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Bundesgerichtshof
Urt. v. 26.10.1984, Az.: V ZR 140/83

Irrtum über die Vergleichsgrundlage; Wegfall der Geschäftsgrundlage; Beim Vertragsabschluss zutage getretene gemeinschaftliche Vorstellungen der Vertragsparteien; Dem Geschäftsgegner erkennbare und von ihm nicht beanstandete Vorstellungen der anderen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, auf denen sich der Geschäftswille aufbaut; Risiko eines Forderungsbestandes bis zur vollen Grundschuldhöhe

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
26.10.1984
Aktenzeichen
V ZR 140/83
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1984, 13062
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Oldenburg - 28.04.1983

Fundstelle

  • WM 1985, 32

Redaktioneller Leitsatz

Auf den Kauf einer Rechts- und Sachgesamtheit, insbesondere eines gewerblichen Unternehmens, ist das Abzahlungsgesetz nicht anwendbar.

In dem Rechtsstreit
hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 1984
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Thumm und
die Richter Linden, Dr. Vogt, Dr. Räfle und Dr. Lambert-Lang
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 28. April 1983 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger kaufte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 25. August 1979 von dem Beklagten drei Grundstücke und durch einen weiteren notariellen Vertrag vom selben Tage dessen dort betriebenes Unternehmen (Kraftfahrzeughandel, Reparaturwerkstatt, Ersatzteillager, Tankstelle, Imbißgaststätte). Der Grundstückskaufpreis betrug 1.150.000 DM. Davon sollte der Beklagte vorab 100.000 DM erhalten; mit dem Restbetrag des auf ein Anderkonto des beurkundenden Notars zu zahlenden Kaufpreises sollten die auf dem Grundbesitz lastenden Grundpfandrechte abgelöst werden. Für den Unternehmenskauf vereinbarten die Parteien einen Preis von 1.050.000 DM, der in monatlichen Raten von 6.125 DM nebst Mehrwertsteuer zu leisten war.

2

Am 15. September 1979 gingen vereinbarungsgemäß der Besitz an den Grundstücken sowie der Geschäftsbetrieb auf den Kläger über. Dieser zahlte dem Beklagten 112.000 DM, wovon 12.000 DM auf den Unternehmenskauf und 100.000 DM auf den Grundstückskauf entfielen. Einen weiteren Betrag von ca. 880.000 DM für den Grundstückskauf zahlte der Kläger auf Notaranderkonto. Dem Beklagten gelang es jedoch nicht, die Lastenfreiheit der Grundstücke herbeizuführen. Der Kläger stellte deshalb seine Zahlungen ein.

3

Daraufhin erklärte der Beklagte den Rücktritt von den beiden Kaufverträgen. Er beantragte den Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen den Kläger auf Herausgabe der Grundstücke und des Unternehmens an einen Sequester. In diesem Verfahren schlossen die Parteien am 1. Juli 1980 einen gerichtlichen Vergleich. Darin übernahm nunmehr der Kläger - in Abänderung des Grundstückskaufvertrages - die seiner Auflassungsvormerkung vorgehenden grundpfandrechtlichen Belastungen mit den ab 15. September 1979 entstandenen Zins- und Tilgungsraten; voreingetragen waren u.a. Grundschulden von nominal 725.000 DM für die Kreissparkasse Osnabrück und von nominal 600.000 DM für die Bank für Gemeinwirtschaft, jeweils nebst Grundschuldzinsen. Der Kaufpreis für das Unternehmen wurde auf 1.000.000 DM herabgesetzt; die monatlichen Ratenzahlungen wurden ermäßigt.

4

Der Kläger erbrachte die Zins- und Tilgungsleistungen an die Gläubiger der Grundpfandrechte nicht, weil die Kreissparkasse O. die zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschulden nicht nur als Sicherheit für Darlehensforderungen von ca. 527.000 DM, sondern nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch als Sicherheit für einen dem Beklagten gewährten Kontokorrentkredit von 270.425,10 DM in Anspruch nahm, zu dessen Ablösung sich der Kläger nicht für verpflichtet hielt. Er zahlte auch nicht die Raten für den Unternehmenskauf. Mit Schreiben vom 6. und 24. August 1981 lehnte er die Erfüllung des Vergleiches ab.

