U+C mahnt für The Archive AG das Anschauen von Redtube-Filmen ab – erste Streaming Abmahnungen in Deutschland

Abmahnung Filesharing
06.12.20131358 Mal gelesen
Eine Abmahnwelle rollt gerade durch Deutschland. Erstmals werden tausende Nutzer wegen des Konsums von Pornofilmen, die angeblich illegal ins Internet gestellt worden sind, abgemahnt. Verschickt werden die Schreiben von der Regensburger Kanzlei U+C, die auch in der Vergangenheit schon für die Inhaber pornographischer Werke abgemahnt hat. Während es bislang allerdings um die Nutzung illegaler Tauschbörsen ging, richten sich die Abmahnungen diesmal gegen Nutzer der Streaming Plattform Redtube.

"Es ist das erste Mal in Deutschland, dass Nutzer von Streamingplattformen abgemahnt werden. Es ist noch ist völlig offen, wie die Kanzlei an die IP-Adressen der Nutzer gekommen ist. Denkbar ist, dass die Plattform die Adressen selbst herausgegeben hat. Klar ist schon jetzt, dass das Landgericht Köln die Herausgabe der IP-Adressen gestattet hat. Soweit ersichtlich, sind viele Telekom Kunden von den Abmahnungen betroffen. Die aktuellen Abmahnungen beziehen sich auf das Anschauen von Filmen im August 2013, ich gehe davon aus, dass nun kontinuierlich weitere Abmahnungen folgen werden.

Die Kosten

 

Verlangt werden von den Nutzern 250 €. Diese setzen sich wie folgt zusammen:

149,50 € Rechtsanwaltsgebühren zuzüglich einer Pauschale von 20 € für Post und Telekommunikation. Hinzu kommen 15,50 € Schadenersatz und 65 € an Aufwendungen für die Ermittlung der Rechtsverletzung. Der Streitwert, nachdem sich die Rechtsanwaltsgebühren berechnen, ist mit 1080,50 € angesetzt worden. Die Frist zur Zahlung des geforderten Betrages und zur Abgabe der Unterlassungserklärung beträgt nur wenige Tage. Das Streaming folgender Filme wird von U C (Urmann und Collegen) derzeit abgemahnt:

  • Miriam´s Adventures
  • Hot Stories
  • Das Geheimnis um Amanda´s Secret
  • Dream Trip

Legale Privatkopie

 

"Aus unserer Sicht haben die Nutzer hier keine Straftat begangen. Anders als es zum Beispiel bei Kino.to der Fall war, werden die Filme auf Redtube nicht offensichtlich rechtswidrig (im Sinne des Urheberrechts) verbreitet. Sofern also beim Anschauen der Filme überhaupt eine Kopie auf dem eigenen Rechner erfolgt, ist diese als legale Privatkopie gemäß § 53 Urheberrechtsgesetz einzustufen. Hinzu kommt, dass die einzige Kopie, die hier überhaupt angefertigt wird, lediglich in einer wenige Sekunden langen Zwischenspeicherung im flüchtigen Zwischenspeicher des Computers (RAM) besteht. Solche Kopien sind meiner Meinung nach gemäß § 44a Urheberrechtsgesetz erlaubt."

 

U C setzt zu hohen Streitwert an

 

Vollkommen unklar ist, wie sich der Schadensersatzanspruch von 15,50 € errechnen soll. Offenbar wurden hier Lizenzgebühren für den Kauf des Films angesetzt. Korrekt wäre es allerdings gewesen, nur die Gebühren für das Anschauen eines Films einzusetzen, die weit unter diesem Wert liegen dürften. Auch die Aufwendungen für die Ermittlung dürfen nicht pauschal dargelegt sondern müssen konkret aufgeschlüsselt werden. 65 € dürften auch hier zu hoch sein, aus den Filesharing Abmahnungen ist bekannt, dass die Ermittlungsgebühren oft nur bei 2-3 Euro liegen. Der angesetzte Streitwert für die Unterlassungserklärung ist mit 1000 Euro am Limit des Möglichen angesetzt. Diese Streitwerte werden derzeit normalerweise beim Weiterverbreiten von Filmen angenommen. Der Streitwert, der beim reinen Konsum von Filmen angesetzt wird, dürfte deutlich darunter liegen.

 

Umstrittene Rechtlage

 

Die Rechtslage zum Streaming ist unter Juristen nach wie vor umstritten. Offizielle Urteile dazu gibt es noch nicht. Am Rande des Kino.to Verfahrens hat sich zwar ein Amtsrichter dahingehend geäußert, dass er das Anschauen von offensichtlich illegal verbreiteten Filmwerken für rechtswidrig hält, diese Meinung ist jedoch für andere Gerichte nicht bindend. Wie bereits erläutert, ist Redtube darüber hinaus mit Kino.to nicht zu vergleichen. Das Ausmaß der Abmahnungen ist beachtlich und übertrifft aktuell auch die Filesharing Abmahnungen bei weitem. Allein in meiner Kanzlei haben seit gestern über 200 Betroffene angerufen. Ich gehe davon aus dass mehrere tausend Nutzer in den letzten Tagen abgemahnt worden sind. Etliche Nutzer haben auch mehrere Abmahnungen bekommen, da sie 2-3 Filme geschaut haben sollen.

