Brexit und Zoll - was Unternehmen jetzt wissen müssen

Zollrecht
26.01.2019228 Mal gelesen
Auf Unternehmen kommen neue Herausforderungen mit dem Brexit zu. Eine der größten wird der Bereich des Zolls und des Außenwirtschaftsrechts sein. Während bislang rechtlich irrelevante Lieferungen innerhalb der EU vorlagen, werden künftig EU-Außengrenzen überschritten. Vorbereitung zahlt sich aus.

Wieso muss ich mich zum Brexit mit Zollfragen befassen?

Wer bislang Geschäfte mit Großbritannien getätigt hat, der musste sich um Importvorschriften, Zollrecht und Ausfuhrformalitäten keine Sorgen machen. Das wird sich um Falle eines "harten Brexit" nun aber ändern. Denn kommt es nicht zu einer Einigung, so wird Großbritannien im Falle des Brexit einfach die EU verlassen und dann ein Drittland sein, wie es die USA, China oder Russland heute schon sind.

Damit werden dann auch alle Regelungen zu Einfuhr und Ausfuhr gelten, die auch heute schon für sogenannte Drittländer (= Länder außerhalb der EU) gelten.

Das hat im Handel vor allem folgende Konsequenzen:

  • Beim Import aus Großbritannien muss eine Zollanmeldung abgegeben werden
  • beim Export nach Großbritannien muss eine Ausfuhranmeldung erfolgen
  • gegebenenfalls falle Zölle und andere Einfuhrabgaben bei der Einfuhr an
  • es muss ermittelt werden, welchen Ursprung die aus Großbritannien gelieferte Ware hat, da hiervon die Höhe der Zollsätze abhängt
  • die Weiterverarbeitung von Materialien aus Großbritannien innerhalb der EU wird ggf. dazu führen, dass diese Produkte keinen EU-Ursprung mehr erhalten, weil die Vormaterialien aus Großbritannien wertmäßig überwiegen
  • Bewilligungen, die der Zoll in Großbritannien dort ansässigen Ltd.-Gesellschaften erteilt hat, werden in der EU nicht mehr anerkannt

Wie man also sieht, wird der Brexit erhebliche Auswirkungen auf das Geschäft zwischen europäischen und Unternehmen in Großbritannien haben.

Die meisten Unternehmen werden nun denken, dass diese Formalitäten von ihrem Spediteur abgehandelt werden. Allerdings gilt beim Zoll: Verantwortlich ist immer das Unternehmen selbst. Wenn der Spediteur einen Fehler macht und das Unternehmen dieses mangels Ablauforganisation nicht erkennt, so haftet es in finanzieller und schlimmstenfalls auch strafrechtlicher Hinsicht.

Insofern bleibt Unternehmen nichts anderes übrig, als dafür Sorge zu tragen, dass im Unternehmen eigenes Know-How zu Zollfragen und Ausfuhrbestimmungen aufgebaut wird.

Zu diesen Zwecken empfiehlt sich auch eine Schulung aller beteiligten Mitarbeiter, was nun zu beachten ist.

Welche Auswirkungen hat ein "harter" Brexit auf bestehende Lieferverträge?

Welche Auswirkungen der Brexit auf Lieferverträge hat, wird noch im Einzelfall zu klären sein. Ein Kündigungs- oder Rücktrittsrecht entsteht wegen des Brexit nicht automatisch.

Die deutsche Rechtsprechung geht davon aus, dass dieses nur dann der Fall ist, wenn das Festhalten am Vertrag unzumutbar ist. Die Hürden dafür sind hoch. Voraussetzung ist dafür aber auch, dass überhaupt deutsches Recht anwendbar ist. Haben die Vertragsparteien sich auf englisches Recht und Gerichtsstand in England geeinigt, werden englische Richter über diese Fragen nach ihren eigenen Maßstäben befinden.

Wenn Zusatzkosten aufgrund des Brexit auftreten, werden benachteiligte Parteien sich wahrscheinlich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Dieses ist oft zu beobachten, wenn auf einmal veränderte Umstände vorliegen.

Jedoch ist auch dieses nach deutscher Sichtweise nur dann möglich, wenn die Umstände beim Vertragsschluss unvorhersehbar waren, was beim Brexit wohl nicht mehr der Fall ist, da dieser lange bekannt ist.

Daher muss bei Zusatzkosten sorgsam abgewogen werden, woher diese stammen. Es wird wahrscheinlich dann darauf ankommen, ob der Lieferant bis nach Deutschland liefern sollte (z.B. DDP) oder der Käufer in Großbritannien abholt (EXW). Im Falle einer DDP Lieferung wird das Risiko von Importkosten wohl beim beim Lieferanten liegen, im zweiten Fall abholenden Unternehmen.

Was sollten Unternehmen zukünftig bei Lieferverträgen mit britischen Lieferanten im Hinblick auf Rechtswahl und Gerichtsstand beachten?

Derzeit ist noch vieles unklar, was den Brexit anbelangt. Daher ist es auch nicht zu raten, dass Unternehmen in neuen Verträgen derzeit einen Gerichtsstand in England oder englisches Recht vereinbaren.

Es muss z.B. noch geklärt werden, wie britische Urteile in der EU anerkannt und vollstreckt werden. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass die EU Urteilen aus Großbritannien die Anerkennung versagt, doch sicher ist hier noch nichts.

Zudem sollten Unternehmen darüber nachdenken, ausdrückliche Klauseln in den Vertrag aufzunehmen, wer das Risiko von Zöllen oder Verzögerungen bei der Import- und Exportabfertigung tragen soll. Schließlich ist schon heute davon auszugehen, dass es zu erheblichen Verzögerungen kommen wird, weil das Personal auf beiden Seiten des Ärmelkanals gar nicht für die zusätzlichen Belastungen eines Brexit aufgestellt ist.

Empfehlenswert sind auch "Neuverhandlungsklauseln". Die Parteien verpflichten sich damit, den Vertrag und die Details neu zu verhandeln, wenn das Schicksal von Großbritannien endgültig feststeht.