Ordnungsgeld gegen Organ einer Kapitalgesellschaft in Insolvenz bei unterlassener Rechnungslegung?

Ordnungsgeld gegen Organ einer Kapitalgesellschaft in Insolvenz bei unterlassener Rechnungslegung?
10.10.2013935 Mal gelesen
Die noch im Amt befindlichen Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs der Insolvenzgesellschaft sind zwar zur handelsrechtlichen Rechnungslegung verpflichtet; nach Ansicht des Landgerichts Bonn ist die Nichtbefolgung dieser Pflicht indes nicht mit einem Ordnungsgeld zu ahnden.

Organe einer Kapitalgesellschaft haben den Jahresabschluss unter anderem zum elektronischen Bundesanzeiger einzureichen. Die Nichtbefolgung dieser Pflicht wird vom Bundesamt für Justiz in Bonn regelmäßig mit Bußgeldern geahndet. Nun bestimmt eine Norm in der Insolvenzordnung, dass die "Handels- und steuerrechtliche Pflichten des Schuldners zur Buchführung und zur Rechnungslegung unberührt" bleiben. Also muss z.B. ein GmbH-Geschäftsführer trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Abschluss für das für das abgelaufene Geschäftsjahr einreichen. Zu blöd, dass man an die Geschäftskonten wegen des Insolvenzbeschlags nicht mehr herankommt; denn die Publikation des Abschlusses kosten eine ganze Menge Geld. Muss man jetzt sein privates Scherflein dafür hergeben? .

 

Eine Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 Euro wegen unterlassener Einreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Gegen die ihr am 7. November 2008 zugestellte Entscheidung hat sie sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen sowie auf fehlende Geschäftstätigkeit verwiesen.

Das Bundesamt für Justiz hat die sofortige Beschwerde an das Landgericht Bonn abgegeben.

 

Das Landgericht Bonn hob den Ordnungsgeldbescheid auf.

Die Beschwerdeführerin habe gegen ihre nach dem Handelsgesetzbuch bestehende Offenlegungspflicht objektiv verstoßen. Sie habe ihre Jahresabschlussunterlagen 2006 weder innerhalb der ablaufenden Jahresfrist, noch innerhalb der sechswöchigen Nachfrist beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers eingereicht. Der Offenlegungspflicht stand nicht entgegen, dass über das Vermögen der Beschwerdeführerin durch Beschluss vom 13. Januar 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die Insolvenzgesellschaft ist nach der Insolvenzordnung weiterhin zur handelsrechtlichen Rechnungslegung verpflichtet, sodass ihre weiterhin im Amt befindlichen gesetzlichen Vertreter den Jahresabschluss offenzulegen haben.

Jedoch treffe die Beschwerdeführerin an der Offenlegungssäumnis kein Verschulden. Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes setze Verschulden voraus, welches hier nicht vorlege.

Zwar müsse sich eine Kapitalgesellschaft als ordentlicher Kaufmann grundsätzlich auf die Erfüllung der Offenlegungspflicht einstellen, indem sie die Mittel zur Finanzierung der Rechnungs- und Offenlegung rechtzeitig zurücklegt; jedoch sei dies im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anders zu beurteilen. Die Insolvenzgesellschaft könne aufgrund des Insolvenzbeschlags auf Rücklagen zur Aufbringung der Rechnungs- und Offenlegungskosten aus Rechtsgründen nicht mehr zugreifen, sodass sie an der Unterlassung der Rechnungs- und Offenlegung kein Verschulden treffe. Anders als einer natürlichen Person stehe einer Kapitalgesellschaft auch kein pfändungsfreies Vermögen zu, aus dem sie die Rechnungs- und Offenlegung finanzieren könnte.

Auch sei der noch im Amt befindliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin nicht verpflichtet gewesen, die Kosten für die Rechnungs- und Offenlegung aus seinem Privatvermögen zu tragen. Er habe als organschaftlicher Vertreter der Kapitalgesellschaft die Jahresabschlussunterlagen beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers für diese einzureichen. Dabei handelt es sich nicht um eine originäre Pflicht des Geschäftsführers, sondern um eine aufgrund seiner Vertreterstellung von der Kapitalgesellschaft abgeleitete Pflicht.

Die Verschonung seines Privatvermögens sei auch interessengerecht, weil der Geschäftsführer allein aufgrund seiner organschaftlichen Vertreterstellung keine Gegenleistung für die Finanzierung der Rechnungs- und Offenlegung erhalte, während für die Kapitalgesellschaft die Offenlegung und die damit verbundenen Kosten der Preis für die Haftungsbeschränkung ist.

Nach alledem war der Ordnungsgeldbescheid aufzuheben.

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Fazit: Auch nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens benötigen (ehemalige) Organe einer Kapitalgesellschaft anwaltliche Beratung, weil Behörden oder auch Gläubiger mit allen möglichen, zum Teil auch absurden Forderungen an einen herantreten können.

(Quelle: Landgericht Bonn, Beschluss vom 16.09.2009; 30 T 366/09)

 

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