Anders könnte die Rechtslage möglicherweise aussehen, wenn Betroffene die Filme auch aktiv auf ihre Festplatte heruntergeladen haben und dieser Download von Redtube nicht vorgesehen war. Nach Meinung des LG Hamburg (LG Hamburg, Beschl. v. 25.04.2013 - 310 O 144/13) ist darin eine Umgehung technischer Schutzmaßnahmen zu sehen, die auch nicht durch das Recht auf Privatkopie gedeckt ist. Für die Rechteinhaber dürfte sich allerdings nur schwer nachweisen lassen, ob die Nutzer lediglich den Film gestreamt oder heruntergeladen haben.

Die Unterlassungserklärung

 

Die geforderte Unterlassungserklärung lautet wie folgt:

1. Der Schuldner verpflichtet sich gegenüber der Gläubigerin, es zu unterlassen, das urheberrechtlich geschützte Werk "Miriam's adventures" oder Teile hiervon im Rahmen von Streaming im Internet zu vervielfältigen
oder vervielfältigen zu lassen . Für jeden Fall der Zuwiderhandlung verpflichtet sich der Schuldner an die Gläubigerin eine von dieser nach billigem Ermessen festzusetzenden, im Streitfall vom zuständigen Gericht auf deren Angemessenheit zu überprüfende Vertragsstrafe zu bezahlen.
2. Der Schuldner verpflichtet sich zur Abgeltung der Ersatzansprüche der Gläubigerin aus der Verletzung der Rechte gemäß Ziffer 1 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 250,00 €. Eine Zahlung erfolgt bis zum
10.12.2013.
Damit sind die Ansprüche aus der Rechtsverletzung abgegolten und erledigt.

Diese Erklärung darf unserer Ansicht nach nicht gefordert werden. Die Kanzlei U C räumt selbst ein, dass die Erklärung gegenüber einem Anschlussinhaber, der die Tat nicht begangen hat, zu weit geht. In der Unterlassungserklärung heißt es:

Sofern Sie lediglich als Störer für die Rechtsverletzung verantwortlich sind, geht die vorgeschlagene Unterlassungserklärung
über die abgemahnte Rechtsverletzung hinaus(§ 97a Absatz 2 Nummer 4 UrhG)

Sollte ein Gericht feststellen, dass die Abmahnungen zu Unrecht erfolgt sind, könnte den Betroffenen gem. § 97 a UrhG ein Erstattungsanspruch bzgl. ihrer eigenen Rechtsanwaltskosten zustehen.

Der Rechteinhaber: The Archive AG

 

Die Rechte für die Filme hält offenbar eine Schweizer Aktiengesellschaften namens "The Archive". Die The Archive AG hat ihren Sitz in Bassersdorf. Zu Gunsten dieser Aktiengesellschaft soll dann auch von den Nutzern die Unterlassungserklärung abgegeben werden. "Derzeit ist zur Abgabe der Unterlassungserklärung allerdings nicht zu raten. Es besteht jederzeit die Gefahr, dass der Nutzer im Internet den gleichen Film noch einmal anklickt und dann eine Vertragsstrafe zahlen müsste. Rechtlich ist der Nutzer aus unserer Sicht dazu auch nicht verpflichtet", erläutert Christian Solmecke.

Kurios ist, dass das Landgericht Köln hier überhaupt gegenüber den Telekommunikationsanbietern die Anordnung erlassen hat, zur IP-Adresse auch die Wohnanschrift des Anschlussinhabers herauszugeben. Bei genauer Prüfung der Rechtslage hätten die Richter darauf kommen können, dass hier eine Urheberrechtsverletzung nicht gegeben ist. Offenbar wurden die Auskunftsansprüche allerdings - wie auch in den Filesharing Verfahren - einfach nur durchgewunken.

Die Kanzlei U C ist in der Vergangenheit schon häufiger durch ungewöhnliche Aktionen aufgefallen. So sorgte insbesondere die Versteigerung von Filesharing-Forderungen im Wert von 90 Mio. Euro für Furore. Darüber hinaus drohte die Kanzlei den abgemahnten Porno-Tauschern mit der Veröffentlichung ihrer Adresse im Internet, sofern auf die Abmahnung keine Zahlung erfolge. Dieser geplante Porno-Pranger ist jedoch Ende 2012 vom Essener Landgericht verboten worden.

