Unfallflucht: das müssen Sie wissen

Strafrecht und Justizvollzug
02.07.20101571 Mal gelesen
Bereits leichte Berührungen beim Einparken oder Rangieren führen in der Regel zu Schäden an anderen Fahrzeugen oder Gegenständen. Verlässt der Fahrer des schädigenden Fahrzeugs den Unfallort ohne seine Personalien feststellen zu lassen, wird gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Unfallflucht (§ 142 StGB) eingeleitet. Problematisch wird es, wenn der Fahrer das Unfallgeschehen nicht bemerkt hat. Wer einer Unfallflucht beschuldigt wird, dem drohen eine Geldstrafe, sieben Punkte im Flensburger Verkehrszentralregister sowie ein Fahrverbot oder - je nach Höhe des verursachten Fremdschadens - sogar der Entzug der Fahrerlaubnis. Der Verfolgungseifer der Justiz ist bei diesem Delikt hoch, doch werden entlastende Umstände manchmal übersehen beziehungsweise als gering bewertet ...

Was steht unter Strafe? Der Straftatbestand der Unfallflucht hat das Ziel der Feststellung und Sicherung der zivilrechtlichen Ansprüche der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten. Hier dreht sich alles um die Nichteinhaltung der Wartepflicht. Allgemein bekannt ist, dass man am Unfallort eine angemessene Zeit warten muss, um Feststellungen eines eventuell erst später am Unfallort eintreffenden Geschädigten zu ermöglichen. Ein Zettel an der Windschutzscheibe reicht nicht. Wie lange muss man nun warten? Der Unfallbeteiligte braucht grundsätzlich nur so lange zu warten, wie mit dem alsbaldigen Eintreffen feststellungsbereiter Personen an der Unfallstelle zu rechnen ist. Teilweise wird in der Rechtsprechung eine Wartepflicht verneint, wenn der Unfallbeteiligte sich über Art und Umfang des Schadens vergewissert hat und nach den Umständen das Auftauchen feststellungsbereiter Personen nicht zu erwarten ist. Danach ist aber der Gang zur Polizei Pflicht. Verlangt der Unfallbeteiligte die Aufnahme des Unfalls durch die Polizei, obwohl die erforderlichen Feststellungen schon getroffen wurde (z. B. wurden schon Personalien ausgetauscht), muss der Unfallbeteiligte dem Wunsch auf Hinzuziehung der Polizei trotzdem Folge leisten. Das gilt sogar dann, wenn dadurch eine andere Straftat des Unfallbeteiligten aufgedeckt werden würde. Der Unfallbeteiligte darf sich also nach Feststellung seiner Personalien nicht einfach entfernen, um einer Blutprobe zu entgehen.

Heilung der Verletzung der Wartepflicht durch nachträgliche Feststellung? Der Unfallbeteiligte wird grundsätzlich nicht straffrei, wenn er nachträglich unverzügliche Feststellungen ermöglicht, also erst nach Hause fährt und dann zur Polizei. Für die Verteidigung ist jedoch wichtig, dass der Verkehrsanwalt an dieser Stelle auf das Absehen von der Strafe oder auf Strafmilderung hinwirken muss.

Entzug der Fahrerlaubnis? Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, ist in der Regel ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn er weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sache bedeutender Schaden entstanden ist. Gerade für Berufsfahrer ist der Entzug der Fahrerlaubnis mehr gefürchtet als die eigentliche Strafe. Hier ist der Verteidiger mehr denn je gefragt. Bisher bestand die Ansicht, dass bei Bagatellschäden eine Wartepflicht entfällt. Die Grenze liegt heute bei ca. 50 €. Wichtig für die Verteidigung ist jedoch, dass bei nur geringen Schäden Zweifel am Vorsatz bestehen können, sprich: Hier sollte vorgetragen werden, dass der Schaden gar nicht erkennbar, somit auch bemerkbar war. Ein bedeutender Schaden, der den Entzug der Fahrerlaubnis praktisch "zur Pflicht" macht, liegt heute bei ca. 1.400 €. Ist der Schaden dennoch höher, hat sich in meiner Praxis der Hinweis auf die allgemeine Preissteigerung gewährt, da die Rechtsprechung zur Schadenshöhe teilweise noch aus DM-Zeiten stammt.

