Woher wissen die denn, dass ich es war? (Stichwort: Fahrerflucht)

Strafrecht und Justizvollzug
10.06.20082409 Mal gelesen

Dieser Artikel hat einen aktuellen Anlass. Heute morgen gehe ich zu meinem Wagen und bemerke "nie dagewesene" schwarze Streifen am hinteren linken Kotflügen. Fein! Diesen Zusammenstoß, so denkt man, muss der andere Fahrer bemerkt doch haben. Kein Zettel o.ä. mit der Telefonnummer an der Scheibe -also Fahrerflucht.


Fahrerflucht ist strafbar. Dem Ersttäter droht in der Regel eine Geldstrafe von "vierzig Tagessätzen" . Dass heißt 40 mal ein Dreizigstel des Netto-Monatslohnes (Beispiel: Sie verdienen 900 Euro netto im Monat, also zahlen Sie 40 x 30 Euro, in der Regel in einem Batzen, nicht etwa an 40 Tagen).Wird man der Fahrerflucht bezichtigt, so tritt die Rechtsschutzversicherung nicht ein, weil Fahrerflucht definitionsgemäß immer mutwillig, also mit Absicht erfolgt. (Wird man im Verlauf freigesprochen, benötigt man die Rechtsschutzversicherung nicht, weil dann die Staatskasse für die Kosten aufkommt.) Hinzu kommen 7 Punkte, die jedoch in einem eventuellen Urteil nicht gesondert aufgeführt werden, weil sie automatisch "auf dem Verwaltungsweg" ins VZR eigetragen werden. Erreicht man hierdurch die magische Grenze von 18 Punkten, ist auch der Führerschein weg. Sechs Monate lang darf er nicht neu beantragt werden, und zuvor muss eine MPU gemacht werden.
Hinsichtlich der Unterscheidung des belanglosen, geringfügigen und erheblichen Schadens verweise ich der Kürze halber auf frühere Artikel.


Der Fahrer ist weg? Was ist zu tun?
Sie werden nicht glauben, wie viele Fälle von Fahrerflucht (wie das Wort schon andeutet ist der Fahrer jeweils mutmaßlich unbeobachtet geflohen!) durch die Beobachtung von Dritten zur Anzeige kommen. Hängen Sie einen Zettel auf und suchen Sie nach Zeugen, befragen Sie ggf. den Besitzer des Geschäftes oder Kellner des Restaurants gegenüber der Unfallstelle. Gar nicht so selten gibt es Zeugen, die jedoch nicht wissen, an wen Sie sich wenden sollen.


Sie werden fälschlich der Fahrerflucht bezichtigt?
Aufgrund der genannten Strafen sollten Sie unbedingt frühzeitig einen Anwalt einschalten. Mit einer Äußerung wie "Ich habe keinen Aufprall bemerkt," räumen Sie juristisch gesehen ein, der Fahrer des Unfallwagens gewesen zu sein. Dann geht es nur noch darum, ob Sie den Unfall hätten bemerken müssen oder können. Dabei gibt es durchaus Fälle, in denen bei der Akteneinsicht ddurch Ihren  Anwalt deutlich wird, dass nicht Ihr roter PKW, sondern ein grüner PKW vom Zeugen beschrieben wurde. Ob ein Unfall bemerkbar war ermitteln u.U. Sachverständige. Deren Gutachten geht freilich mit weiteren Kosten einher. Diese fallen bei Freispruch der Staatskasse zu. Über Ihre Chancen berät Sie der Fachanwalt für Verkehrsrecht nach Akteneinsicht. Problematisch kann es werden, wenn Sie "nichts gesehen und nicht gehört haben", obwohl das Gericht dies nicht glaubt. Es wurden bereits von Gerichten Zweifel an der Fahrtauglichkeit an die Führerscheinstelle in solchen Fällen weitergemeldet. Dann muss der betroffene Fahrer beweisen, dass er nicht zu blind oder taub ist, um am Verkehr teilzunehmen.

Was bedeutet dies für Sie?


Als Opfer suchen Sie nach Zeugen, als Beschuldigter ohne weitere Angaben zu machen nach einem Fachanwalt für Verkehrsrecht.

Sollten Sie dedoch versehentlich selbst ein Fahrzeug touchiert haben, rufen Sie gleich die Polizei und melden Sie den Vorfall. Auch, wenn Sie in Eile sind. Auch wenn Sie den Schaden für "unerheblich" halten (was auch immer das ist.) Merken Sie sich: die Berliner neigen dazu, beobachtete Fälle von Fahrerflucht anzuzeigen. Melden Sie selbst den Schaden, handelt es sich um einen Unfallgeschehen, für den Ihre Haftpflichtversicherung eintritt. Die Straftat "Unfallflucht" liegt dann nicht vor. Sollten Verkehrsregeln fraglich verletzt worden sein, kann dann wieder die Rechtsschutzversicherung wieder zuständig sein, die bei Unfallflucht außen vor bleibt. Die fachanwaltliche Tätigkit im Verkehrsrecht zeigt: das Hinterlassen eines Zettels mit der eigen Telefonnummer ist aus verschiedensten Gründen nicht verläßlich und ausreichend.