Von Rechtsanwältin Helicia H. Herman, Ottobrunn bei München
Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) stellt eine Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung jedoch eine unzumutbare Belästigung dar, wenn der Telefonanruf eine Wettbewerbshandlung ist. Diese Regelung zum Telefonmarketing beruht auf der EU-Datenschutzrichtlinie vom 12. Juli 2002 (2002/58/EG). Die erforderlichen nationalen Schutzmaßnahmen konnten nach der Richtlinie dabei entweder als opt-out-System (Widerspruchsmöglichkeit), oder als opt-in-System (vorheriges Einverständnis) ausgestaltet werden. Deutschland hat sich hier für die Beibehaltung des bisherigen opt-in-Systems entschieden und dieses näher ausgestaltet.
Bei Anrufen zu Werbezwecken ist zunächst zwischen Unternehmern und Verbrauchern zu unterscheiden.?
Unerbetene Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern ist grundsätzlich wettbewerbswidrig und damit unzulässig, weil der Werbende unaufgefordert in die Privatsphäre des Angerufenen eindringt. Die Werbung mit einem Telefonanruf bedarf daher der Einwilligung des Verbrauchers, also dessen vorherige Zustimmung.
Die Einwilligung kann ausdrücklich, wenn der Angerufene um einen Werbeanruf gebeten hat, oder auch stillschweigend erfolgen. Bei der stillschweigenden Einwilligung sind Handlungen des Werbeadressaten erforderlich, die mittelbar auf eine Einwilligung zu einem solchen Werbeanruf schließen lassen.
Die Beweislast für die Zulässigkeit, also für das Vorliegen einer Einwilligung, trägt das werbende Unternehmen. Die Einwilligung ist zwar formlos möglich, es empfiehlt sich aber aus den vorstehend genannten Gründen, die Einwilligung schriftlich zu verfassen.
Verständlich ist nunmehr, dass auch keine Einwilligung anzunehmen ist durch die Bekanntgabe der Telefonnummer in Telefon- oder Branchenverzeichnissen, auf Briefköpfen, Visitenkarten usw.. Dies gilt zudem auch bei der Angabe der Telefonnummer durch den Teilnehmer eines Gewinnspiels oder bei Angabe der Telefonnummer auf einem Bestellformular. In diesem Fall willigt der Teilnehmer lediglich in die telefonische Unterrichtung über einen Gewinn bzw. in Anrufe mit Bezug auf das konkrete Vertragsverhältnis ein.
Auch Werbeanrufe bei Unternehmen können wettbewerbswidrig sein, weil sie zu belästigenden oder sonst unerwünschten Störungen der beruflichen Tätigkeit führen. Anders als Anrufe bei Privatpersonen ist ein Werbeanruf im geschäftlichen Bereich allerdings bereits dann zulässig, wenn aufgrund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden daran zu vermuten ist. Dementsprechend ist hier im Gegensatz zu Kontakten mit Privatpersonen also eine mutmaßliche Einwilligung des Angerufenen möglich und auch ausreichend.
Zu beachten gilt in diesem Zusammenhang auch, dass z.B. eine "getarnte" Datenerfassung, anhand der Durchführung eines Glücksspiels oder einer Meinungsumfrage als Verschleierung der Werbeaktion gewertet wird, die eine unzumutbare Beeinträchtigung des Kunden nach § 4 Nr. 3 UWG darstellt und unzulässig ist.
Wer einem dieser Verbote zuwider handelt, kann unter anderem von Mitbewerbern oder von Organisationen wie zum Beispiel den Verbraucherschutzverbänden auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Außerdem besteht ein Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Anrufer fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Bei vorsätzlichem Handeln sieht das UWG zudem einen Anspruch auf Gewinnabschöpfung vor.
Neu eingebrachter Gesetzentwurf der Bundesregierung
Verstöße gegen das bestehende Verbot der unerlaubten Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern können künftig mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
Ein Werbeanruf soll nur dann zulässig sein, wenn der Angerufene vorher ausdrücklich erklärt hat, Werbeanrufe erhalten zu wollen. So wird verhindert, dass sich Anrufer auf Zustimmungserklärungen berufen, die der Verbraucher in einem völlig anderen Zusammenhang erteilt hat.
Der Entwurf wird derzeit im Bundestag beraten. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes dürfte Anfang 2009 zu rechnen sein. Hiernach empfiehlt es sich, Werbemaßnahmen anhand der neuen Gesetzesvorschriften anwaltlich prüfen zu lassen.
RAin Helicia H. Herman
Ottobrunn bei München, 22.10.2008