"Nutzern ist zu raten, sich gegen diese Abmahnung zu verteidigen und die Abgabe einer Unterlassungserklärung zu verweigern. Zwar ist die Rechtslage zum Streaming noch nicht abschließend geklärt, trotzdem dürften die besseren Argumente für die Konsumenten solcher Filme sprechen. Spannend dürfte auch die Frage sein, wie die Rechteinhaber überhaupt in den Besitz der IP-Adressen gelangt sind. Diese sind normalerweise nur dem Plattformbetreiber bekannt. Das ist auch der Grund, warum Nutzer von Streamingplattformen in Deutschland bislang nicht abgemahnt worden sind."

 

FAQ zum Thema Streaming:

 

Was versteht man unter Streaming?

Das Streaming funktioniert so, dass von einem Server ein Datenfluss gesendet wird, der nicht vollständig geladen werden muss, bevor die Datei wiedergegeben werden kann sondern bei dem die Widergabe noch während der Übertragung beginnt.

Im Gegensatz zu den klassischen Tauschbörsen im Netz stellt man durch das Ansehen von Filmen per Stream diese Inhalte nicht gleichzeitig anderen Personen zur Verfügung. Eine ganz wesentliche Urheberrechtsverletzung, nämlich die öffentliche Zugänglichmachung, fällt bei dieser Art des Filmkonsums schon mal weg.

Urheberrechtsverletzung durch Streaming

Fraglich bleibt, ob der Stream eines urheberrechtlich geschützten Films als urheberrechtlich illegale Handlung zu bewerten ist.

Für den Anbieter des Films ist das auf jeden Fall problematisch, denn er macht das Werk (den Film) öffentlich zugänglich und dieses Recht ist grundsätzlich dem Urheber vorbehalten. Das ist in § 19a UrhG geregelt.

 

Wie verhält es sich aber für den, der sich den Film bloß am Rechner anschaut?

Im Gegensatz zum regulären Download ist das Besondere beim Streaming, dass es für den Konsumenten nicht darauf ankommt, den Film dauerhaft zu speichern, sondern lediglich abzuspielen. Den Film komplett auf die Festplatte zu kopieren ist also grundsätzlich nicht vorgesehen. Das spricht erstmal gegen eine Urheberrechtsverletzung, denn nicht das anschauen sondern das Kopieren (Vervielfältigen) wäre verboten.

 

Ist das Zwischenspeichern eine Kopie im Sinne des UrhG?

Allerdings werden auch beim Streaming auf einem besonderen Teil der Festplatte (Cache) kleine Bruchteile des Films für kurze Zeit zwischengespeichert, um für das Abspielen des Films einen gewissen Puffer bereitzuhalten. Das sind oftmals nur einige Sekunden Vorlaufzeit. Dadurch kann verhindert werden, dass es zu Aussetzern des Films kommt, wenn z. B. die Internet-Verbindung zwischendurch schlechter wird. Diese kurzfristigen Kleinst-Kopien könnten wiederum für eine Urheberrechtsverletzung sprechen.

 

Privatkopie gem. § 53 UrhG

Privatkopien dürfen von Vorlagen erstellt werden, die nicht "offensichtlich rechtswidrig zugänglich gemacht" werden. Für den Nutzer muss also sofort klar sein, dass die Verbreitung nicht vom Urheber gestattet worden ist. Bei den meisten Plattformen fehlt es an diesem Merkmal, da der Nutzer nicht ohne weitere Nachforschungen erkennen kann, wie ein Film auf die Plattform gelangt ist und wie sich die Rechtslage darstellt. Klar ist, dass sich die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Verbreitung nur auf das Urheberrecht und nicht auf sonstige Rechtsnormen bezieht. Nach deutschem Recht dürfte die Verbreitung über Redtube wohl eine illegale Verbreitung pornografischer Schriften sein, doch das ist für den Konsumenten und für die Anwendung von § 53 UrhG unbeachtlich. Im Übrigen ist die Plattform nach amerikanischem Recht wohl legal, so dass auch dieses Argument gegen eine offensichtliche Rechtswidrigkeit spricht.

 

Vorübergehende Vervielfältigungshandlung gem. § 44a UrhG

Darüber hinaus kann man § 44a UrhG entnehmen, dass vorübergehende Vervielfältigungshandlungen vom Kopierverbot ausgenommen sind, wenn sie "flüchtig und begleitend" sind und einen integralen Teil eines technischen Verfahrens darstellen. Darüber hinaus muss diese vorübergehende Vervielfältigung einer Übermittlung oder einer rechtmäßigen Nutzung dienen.

Dass die Speicherung im temporären Cache "flüchtig und begleitend" ist, dürfte unschwer zu bejahen sein, schließlich werden die dort zwischengespeicherten Daten üblicherweise schnell wieder gelöscht. Auch dürfte das temporäre Speichern im Cache als integraler Bestandteil des Streaming-Prozesses anzusehen sein, der eine störungsfreie Wiedergabe bezweckt.

Im Ergebnis dürfte aus diesem Grund das Anschauen eines Films per Stream trotz Zwischenspeicherung im Cache urheberrechtlich nicht zu beanstanden sein, da die Ausnahme des § 44 a UrhG hier greift.

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