbeitergeldbezug auch für Leiharbeitnehmer zu ermöglichen.

Eine entsprechende Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit (Kurzarbeitergeldverordnung - KugV) gilt rückwirkend ab dem 01.03.2020.

Trotz einer Reihe von gesetzlichen Erleichterung scheint die Rechtslage für die Betroffenen unübersichtlich zu sein. Eine individuelle rechtssichere Entscheidung zu treffen ist nicht einfach. Gerne unterstützen wir sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer kurzfristig in allen arbeitsrechtlichen Fragen.