Was gehört zum Fremdschaden?
Hier wird es unübersichtlich. Von Belang sind grundsätzlich alle Schäden, also nicht nur die am Kfz des anderen Unfallbeteiligten, sondern auch die an Straßenschildern, Laternen usw. Der Schaden an mehreren Sachen wird zusammengezählt. Der Schaden am Fahrzeug des flüchtenden Täters wird nicht berücksichtigt. Etwas anderes gilt allerdings, wenn das Täterfahrzeug geleast ist. Hier ist entscheidend, wer nach dem Leasingvertrag das Risiko der Schädigung des Pkw trägt.

Bei der Schadenhöhe punkten:
Die Frage der Schadenshöhe entscheidet über das Schicksal der Fahrerlaubnis. Hier muss der Verteidiger tätig werden. So kann es z.B. für den Mandanten günstig sein, wenn die den Unfall aufnehmenden Polizisten den Schaden zunächst niedriger geschätzt haben, als er später durch einen Sachverständigen geschätzt oder festgestellt worden ist. Dann kann nämlich wie folgt argumentiert werden: Wenn sich schon die erfahrenen Polizisten bei der Feststellung der Schadenshöhe verschätzen, wird der unerfahrene Mandant die tatsächliche Schadenshöhe kaum zutreffend beurteilen können. Auch wird der Mandant kaum richtig beurteilen können, ob "Abzüge neu für alt" zu machen sind und ob es sich ggf. um einen wirtschaftlichen Totalschaden handelt, so dass es nicht auf die Reparaturkosten, sondern auf den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes ankommt.

Nichteignung des Flüchtenden. Grundsätzlich ist bei Unfallflucht von einer Nichteignung des Kraftfahrers auszugehen, daher auch der Entzug der Fahrerlaubnis. Anderes als bei Alkoholstraftaten muss es aber nicht zwingend zu einer Entziehung kommen. Hiergegen kann sprechen, wenn sich der Fahrer kurzfristig nach der Tat gemeldet oder sich freiwillig zur Polizei begeben hat. Dies insbesondere dann, wenn sich die Beweissituation für den Geschädigten dadurch bedeutend gebessert hat, weil vorher keine Zeugen vorhanden waren. Maßgeblich kann auch der Umstand sein, dass der Schaden bereits von der Versicherung reguliert wurde.

Wie verhalten Sie sich von Anfang an richtig? Bereits beim Erhalt des Anhörungsbogens sollten Sie sich in die Hände eines spezialisierten Anwaltes begeben. Oft fühlt man sich unter Druck gesetzt, weil die Polizei dem Beschuldigten eine Frist von einer Woche zum Ausfüllen des Anhörungsbogens gibt. Denken Sie aber daran, dass bereits beim Ausfüllen die schwersten Fehler gemacht werden, die oft später nicht mehr korrigiert werden können. Ich rate grundsätzlich, zunächst gar keine Angaben zur Tat zu machen. Vielmehr warte ich die Ermittlungsakte ab und bespreche dann die weitere Vorgehensweise mit dem Mandanten.

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Urteile in Stichworten


Unfall mit Alkohol: Ein Fahrfehler beim Linksabbiegen mit einem Pkw bei verdeckter Sicht und einer BAK von 0,67 Promille reicht für die Annahme relativer Fahrunsicherheit nicht aus, der Führerschein darf nicht entzogen werden (LG Zweibrücken).

Betitelung eines Polizeibeamten / Beamtenbeleidigung:
Allein die Bemerkung "Sie sind mir ein komischer Vogel" gegenüber einem ermittelnden Polizeibeamten in einer vernehmungsähnlichen Situation stellt noch keine Beleidigung dar (OLG Bamberg).

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