Eine nach Selbstanzeige einer Steuerhinterziehung vorzunehmende Verlängerung der Festsetzungsfrist auf zehn Jahre ist ergebnisunabhängig

Eine nach Selbstanzeige einer Steuerhinterziehung vorzunehmende Verlängerung der Festsetzungsfrist auf zehn Jahre ist ergebnisunabhängig
26.07.2013400 Mal gelesen
Der objektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung ist verwirklicht, wenn der Steuerpflichtige in der Einkommensteuererklärung Kapitaleinnahmen verschwiegen hat und so die Einkommensteuer nicht in voller Höhe festgesetzt worden ist. Nach Ansicht des Finanzgerichts München verlängert sich die

Festsetzungsfrist sodann unabhängig vom Ergebnis auf zehn Jahre.

Ein Ehepaar wurde für 1997 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer im März 1999 eingereichten Einkommensteuererklärung gaben sie Einkünfte an. Die Anlage KSO fügten sie ihrer Steuererklärung nicht bei. Das Finanzamt setzte die Steuer auf 0,- DM fest.

Am 24. Dezember 2004 ging beim Finanzamt eine strafbefreiende Selbstanzeige der Eheleute ein. Es ergab sich, dass die Eheleute in den Jahren 1993 bis 2002 nicht erklärte Kapitaleinkünfte bezogen hatten. Für das Jahr 1997 war die Anlage KSO nebst Steuerbescheinigungen einer Bank beigefügt. Daraus ging hervor, dass die Eheleute Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 34.443 DM erzielt hatten und Kapitalertragsteuer von 12.438,66 DM sowie Körperschaftsteuer von 711,43 DM anzurechnen waren.

Das Finanzamt errechnete hieraus wegen der anzurechnenden Kapitalertragsteuer einen theoretischen  Steuer-Erstattungsanspruch in Höhe von 7.445 DM.

Dieser Erstattungsanspruch wurde indes nicht beschieden, da die vier-jährige Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Die Anwendung der 10-jährigen Festsetzungsfrist setze voraus, dass der Tatbestand der Steuerhinterziehung objektiv und subjektiv erfüllt sei. Übersteige die auf die nachträglich bekannt gewordenen Kapitalerträge entfallende Kapitalertragsteuer den Einkommensteuer-Mehrbetrag, der sich bei der Erfassung der nachträglich bekannt gewordenen Kapitalerträge ergebe, liege bereits objektiv der Tatbestand der Steuerhinterziehung nicht vor.

Die Eheleute klagten auf Neubescheidung der Einkommensteuerfestsetzung 1997.

Das Finanzgericht gab ihrer Klage statt:

Der Einkommensteuerbescheid 1997 sei zu ändern. Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten.

Die Eheleute hätten nämlich nach Ansicht des Gerichts objektiv und subjektiv eine Steuerhinterziehung begangen. Nach der Abgabenordnung begehe derjenige eine Steuerhinterziehung, der den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

Steuern seien dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Im Streitfall haben die Eheleute unvollständige Angaben über die Einkünfte aus Kapitalvermögen 1997 gemacht, indem sie diese nicht wahrheitsgemäß erklärt, sondern in der Einkommensteuererklärung 1997 verschwiegen haben.

Sie haben damit gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Bezug auf die Einkommensteuer 1997 unvollständige Angaben gemacht. Dies habe dazu geführt, dass im Einkommensteuerbescheid 1997 Steuern nicht in voller Höhe festgesetzt und damit verkürzt wurden. Die Kläger haben den objektiven Tatbestand einer vollendeten Steuerhinterziehung verwirklicht. Dass die Schuldner der Kapitalerträge bzw. die die Kapitalerträge auszahlenden Stellen bereits den Kapitalertragssteuerabzug für Rechnung der Eheleute vorgenommen und die einbehaltene Steuer an das Finanzamt geführt haben, berührt weder die Erklärungspflicht der Eheleute noch die Höhe der Einkommensteuer, da die Kapitalertragsteuer unabhängig von der Erklärungspflicht erhoben werde.

Dies führe dazu, dass die zehnjährige Festsetzungsfrist  eingreife und die Festsetzungsverjährung einer Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 1997 nicht entgegenstehe. Nach Änderung des Einkommensteuerbescheides 1997 hat das Finanzamt über die Anrechnung der Kapitalertragsteuer und der Körperschaftsteuer  zu entscheiden.

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Anmerkung:

Das Finanzgericht hatte die Revision nicht zugelassen. Nach vom Finanzamt eingelegter Nichtzulassungsbeschwerde ließ der Bundesfinanzhof die Revision zu und hob dann in seiner Entscheidung vom 26.Febriar 2008 (VIII R 1/07) die Entscheidung auf.

(Quelle: Finanzgericht München, Urteil vom 10.11.2005; 15K 3231/05)

  

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