5

Im März 1981 wurde auf Antrag der Kreissparkasse O. die Zwangsversteigerung des Grundbesitzes angeordnet. Den Zuschlag erhielt am 15. Februar 1982 die Bank für Gemeinwirtschaft. In diesem Verfahren hatten u.a. die Kreissparkasse Forderungen von 1.084.375 DM und die Bank für Gemeinwirtschaft von 950.646,16 DM angemeldet.

6

Mit der Klage hat der Kläger beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 1. Juli 1980 in Höhe eines Teilbetrages von 8.000 DM (Monatsraten für Juli und August 1981) für unzulässig zu erklären und den Beklagten zur Zahlung von 33.000 DM - eines Teilbetrages der ihm geleisteten 112.000 DM - nebst Zinsen zu verurteilen.

7

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen.

8

Mit der Revision begehrt der Kläger Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. In der mündlichen Verhandlung hat er den Zahlungsanspruch dahin aufgeteilt, daß 30.000 DM auf den Grundstückskauf und 3.000 DM auf den Unternehmenskauf entfallen, davon je 1.500 DM auf die beiden gezahlten Monatsraten.

9

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

11

Dem Beklagten sei zwar die Erfüllung seiner auf dem Vergleich beruhenden Verpflichtung, dem Kläger das Eigentum an den Grundstücken zu verschaffen, durch die Zwangsversteigerung unmöglich geworden; hiervon werde aber sein Anspruch aus dem Vergleich nicht berührt, da der Kläger dieses Unvermögen des Beklagten zu vertreten habe (§§ 440, 324 Abs. 1 BGB). Der Kläger sei nämlich verpflichtet gewesen, nicht nur die Darlehensschuld, sondern auch die Kontokorrentverbindlichkeiten des Beklagten gegenüber der Kreissparkasse O. zu übernehmen und die Zins- und Tilgungsraten auf diese Forderungen zu leisten. Zur Zwangsversteigerung sei es nur gekommen, weil der Kläger diese Pflicht nicht erfüllt habe.

12

Im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses hätten die Forderungen der Kreissparkasse von insgesamt 798.188,69 DM den Betrag ihrer Grundpfandrechte mit den vom Kläger übernommenen rückständigen Zinsen, zusammen etwa 800.000 DM, nicht überstiegen. Von einer Schuldübernahme in dieser Höhe seien die Parteien ausgegangen, so daß sich der Kläger insoweit nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen könne. Was die Ansprüche der Bank für Gemeinwirtschaft betreffe, so sei zwar der Valutierungsstand der Grundschulden damals nicht bekannt gewesen; der Kläger habe aber mit der vollen Valutierung rechnen müssen und sei dieses Risiko bewußt eingegangen. Daß dadurch der Kaufpreis für die Grundstücke von 1.150.000 DM im Ergebnis erheblich überschritten worden sei, bedeute somit weder einen Irrtum über die Vergleichsgrundlage (§ 779 BGB) noch einen Wegfall der Geschäftsgrundlage.

13

Der Vergleich sei nicht deshalb unwirksam, weil der Notarvertreter bei der Beurkundung der beiden Kaufverträge gegen seine Amtspflichten verstoßen habe. Ein Rücktrittsrecht des Klägers nach dem Abzahlungsgesetz komme nicht in Betracht.

14

Da mithin das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien nicht endgültig gescheitert sei, könne der Kläger auch nicht von der an den Beklagten geleisteten Kaufpreisanzahlung einen Teilbetrag von 33.000 DM zurückverlangen.

15

II.

Die Revision hat Erfolg.

16

1.

