Kostenbeitrag der Eltern bei Heimunterbringung volljähriger Kinder

Staat und Verwaltung
22.08.20102715 Mal gelesen
Sobald seelisch behinderte Kinder und Jugendliche eine stationäre Eingliederungshilfe erhalten (§ 35a SGB VIII) müssen die Eltern an das Jugendamt einen Kostenbeitrag leisten. Dessen Höhe ist einkommensabhängig. Einzelheiten regelt die sog. Kostenbeitragsverordnung.
 
Beispiel: Bei einem Einkommen von 2.201,00 EUR bis 2.400,00 EUR beträgt der Kostenbeitrag gegenwärtig 575,00 EUR. Das Alter des Kindes und die Art der Behinderung beeinflussen die Höhe der Zuzahlung. Denn die öffentliche Jugendhilfe (Sozialgesetzbuch VIII) ist für Maßnahmen der Eingliederungshilfe nur dann zuständig, wenn es sich ausschließlich um eine seelische Behinderung handelt. Liegt dagegen bei dem Kind neben oder anstelle der seelischen Behinderung eine körperliche und/oder geistige Behinderung vor, muß die Hilfe nach den Regelungen des Sozialgesetzbuches XII (Sozialhilfe) erbracht werden (§ 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII). Zuständig ist dann nicht mehr das Jugendamt, sondern das Sozialamt. Dies bestätigt auch die Rechtsprechung (z.B. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. 9. 1999 - 5 C 26.98). Für stationäre Hilfen nach dem SGB XII werden die Eltern volljähriger Kinder zu einem Kostenbeitrag nicht herangezogen. Sie bleiben zwar unterhaltspflichtig. Der Unterhaltsanspruch eines Hilfeempfängers geht grundsätzlich auf den Träger der Sozialhilfe über und kann von diesem eigenständig geltend gemacht werden. Hier greift aber zugunsten der Eltern eine Besonderheit ein: Denn der Unterhaltsanspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die behindert ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen der Eingliederungshilfe geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro monatlich über. Praktisch bedeutet das: Der Kostenbeitrag (im o.g. Beispiel 575,00 EUR) entfällt. Statt dessen sind 26,00 EUR Unterhalt zu zahlen. Problematisch wird es, wenn neben oder anstelle einer seelischen Behinderung das Vorliegen einer geistigen und/oder körperlichen Behinderung nahe liegt oder bereits durch ärztliche Stellungnahmen nachgewiesen ist und die Hilfe dennoch weiterhin als Jugendhilfeleistung erbracht wird. In diesen Fällen sollten die Eltern ihre rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um einen Zuständigkeitswechsel herbeizuführen. Ein eindrückliches Beispiel zeigt ein Urteil des Sozialgerichts Detmold, durch welches die Landeshauptstadt Hannover verurteilt wurde, die Hilfe nach den Bestimmungen des SGB XII (mit der Folge des niedrigen Unterhaltsbeitrages) zu leisten.
 
 
Die Landeshauptstadt Hannover hatte gegen dieses Urteil zunächst Berufung eingelegt. Die Berufung wurde mit Schriftsatz vom 13.07.2010 jedoch zurückgenommen Das Urteil des Sozialgerichts ist rechtskräftig. Das Berufungsverfahren finden Sie hier.
 
 

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