Verträge online schließen - modern oder rechtlich riskant?

online geschlossene Verträge
04.10.202022 Mal gelesen
Online geschlossene Verträge sind zwar genauso wirksam wie schriftliche Verträge auf Papier und mit Unterschrift. Sie können aber zu Beweisproblemen führen.

Verträge online schließen statt klassisch auf Papier und mit Unterschrift - modern oder rechtlich riskant? 

Ausgangssituation: 

Statt auf Papier mit Unterschrift werden Verträge immer öfter online geschlossen - Unterschriften auf dem Tablet oder ein Vertragsschluss im Onlineshop mit dem Vertrag bzw. der Bestellung und den AGB als pdf-Datei zum Herunterladen sparen Papier und sind schnell und bequem geschlossen. 

Im Regelfall keine Schriftform für Verträge nötig: 

Grundsätzlich können Verträge auch mündlich, per E-Mail, Whats-App oder online geschlossen werden. Sonst wäre der Kauf eines Brötchens beim Bäcker oder der Einkauf im Discounter gar nicht möglich, da der Vertrag unwirksam wäre.  

Schreibt das Gesetz aber ausnahmsweise Schriftform oder gar notarielle Beurkundung vor, etwa bei Verträgen über Verbraucherdarlehen oder beim Kauf eines Hauses bzw. einer Eigentumswohnung, sind die Verträge nur wirksam, wenn die vorgeschriebene Form eingehalten worden ist. Schriftform setzt nach dem Gesetz eine Urkunde (eine Erklärung auf Papier) mit eigenhändiger Unterschrift voraus. 

Eine eigenhändige Unterschrift ist bei elektronischen Dokumenten zwar möglich, eine Datei ist aber keine Urkunde. 

Ausnahme qualifizierte elektronische Signatur: 

Elektronische Dokumente können nach dem Gesetz die Schriftform aber unter bestimmten Bedingungen ersetzen. Voraussetzung ist aber, dass sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen werden. Diese Möglichkeit wird in der Praxis aber selten genutzt, da sie mit verhältnismäßig hohen Kosten und technischem Aufwand verbunden ist. 

Beweiskraft digitaler Verträge vor Gericht: 

Private Urkunden wie ein Kaufvertrag auf Papier mit Unterschrift von Käufer und Verkäufer gelten als Beweis, dass die darin enthaltenen Erklärungen von denen abgegeben worden sind, die die Urkunde unterschrieben haben. Bei elektronischen Dokumenten gilt dies nur, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind. In diesem Fall greift auch der Anscheinsbeweis, dass das Dokument echt ist, also dass die Erklärung vom Signaturinhaber und keiner anderen Person stammt. 

Anscheinsbeweis bedeutet, dass von einer vorliegenden Tatsache aufgrund eines nach der Lebenserfahrung typischen Geschehensverlaufs auf das Vorliegen einer anderen Tatsache oder einen Umstand geschlossen werden kann. Klassisches Beispiel für den Anscheinsbeweis ist der Auffahrunfall im Straßenverkehr. Fährt der Hintermann auf, kann nach allgemeiner Lebenserfahrung darauf geschlossen werden, dass er aufgrund zu geringen Abstands oder zu hoher Geschwindigkeit den Unfall verursacht hat. 

Für andere elektronische Dokumente bleibt nur die Indizwirkung, dass der Vertrag von den im Vertrag genannten Personen geschlossen worden ist. Indizien können aber durch andere Indizien widerlegt werden. Aufgrund der größeren Manipulationsmöglichkeiten haben sie nicht die gleiche Beweiskraft wie Verträge in Papierform. 

Empfehlung: 

Wer auf online geschlossene Verträge nicht verzichten will, sollte stets einen Zeugen bei den Gesprächen und beim Abschluss des Vertrages dabei haben, um den Abschluss des Vertrages und den Inhalt des Vertrages im Streitfall besser beweisen zu können. Außerdem sollte man dafür sorgen, dass man möglichst viele Beweismittel hat, etwa durch Screenshots und das Herunterladen (pdf-Datei) bzw. das Ausdrucken der relevanten Dokumente (Vertrag, AGB).  

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