Vollstreckungsgegenklage:

17

a)

Eine Unwirksamkeit des Vergleiches vom 1. Juli 1980 nach § 779 BGB hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.

18

Nach § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vergleich unwirksam, wenn der nach seinem Inhalt als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewißheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre. Zu diesem Sachverhalt kann auch ein dem Vergleich als feststehend zugrunde gelegtes Rechtsverhältnis gehören (BGH Urteil vom 24. September 1959, VIII ZR 189/58, NJW 1959, 2109; BGB-RGRK/Steffen, 12. Aufl. § 779 Rdn. 42). Ob hiernach der Vergleich dann unwirksam wäre, wenn die beiden Kaufverträge, von deren Gültigkeit die Parteien bei Vergleichsabschluß ausgingen, nicht rechtswirksam zustande gekommen wären, kann dahinstehen (für einen ähnlichen Fall verneinend BGH Urteil vom 28. Mai 1952, II ZR 146/51, LM BGB § 799 Nr. 3; offengelassen hingegen imSenatsurteil vom 3. Juli 1981, V ZR 119/80, NJW 1981, 2803). Gegen die Wirksamkeit der Kaufverträge bestehen nämlich keine Bedenken.

19

aa)

Die von dem Notarvertreter Koch bei der Beurkundung der Kaufverträge begangene Amtspflichtverletzung, die Gegenstand des Senatsurteilsvom 25. Mai 1984 - V ZR 13/83 = VersR 1984, 784 = WM 1984, 1167 war und auf die sich die Revision beruft, hatte keine Nichtigkeit der beurkundeten Verträge zur Folge. Der Notarvertreter hätte zwar aufgrund des im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit mit dem Beklagten geschlossenen Maklervertrages die Beurkundung gemäß § 3 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 BeurkG nicht vornehmen dürfen; § 3 BeurkG enthält indessen nur Sollvorschriften, deren Verletzung nicht zur Unwirksamkeit des beurkundeten Rechtsgeschäfts führt (vgl. das vorgenannte Senatsurteil).

20

bb)

Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß der Kläger nicht zum Widerruf seiner auf den Abschluß des Unternehmenskaufvertrages gerichteten Willenserklärung gemäß § 1 b AbzG berechtigt war. Das Abzahlungsgesetz ist nur auf den Kauf beweglicher Sachen anwendbar (§ 1 Abs. 1 AbzG). Eine entsprechende Anwendung auf den Kauf von nicht bloß aus beweglichen Sachen bestehenden Rechts- und Sachgesamtheiten, insbesondere auf den Kauf eines gewerblichen Unternehmens, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht möglich (Urteile vom 3. Oktober 1973, VIII ZR 181/72, NJW 1973, 2200, 2201;vom 9. Februar 1978, III ZR 31/76, NJW 1978, 1427, 1428;vom 25. Oktober 1979, III ZR 182/77, NJW 1980, 445, 447).

21

Auch die im Vertrag vom 25. August 1979 vorgenommene Aufgliederung des Kaufpreises auf Werkzeuge und Maschinen (800.000 DM), auf Ersatzteile, Fahrzeuge und Warenbestand (100.000 DM) sowie auf den Firmenwert und das Recht zur Namensfortführung (150.000 DM) rechtfertigt keine Aufspaltung des einheitlichen Kaufvertrages über das Unternehmen als Ganzes in einen Kauf der beweglichen Sachen einerseits und der sonstigen Vermögensgegenstände andererseits (vgl. auch Ostler/Weidner, AbzG 6. Aufl. § 1 Anm. 21 m.w.N.). Insofern ist die Lage hier anders als bei gemischten Verträgen, in denen neben dem Kauf beweglicher Sachen sonstige Leistungen übernommen werden und bei denen der kaufrechtliche Teil des Rechtsgeschäfts jedenfalls dann, wenn das Gesamtentgelt auf die einzelnen Vertragsteile aufgeschlüsselt werden kann, den Vorschriften des Abzahlungsgesetzes untersteht (BGH Urteile vom 3. Oktober 1973, VIII ZR 181/72, NJW 1973, 2200, 2201 undvom 25. Mai 1983, VIII ZR 51/82, NJW 1983, 2027).

