Geschäftsführer einer GmbH muss in der Insolvenz keine Sozialversicherungsbeiträge abführen

Geschäftsführer einer GmbH muss in der Insolvenz keine Sozialversicherungsbeiträge abführen
27.09.2013704 Mal gelesen
Der Geschäftsführer einer GmbH ist nach Ansicht des Thüringer Oberlandesgericht wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen nur dann schadensersatzpflichtig, wenn die GmbH im Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge zahlungsfähig war.

Der Geschäftsführer einer GmbH macht sich strafbar, wenn er der Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeiträge Beiträge der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung vorenthält. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch hat er zudem bei Verwirklichung des Straftatbestandes dem Geschädigten, hier also der einziehenden Krankenkasse, Schadensersatz in Höhe der entgangenen Beträge zu leisten. Ist die GmbH zahlungsunfähig, steht also die Insolvenz unmittelbar bevor, stellt sich für den GmbH-Geschäftsführer die Frage, ob er ein paar Euro, die er vielleicht noch auf den Konten der GmbH zusammenkratzen könnte, an ausgewählte Gläubiger zahlen sollte. Denen würde indes eine Überweisung auch nichts einbringen, da der Insolvenzverwalter dann die Anfechtung erklären würde.

Unser Geschäftsführer zahlte also eine noch offene Forderung der AOK Thüringen auf Bezahlung des Sozialversicherungsbeitrages nicht. Es war eh nicht genügend dafür übrig.

Mit ihrer Klage verlangt die AOK Thüringen vom ehemaligen Geschäftsführer der inzwischen insolventen GmbH 5.102,14 Euro. Sie behauptet, zu den jeweiligen spätesten Fälligkeitszeitpunkten am 15.08. und 15.09.2002 habe die GmbH über ausreichend Liquidität verfügt, um die Arbeitnehmeranteile an sie als Einzugsstelle abzuführen.

Der ehemalige Geschäftsführer beantragte für seine Rechtsverteidigung Prozesskostenhilfe, was ihm das Landgericht wegen "offensichtlicher Erfolglosigkeit" seiner Verteidigung verweigerte.

 

Auf seine Beschwerde hin, bekam er vom Thüringer Oberlandesgericht die Prozesskostenhilfe bewilligt.

Bei einer Klage eines Sozialversicherungsträgers gegen den Geschäftsführer einer GmbH wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ist der Sozialversicherungsträger darlegungs- und beweisbelastet für die Zahlungsfähigkeit der GmbH im Zeitpunkt der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge. Der Geschäftsführer einer GmbH ist wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen nur dann schadensersatzpflichtig, wenn die GmbH im Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge zahlungsfähig war.

Bei der Prüfung der Zahlungsfähigkeit sind die Sozialversicherungsträger jedoch nicht vorrangig zu berücksichtigen!

Der Vortrag der AOK in der Klagschrift reicht für die Darlegung eines hinreichend substantiierten Vortrages zur Zahlungsfähigkeit der GmbH im Fälligkeitszeitpunkt nicht aus.

Das Oberlandesgericht gewährte dem ehemaligen Geschäftsführer aus diesem Grunde die beantragte Prozesskostenhilfe.

(Quelle: Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 17.03.2006; 4 W 644/05

Vorinstanz: Landgericht Erfurt Beschluss vom 01.11.2005; 3 O 2333/05)

 

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