Beamtenrecht: Konkurrentenstreit um eine Einstellung oder Beförderung - Verhaltenstipps für abgelehnte Bewerber

Beamtenrecht: Konkurrentenstreit um eine Einstellung oder Beförderung - Verhaltenstipps für abgelehnte Bewerber
14.06.20161765 Mal gelesen
Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jedermann nach seiner Leistung, Befähigung und Eignung gleichen Zugang zu jedem öffentliche Amt. Dies gilt zunächst für die Einstellung als Beamtin oder Beamter. Dies betrifft jedoch auch nachfolgende Beförderungen. Damit die Ansprüche der Einstellungs- und Beförderungsbewerber erfüllt werden können, ist ein geordnetes Auswahlverfahren vorauszusetzen. Zugleich wird aus Art. 33 Abs. 2 GG der Grundsatz der Bestenauslese abgeleitet, sodass im Rahmen der Auswahlentscheidung die oder der beste Bewerber(in) zu ermitteln ist. Das Ergebnis der Auswahlentscheidung ist allen Bewerberinnen und Bewerbern mitzuteilen. Ergeben sich Hinweise für Fehler bei der Durchführung des Verfahrens, kann sich für abgelehnte Bewerber die Frage nach dem gebotenen Rechtsschutz stellen. Dieser Beitrag zeigt einige Empfehlungen auf, wie sich Bewerber, die eine rechtliche Überprüfung der Auswahlentscheidung anstreben, nach der Kenntnis von der Ablehnung verhalten sollten:

1. Fristen beachten

Das Bundesverwaltungsgericht hat das beamtenrechtliche Konkurrentenstreitverfahren durch seine Entscheidung vom 04.11.2010 neu geprägt (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.11.2010, 2 C 16/09). Ein wesentliches Ergebnis dieser Rechtsprechung ist, dass dem abgelehnten Bewerber nach der Bekanntgabe der Auswahlentscheidung bis zum Vollzug der Einstellung bzw. Beförderung durch Aushändigung der Ernennungsurkunde ausreichend Zeit gewährt werden muss, um weitere rechtliche Schritte in Betracht zu ziehen. Das Gericht hielt nach eigener Einschätzung eine Frist von 14 Tagen für angemessen.

Im Rahmen dieser Frist können abgelehnte Bewerber die Erfolgsaussichten eines Eilantrags prüfen (lassen). Als statthafter Rechtsbehelf wird auch weiterhin auf die Sicherungsanordnung gem. § 123 Abs. 1 VwGO zurückgegriffen, um der Auswahlbehörde jedenfalls vorläufig die Einstellung bzw. Beförderung des (rechtswidrig) ausgewählten Bewerbers zu untersagen.

Die 14-Tage-Frist ist allerdings nicht gesetzlich festgelegt. Der Eilrechtsschutz wird nicht unzulässig, wenn die Frist verstreicht. Der Eilantrag kann grundsätzlich so lange eingereicht werden, bis die Behörde die Ernennungsurkunde dem ausgewählten Bewerber überreicht. Dies eröffnet auch die Möglichkeit, zunächst außergerichtlich die Behörde zu ersuchen, die Ernennung zurückzustellen, um die Auswahlentscheidung prüfen zu können. Die Frist kann bei Bedarf also erheblich verlängert werden.

Bleibt der Bewerber nach der Mitteilung seiner Ablehnung zunächst untätig und möchte er erst einige Monate später die (bisher nicht vollzogene) Ernennung unterbinden, droht ggf. die Verwirkung seiner Ansprüche. Das Verwaltungsgericht Hannover ging in einer Entscheidung davon aus, dass das Antragsrecht nach § 123 Abs. 1 VwGO im Einzelfall nach einer Untätigkeit von mehr als vier Monaten verwirkt sei (vgl. VG Hannover, Beschl. v. 16.12.2014, 2 B 11933/14).

Neben der Frist für den Eilrechtsschutz sind darüber hinaus die Rechtsbehelfsfristen im Hinblick auf die Sachentscheidung der Auswahl selbst zu beachten. Nach dem jeweils einschlägigen Beamtenrecht des Bundes oder der Länder ist die Bestandskraft der Auswahlentscheidung durch einen Widerspruch oder eine verwaltungsgerichtliche Klage zu verhindern. Bei ordnungsgemäßer Belehrung über den statthaften Rechtsbehelf beträgt die gesetzliche Frist einen Monat ab Bekanntgabe der Ablehnung.