22

cc)

Schließlich führt auch der Umstand, daß nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die vom Kläger übernommenen Grundpfandrechte weit über den vereinbarten Grundstückskaufpreis von 1,15 Mio. DM hinausgingen, nicht zur Unwirksamkeit des Vergleiches nach § 779 Abs. 1 BGB. Die Rechtsfolge des § 779 BGB kommt ohnehin nur in Betracht, wenn sich die Vertragsparteien irrige Vorstellungen über das gegenwärtige Bestehen des zugrunde gelegten Sachverhalts, nicht nur über die zukünftige Entwicklung, gemacht haben (BGH Urteil vom 13. Juni 1961, VI ZR 215/60, JZ 1963, 129 [BGH 13.06.1961 - VI ZR 215/60]). Ob die Belastungen der Kaufgrundstücke nach dem Umfang der gesicherten Forderungen bereits bei Vergleichsabschluß den Kaufpreis überstiegen, ist unerheblich. Der Streit der Parteien bezog sich nämlich auf die durch die gescheiterte Lastenfreistellung und durch die anschließende Rücktrittserklärung des Beklagten (wegen vermeintlichen Wegfalls der Geschäftsgrundlage) eingetretenen Rechtsfolgen. Diese Streitpunkte wären durch eine Kenntnis der Parteien von der tatsächlichen Höhe der grundschuldgesicherten Forderungen nicht ausgeräumt worden, wie es die Bestimmung des § 779 BGB voraussetzt; daß aber bei Kenntnis des wahren Sachverhalts der Vergleich nicht oder möglicherweise mit anderem Inhalt geschlossen worden wäre, reicht für eine Anwendung des § 779 BGB nicht aus (RGZ 149, 140, 142).

23

b)

Rechtlich nicht haltbar sind jedoch die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht einen Wegfall der Geschäftsgrundlage verneint.

24

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind Geschäftsgrundlage eines Vertrages die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, beim Vertragsabschluß aber zutage getretenen gemeinschaftlichen Vorstellungen der Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, auf denen sich der Geschäftswille aufbaut (BGHZ 25, 390, 392[BGH 23.10.1957 - V ZR 219/55];Urteile vom 20. März 1981, V ZR 71/80, NJW 1981, 1551, 1552;vom 14. Juli 1982, V ZR 113/81, WM 1982, 1076;vom 10. März 1983, VII ZR 302/82, NJW 1983, 1489, 1490). Das Fehlen oder der Wegfall der Geschäftsgrundlage führt im Regelfall zur Anpassung des Vertragsinhalts an die veränderten Umstände, berechtigt ausnahmsweise aber auch zur Auflösung des Vertragsverhältnisses (vgl. BGHZ 47, 48, 51[BGH 31.01.1967 - V ZR 125/65]; 47, 376, 381 [BGH 20.04.1967 - II ZR 220/65]; 62, 20, 26 [BGH 10.12.1973 - II ZR 53/72]; BGH Urteile vom 26. November 1970, VII ZR 174/69, WM 1971, 276, 277;vom 4. Mai 1973, V ZR 101/71, WM 1973, 752, 753;vom 13. November 1975, III ZR 106/72, NJW 1976, 565, 567 [BGH 13.11.1975 - III ZR 106/72]). Diese Grundsätze gelten auch für einen Vergleich, soweit nicht schon § 779 BGB eingreift (BGHZ 58, 355, 363[BGH 02.05.1972 - VI ZR 47/71]; BGH Urteile vom 9. Februar 1979, V ZR 120/77, WM 1979, 580, 581;vom 14. Januar 1982, IX ZR 29/80, LM BEG 1956 § 177 Nr. 13;vom 12. Juli 1983, VI ZR 176/81, NJW 1984, 115).

25

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Parteien bei Abschluß des Vergleiches die Vorstellung hatten, die vom Kläger übernommenen Grundpfandrechte seien nur in einer Höhe valutiert, die den vereinbarten Grundstückskaufpreis nicht übersteige. Nach den tatrichterlichen Feststellungen waren damals durch die der Kreissparkasse Osnabrück zustehenden Grundschulden von 725.000 DM und durch die Grundschuldzinsen Forderungen von rund 800.000 DM gesichert. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht hierbei auch eine Kontokorrentforderung der Kreissparkasse berücksichtigt hat. Insoweit stellt auch die Revision nicht in Frage, daß sich erst bei einer Übernahme auch dieser - nach den Sparkassenbedingungen von den Grundschulden mitgesicherten - Forderung die von den Anwälten in der Vergleichsverhandlung zugrunde gelegten 800.000 DM ergaben. Hinzu kommen die zugunsten der Bank für Gemeinwirtschaft eingetragenen Grundschulden in Höhe von 600.000 DM nebst Zinsen. Das Berufungsgericht nimmt an, daß die Parteien diese Grundschulden in einer Höhe von ca. 320.000 DM als valutiert angesehen und folglich insgesamt Forderungen in einer dem Grundstückskaufpreis von 1.150.000 DM ungefähr entsprechenden Größenordnung angesetzt hätten. Tatsächlich jedoch belief sich die Forderung der Bank für Gemeinwirtschaft im Ergebnis auf weitaus mehr als 320.000 DM. Hierzu enthält das Berufungsurteil zwar keine näheren Feststellungen; es verweist aber auf die Angaben des Klägers, wonach die Bank "vor und nach dem Vergleichsabschluß" 600.000 DM zur Ablösung der Grundschulden verlangt habe. Dies bedeutete einen Forderungsstand von (600.000 DM + 800.000 DM =) 1.400.000 DM, ohne daß dabei die für die Bausparkasse W. eingetragene - im späteren Zwangsversteigerungsverfahren angemeldete - Grundschuld von 35.600 DM nebst Zinsen und die vom Kläger auf den Grundstückskaufpreis bereits geleistete Anzahlung von 100.000 DM berücksichtigt sind. Somit überstiegen allein schon die Ansprüche der Kreissparkasse und der Bank für Gemeinwirtschaft aus den vom Kläger übernommenen Belastungen den ursprünglich vereinbarten Grundstückskaufpreis von 1.150.000 DM um mindestens 250.000 DM. Hatten die Parteien aber bei Abschluß des Vergleiches die gemeinsame Vorstellung, daß sich der Kaufpreis durch die Übernahme der Grundpfandrechte nicht erhöhe, dann ist diese Geschäftsgrundlage bei einer Abweichung solchen Ausmaßes entweder von vornherein nicht vorhanden gewesen oder nachträglich entfallen, wenn die gesicherte Bürgschaftsforderung der Bank für Gemeinwirtschaft erst nach Vergleichsabschluß den damals von den Parteien zugrunde gelegten Betrag der Kreditausfallhaftung des Beklagten überschritten haben sollte.

26

Auf das Fehlen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage könnte sich der Kläger indessen nicht berufen, wenn dafür Umstände maßgebend waren, die in seinen Risikobereich fallen (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 74, 370, 373[BGH 01.06.1979 - V ZR 80/77]; BGH Urteile vom 10. März 1983, VII ZR 302/82, NJW 1983, 1489, 1490 undvom 12. Juli 1983, VI ZR 176/81, NJW 1984, 115). Die Zuordnung des Risikos auf die eine oder die andere Vertragspartei kann sich aus der vertragstypischen Regelung durch das (dispositive) Gesetzesrecht und dem darin zum Ausdruck kommenden Beurteilungsmaßstab ergeben; sie kann auch ausdrücklichen oder stillschweigenden Abreden der Parteien, notfalls im Wege ergänzender Vertragsauslegung, zu entnehmen sein (BGHZ 74, 370, 373[BGH 01.06.1979 - V ZR 80/77]; Ulmer, AcP 174, 167, 182).