Wird durch eine Auswahlentscheidung zugleich eine Diskriminierung verwirklicht, kann im Hinblick auf Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche zudem die Frist nach § 15 Abs. 4 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) beachtlich sein.


2. Verfahren dokumentieren

Vom ersten Tag an sollte die eigene Teilnahme am Bewerbungsverfahren dokumentiert werden. Dies gilt für den Text der Stellenausschreibung, für die eigene Bewerbung und für den nachfolgenden Schriftverkehr mit der Auswahlbehörde. Soweit Zustellungsvermerke auf den Briefumschlägen notiert werden, sollte man diese ebenfalls aufbewahren.

In einigen Auswahlverfahren wird ein strukturiertes Auswahlgespräch geführt (sog. Assessement). Auch in diesem Zusammenhang kann es die spätere Aufarbeitung erleichtern, wenn die Einzelheiten in einem Erinnerungsprotokoll festgehalten werden.

Da der Rechtsverstoß im Auswahlverfahren durch die Beamtin oder den Beamten im Eilverfahren nach § 123 Abs. 1 VwGOglaubhaft zu machen ist, kommt der Auswertung der angefertigten Dokumentation und der behördlichen Vorgänge eine besondere Bedeutung zu. Aufwendige Beweisaufnahmen finden im Eilverfahren regelmäßig nicht statt.


3. Versicherung kontaktieren

Entschließt sich eine abgelehnte Bewerberin oder ein abgelehnter Bewerber den verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz zu suchen, werden hierdurch natürlich auch Kosten ausgelöst. Für die Gerichtskosten und etwaige Anwaltsgebühren ist der Gegenstandswert der Angelegenheit maßgeblich. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in den Ländern zur Festsetzung der Gegenstandswerte in Konkurrentenstreitverfahren weicht zum Teil deutlich voneinander ab. Vielfach wird ein halbes Bruttojahreseinkommen nach dem angestrebten Statusamt zugrunde gelegt. Wer im Schadensfall auf eine Rechtsschutzversicherung oder die Unterstützung einer Gewerkschaft zurückgreifen kann, sollte frühzeitig mit dem entsprechenden Schadensservice Kontakt aufnehmen.

 

4. Anwalt aufsuchen

Sofern die rechtlichen Fehler im Auswahlverfahren nicht offensichtlich sind, dürfte es vielfach ratsam sein, einen geeigneten anwaltlichen Berater aufzusuchen, um die Angelegenheit nach einer Vorprüfung im Rahmen eines Mandats bearbeiten zu lassen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Auswahlverfahrens - z.B. im Zusammenhang mit der Bestenauslese anhand von Leistungsbeurteilungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.6.2011, 2 C 19/10), der ordnungsgemäßen Dokumentation der Auswahlentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.11.2012, 2 C 6/11) und dem Ausweichen auf Hilfskriterien (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.2012, 2 VR 5/12) - werden überwiegend durch die aktuelle Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte bestimmt. Die Beratung und Vertretung abgelehnter Bewerber setzt daher entsprechende Kenntnisse der Rechtsanwältin bzw. des Rechtsanwalts voraus.


5. Im Einzelfall: Rechtsschutzbegehren bei der Behörde vorab anzeigen

Die Rücksprache mit der Versicherung und / oder die Terminierung eines Anwaltsgesprächs kann bisweilen mehr als 14 Tage erfordern, sodass nach der oben dargestellten Rechtsprechung ein Rechtsverlust droht. Sodann empfiehlt es sich, gegenüber der Auswahlbehörde unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, dass man die Angelegenheit weiterhin prüft und der Rechtsschutz im Eilverfahren vorbehalten bleibt. Sofern man durch zwingende Gründe von der eigenen Rechtsverfolgung abgehalten wurde, können diese ebenfalls dargelegt werden.


Ob und welche Erfolgsaussichten bestehen, in einem Eilverfahren die Einstellung/Beförderung der Konkurrentin oder des Konkurrenten zu verhindern, lässt sich jeweils nur im Einzelfall beurteilen. Dieser Beitrag ist daher nicht geeignet, die rechtliche Beratung zu ersetzen.

Bei Rechtsfragen im Zusammenhang mit einer (rechtswidrigen) Auswahlentscheidung und dem bevorstehenden Eilrechtsschutz steht Ihnen unsere auf das Verwaltungsrecht - und insbesondere das Beamtenrecht - spezialisierte Kanzlei zur Verfügung.


RA Dr. Matthias Schütte 

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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