27

Das Berufungsgericht nimmt an, der Kläger sei bewußt das Risiko eingegangen, daß der Bank für Gemeinwirtschaft Forderungen in der vollen Höhe der Grundschulden (nebst Zinsen) zustehen könnten; denn die Bank habe schon in dem Schreiben vom 5. Februar 1980 auf die Möglichkeit hingewiesen, daß sich ihre damalige Forderung gegen den Beklagten von 320.000 DM durch weitere - von ihm als Bürgen zu tragende - Ausfälle bei den seinen Kunden gewährten Finanzierungskrediten erhöhen könne. Bei der hieraus gezogenen Folgerung auf eine bewußte Risikoübernahme hat jedoch das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, nicht die Zeugenaussagen der Rechtsanwälte D. und Dr. L. berücksichtigt, die den Vergleich als Prozeßbevollmächtigte der Parteien vor dem Landgericht geschlossen haben. Danach aber haben die beiden Anwälte "ausgerechnet", daß der ursprünglich vereinbarte Grundstückskaufpreis durch die Schuldübernahme "eingehalten" werde; "man ist gar nicht auf die Idee gekommen, daß in der Addition mehr herauskommen konnte, als in dem Vertrag zugrunde gelegt" (Dr. L.). Im gleichen Sinne hat Rechtsanwalt D. ausgesagt. Hieraus könnte sich ergeben, daß überhaupt nicht mit der Möglichkeit einer den Kaufpreis übersteigenden Valutierung der Grundschulden gerechnet worden ist.

28

Wenn aber der Prozeßbevollmächtigte des Klägers - und der Anwalt des Beklagten - nicht einmal das Risiko gesehen hat, daß der Bank für Gemeinwirtschaft noch Forderungen zustehen könnten, die von dem Sicherungszweck der Grundschulden erfaßt würden, so ist nicht ersichtlich, weshalb der anwaltlich beratene Kläger diese Gefahr erkannt und bewußt auf sich genommen haben soll. Das Berufungsgericht will zwar aus der Äußerung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, die Bank "habe ihn vor und nach dem Vergleichsabschluß mit 600.000 DM in Anspruch genommen", den Schluß ziehen, er habe damit rechnen müssen, daß die Grundschulden "ev. voll valutiert" seien; damit ist aber noch nicht gesagt, daß er sich dieses Risikos auch bewußt war, also besser Bescheid wußte als sein Anwalt.

29

Hat weder der Anwalt des Klägers noch dieser selbst (§ 166 Abs. 1 und 2 BGB) das Risiko eines Forderungsbestandes bis zur vollen Grundschuldhöhe mit der sich daraus ergebenden Folge der vollen Haftung der Grundstücke erkannt, wovon in Anbetracht der vom Tatrichter im vorliegenden Zusammenhang unterlassenen Würdigung der Zeugenaussagen revisionsrechtlich auszugehen ist, so ist der Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe dieses Risiko bewußt auf sich genommen, der Boden entzogen.

30

Es ist dann eine Frage der - notfalls ergänzenden - Auslegung des Vergleiches, ob gleichwohl das Risiko, wie es sich hier verwirklicht hat, zu Lasten des Klägers gehen sollte. Feststellungen dazu fehlen. Sie sind nachzuholen. Dabei wird auch der von der Revision hervorgehobene Gesichtspunkt zu berücksichtigen sein, daß der Vergleich lediglich eine andere Abwicklung des an dem finanziellen Unvermögen des Beklagten zur Lastenfreistellung gescheiterten Grundstückskaufvertrages ermöglichen, nicht aber die dort getroffenen Vereinbarungen wirtschaftlich zum Nachteil des Klägers verändern sollte. Entkräftet wird dies nicht schon durch die vom Berufungsgericht angeführte, im Vergleich zum Ausdruck gekommene Absicht des Klägers, mit den Grundschuldgläubigern ein Moratorium anzustreben und dadurch die übernommenen Verbindlichkeiten hinauszuschieben. Andererseits hat aber auch der Beklagte Umstände vorgetragen (GA I 191 ff), die darauf hindeuten könnten, daß den Kläger das Risiko einer den Kaufpreis übersteigenden Grundschuldvalutierung treffen sollte. Dieser Vortrag bedarf tatrichterlicher Prüfung.

31

Ging dieses Risiko nicht zu Lasten des Klägers, so wäre im vorliegenden Fall seine Rücktrittserklärung (Schreiben vom 6. August 1981) gerechtfertigt. Eine Anpassung des Vergleiches an die veränderten Umstände kommt hier nicht in Betracht, da der Beklagte infolge der Zwangsversteigerung nicht mehr zur Übereignung der Grundstücke in der Lage ist und dem Kläger nicht zuzumuten war, die Zwangsversteigerung unter Einsatz von weit über den Kaufpreis hinausgehenden Mitteln zu verhindern.

32

2.

Zahlungsanspruch:

33

Auch insoweit hat die Revision Erfolg.

34

Mit der Klage auf Zahlung von 33 OOO DM wird ein Teilbetrag aus mehreren selbständigen Ansprüchen geltend gemacht, und zwar aus den Forderungen auf Rückzahlung der für den Grundstückskauf entrichteten 100.000 DM und der für den Unternehmenskauf geleisteten Raten von 12.000 DM. Der Bestimmtheitsgrundsatz des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO macht eine Aufteilung der Klageforderung auf diese beiden Ansprüche notwendig. Diese Aufteilung ist in den Vorinstanzen unterlassen worden; sie ist jedoch im Revisionsverfahren nachholbar (BGHZ 11, 192, 195[BGH 03.12.1953 - III ZR 66/52]; 20, 219, 221 [BGH 15.03.1956 - II ZB 19/55]; BGH Urteil vom 8. Mai 1980 IVa ZR 48/80, WM 1980, 875) und auch nachgeholt worden: Der Kläger verlangt Rückzahlung von 30.000 DM aus dem Grundstückskauf und von 3.000 DM aus dem Unternehmenskauf.

35

Die Entscheidung über diese Ansprüche hängt davon ab, ob der Kläger zum Rücktritt vom Vergleich wegen Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage berechtigt war; denn nur darauf - und nicht etwa auch auf eine bei gültigem Vergleich vorliegende Überzahlung - werden die Forderungen gestützt. Davon geht das Berufungsgericht zu Recht aus. Die Abweisung der Zahlungsklage kann aber keinen Bestand haben, weil die Frage der Störung der Geschäftsgrundlage aus den dargelegten Gründen erneuter tatrichterlicher Prüfung bedarf.

36

Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, daß der Vergleich durch den Rücktritt des Klägers aufgelöst ist, so würden sich die Rechtsbeziehungen der Parteien wieder nach den ursprünglichen Kaufverträgen richten. Da dem Beklagten die sich hieraus ergebende Verpflichtung zur Verschaffung des Eigentums an den Grundstücken und an den Unternehmensgegenständen infolge der Zwangsversteigerung unmöglich geworden ist, würden sich die Rechte des Klägers gemäß § 440 Abs. 1 BGB nach den Vorschriften der §§ 320 ff BGB bestimmen. Ihm stünde in diesem Falle nach § 325 Abs. 1 BGB der in erster Linie geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zu. Der Kläger könnte dann Ersatz in Höhe der schon geleisteten Kaufpreiszahlungen - beschränkt auf die eingeklagten Teilbeträge - als Mindestschaden verlangen (vgl. BGHZ 62, 119, 120[BGH 08.02.1974 - V ZR 21/72]; BGH Urteil vom 10. Dezember 1982, VIII ZR 27/81, NJW 1982, 1279, 1280).

37

Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Dr. Thumm
Linden
Vogt
Räfle
Lambert-Lang